Menschen des Rennens: Die japanischen Fans

Gerne lassen sich die Fahrer und Verantwortlichen von Formel-1-Teams vor einem Rennen mit dem Satz zitieren, dass die Atmosphäre beim kommenden Rennen ja etwas ganz Besonderes sei und die Fans unglaublich enthusiastisch. Speziell gilt dies natürlich für die jeweiligen Heimrennen der Rennställe. Was die Verkleidungen an einem Rennwochenende angeht, kann aber wohl niemand den Fans in Suzuka das Wasser reichen (siehe Video). Die technik-affinen Japaner lieben die Formel 1 und basteln mit Hingabe die bizarrsten Outfits. Die Teams bekamen zudem vor dem Rennen großformatige, selbstgemalte Bilder von Schulklassen geschenkt - inklusive Motivationssprüchen in der jeweiligen Landessprache. Das ist wahre Leidenschaft!

Spruch des Rennens: "Ich glaube nicht, dass ich je so frustriert nach einem Rennen war."

Man musste fast Mitleid mit Haas haben. Seit sieben Rennen hatte das Team vor dem Japan GP nicht mehr gepunktet. Ständig kamen Defekte oder Pech dazwischen. Nach dem Qualifying in Suzuka sah alles anders aus. Grosjean und Gutierrez gingen von den Startplätzen sieben und zehn ins Rennen. Da mussten doch wenigstens für einen von beiden Zähler drin sein! Doch der Formel-1-Neuling bezahlte Lehrgeld.

Die direkt hinter den Top-10 ins Rennen gegangenen Williams zogen mit ihrer Ein-Stopp-Strategie (siehe "Unsung Hero des Rennens") vorbei und sorgten für den nächsten undankbaren elften Platz von Haas durch Grosjean, der nach dem Rennen oben stehenden Kommentar abgab. Gutierrez landete nach einem Dreher nur auf Rang 20. Vielleicht klappt es ja beim Heimrennen in Austin in zwei Wochen mit den nächsten Punkten...

Rauchige Stimmung bei Romain Grosjean und Haas nach dem Japan GP, Foto: Sutton
Rauchige Stimmung bei Romain Grosjean und Haas nach dem Japan GP, Foto: Sutton

Manöver des Rennens: Gas geben und Bremsen am grünen Tisch

Das Manöver des Rennens fand paradoxerweise nicht während des Rennens statt, sondern danach. Mercedes bewies anschaulich, wie man auch ohne Motoren vorpreschen, dann wieder die Bremse treten und dabei noch die Kommunikation verhauen kann. Nach Max Verstappens hartem Verteidigungsmanöver gegen Lewis Hamilton kurz vor Rennende (siehe "Szene des Rennens") legte das Team zunächst Protest bei der Rennleitung ein. Es hätte ja sein können, dass der Brite bei einer Bestrafung des Red-Bull-Piloten noch die Punkte für Platz zwei abgreift.

Wie in solchen Fällen üblich wollten die Stewards daraufhin beide Fahrer persönlich anhören. Doch die Piloten hatten die Strecke bereits verlassen. Daraufhin wurde die Entscheidung bis zum USA GP in zwei Wochen vertagt. Doch Mercedes wollte noch für den Sonntag ein offizielles Endergebnis haben. Daher zog man den Protest zurück. Hamilton hatte aber offenbar niemand Bescheid gesagt. Der twitterte fälschlich, es gebe keinen Protest, korrigierte sich später jedoch immerhin noch.

Szene des Rennens: Verstappen schikaniert Hamilton

Gegen Ende des Japan GP traf Lewis Hamilton bei seiner wütenden Aufholjagd nach verpatztem Start auf den zweitplatzierten Max Verstappen. Der wehrte sich gegen einen Angriff des Weltmeisters auf die Art, wie man es von ihm inzwischen gewohnt ist: Er wechselte in der Bremszone die Linie, als die beiden Piloten kurz vor der Schikane waren. Hamilton musste abbrechen und fuhr geradeaus durch die Schikane. Red-Bull-Mann Helmut Marko verteidigte seinen Fahrer nach dem Rennen wie üblich. Auch Toto Wolff ließ zu dem Thema wissen, er möge hartes Racing. Mercedes legte dann aber doch noch Protest ein - um ihn später zurückzunehmen (siehe "Manöver des Rennens").

Max Verstappen und Lewis Hamilton bekriegten sich am Ende des Japan GP, Foto: Sutton
Max Verstappen und Lewis Hamilton bekriegten sich am Ende des Japan GP, Foto: Sutton

Boxenstopp des Rennens: Ferrari verpatzt die Strategie

Sebastian Vettel versuchte auf Platz drei liegend, an Max Verstappen vorbei zu kommen. Auf der Strecke gelang das zunächst nicht. Auch über einen Undercut war es schwierig. Der junge Niederländer kam früh an die Box, weil er seine Reifen schnell abbauten. Auch beim zweiten Stopp kam Ferrari Red Bull nicht zuvor. Stattdessen war der Plan, Vettels letzten Stint zu verkürzen, um ihm Softs aufziehen zu können. Die hätten erstens somit bis zum Ende gehalten und dem Deutschen zweitens die Möglichkeit gegeben, am mit harten Pneus fahrenden Verstappen vorbeizugehen.

Doch der 19-Jährige war mit seinen frischen Reifen Vettel längst weit davongefahren, ehe dieser an die Box kam. Außerdem - und das wog letztlich sogar noch schwerer - hatte der auf Rang vier liegende Lewis Hamilton längst Boden auf den Ferrari vor ihm gut gemacht. Er holte sich eine Runde vor Vettel neue Reifen und konnte dank ihnen seinerseits erfolgreich den Undercut starten. Der Brite zog am Deutschen vorbei, als dieser wieder auf die Strecke kam und schnappte ihm somit die Podest-Platzierung weg.

Topspeed des Rennens: Wenigstens ein Sieg für Hamilton

Nicht nur, dass Lewis Hamilton in Suzuka am Start patzte, das Rennen nur als Dritter beendete und in der Fahrerwertung der Weltmeisterschaft auf Nico Rosberg wichtige Punkte einbüßte. Er hatte auch noch doppelten Social-Media-Ärger in Japan. Erst motzten viele Medien über seine Beschäftigung mit Snapchat während der offiziellen Fahrer-Pressekonferenz am Donnerstag, woraufhin er seine Presserunde am Samstag absagte. Dann twitterte er irrtümlich, es gebe keinen Protest gegen Verstappens Manöver kurz vor Schluss (siehe "Manöver des Rennens"). Da tat es dem amtierenden Weltmeister sicher gut, dass er an diesem Wochenende wenigstens bei den Topspeeds vorne lag. Seine 326,9 km/h konnte niemand überbieten.

Die Top-10 der Topspeeds beim Grand Prix von Japan 2016

PlatzFahrerTeamMotorGeschwindigkeit
1Lewis HamiltonMercedesMercedes326,9 km/h
2Kimi RäikkönenFerrari Ferrari 324,0 km/h
3Sergio PerezForce IndiaMercedes323,0 km/h
4Esteban OconManorMercedes322,4 km/h
5Romain GrosjeanHaasFerrari322,4 km/h
6Kevin MagnussenRenault Renault 322,1 km/h
7Nico RosbergMercedesMercedes 321,6 km/h
8Nico HülkenbergForce IndiaMercedes321,5 km/h
9Fernando AlonsoMcLarenHonda321,0 km/h
10Pascal WehrleinManorMercedes320,8 km/h

Unsung Hero des Rennens: Williams macht das Beste draus

Im Qualifying am Samstag enttäuschten Felipe Massa und Valtteri Bottas. Beide Piloten verpassten Q3 und belegten nur die Plätze elf und zwölf. Doch Williams machte aus der Not eine Tugend. Schließlich dürfen jene Fahrer, für die in Q2 Schluss war, ihre Reifen für den Rennstart frei wählen, während die Top-10 an die zu diesem Zeitpunkt aufgezogenen Pneus gebunden sind.

Der Brasilianer und der Finne nutzen das und starteten mit frischen Mediums, während alle Autos vor ihnen mit gebrauchten Softs ins Rennen gingen. Als einziges Team in der vorderen Hälfte des Klassements setzte Williams zudem für beide Autos auf eine Ein-Stopp-Strategie. Die brachte Massa und Bottas letztlich noch in die Punkte. So betrieb der Rennstall Schadensbegrenzung im Duell um Platz vier in der Konstrukteurswertung, das gegen Force India ausgefochten wird.

Enttäuschung des Rennens: Godzilla trampelt auf McLaren herum

McLarens Motorenlieferant Honda wollte im eigenen Land unbedingt einen guten Eindruck machen. Im Falle von Fernando Alonso nahm man beim Rennen zuvor in Malaysia sogar eine saftige Rückversetzung in der Startaufstellung in Kauf, um in Japan mit neuem Motor auftreten zu können. Doch das Ergebnis war ernüchternd. Button schied - noch mit alter Power-Unit, bereits in Q1 aus. Alonso erreichte mit Mühe und Not Q2, wo er allerdings mit Pauken und Trompeten rausflog.

Da es eh schon egal war, nahm das Team beim Briten ebenfalls einen Motorwechsel vor, womit er im Rennen von ganz hinten starten musste. Der Weltmeister von 2009 kämpfte sich noch bis auf Platz 18 vor, Alonso kam als 16. ins Ziel. Es war ein bisschen, als habe Honda aus irgendeinem Grund Godzilla verärgert, der daraufhin aus dem Pazifik stieg und alle Träume des Teams niedertrampelte.

Tweet des Rennens: Stolperstart von Hamilton

Man mag es angesichts der technischen Dominanz der Silberpfeile eigentlich kaum glauben, aber Mercedes hat noch immer jenes Startproblem, dass das Team bereits im vergangenen Jahr verfolgte. Regelmäßig verpatzen Nico Rosberg und Lewis Hamilton den Rennbeginn. Mitunter nehmen die Piloten die Schuld sogar auf sich, doch gerne wird auch darauf verwiesen, es seien wahlweise das Wetter oder die Strecke gewesen, die Reifen, die Anspannung, ein defekter Knopf am Lenkrad, E.T., die Illuminaten oder die Lügenpresse. Dieser Tweet bringt Lewis Hamiltons erste Meter beim Japan GP jedenfalls auf den Punkt.

Tipp des Rennens: Richtig - und doch falsch!

Zuverlässig wie (fast) immer haben unsere Leser den Sieger des Japan GP vorausgesagt: 44 Prozent - und damit die relative Mehrheit - tippten auf Nico Rosberg. Den schlechten Start seines Teamkollegen hatten sie allerdings nicht erwartet. Hamilton bekam die zweitmeisten Stimmen (23 Prozent - und damit sind wir wieder bei den Illuminaten!), was wir jetzt mal so werten, als hätten die User ihn auf Rang zwei im Rennen gesehen. Dort stand stattdessen letztlich Max Verstappen, auf den in unserer Umfrage aber nur vier Prozent der Teilnehmer als Rennsieger setzten.

Innerhalb unserer Redaktion hatten Jonas Fehling und Matthias Schwerdtfeger korrekt erwartet, dass Rosberg gewinnen würde. Beide sahen jedoch ebenfalls Hamilton auf Rang zwei und schickten unberechtigterweise Perez beziehungsweise Vettel mit zur Siegerehrung. Einzig Philipp Schajer besetzte das Podium mit den richtigen Fahrern, allerdings in falscher Reihenfolge (1. Hamilton, 2. Rosberg, 3. Verstappen).