Die Formel 1 reist vom traditionellen Klassiker in Monza weiter zu einem Klassiker der Moderne: Als 15. Station in der Saison 2016 steht Singapur an - eine der drei Rennstrecken, auf denen sich Mercedes im vergangenen Jahr hinter der Konkurrenz anstellen musste. Ferrari und Red Bull wittern ihre große Chance, doch auch die Teams aus dem Mittelfeld dürfen sich Hoffnungen machen - denn Singapur steht für das Unberechenbare. Das sind die fünf Brennpunkte für den Grand Prix von Singapur.

Brennpunkt #01: Mercedes' Singapur-Trauma

Mercedes ist seit der Einführung der Hybrid-Motoren im Jahr 2014 der Klassenprimus in der Formel 1 - doch selbst die Dominatoren aus Brackley haben ihre Schwachstellen. Eine davon war im vergangenen Jahr Singapur. Sowohl im Qualifying als auch im Rennen mussten sich Hamilton und Rosberg der Konkurrenz von Ferrari und Red Bull beugen. Nicht einmal für das Podium war die Pace gut genug. Eine Scharte, welche die Silberpfeile dieses Jahr gerne auswetzen möchten.

"Wir müssen alles optimieren, um ein ordentliches Ergebnis einzufahren. Im vergangenen Jahr ist uns das nicht gelungen", mahnt Teamchef Toto Wolff. Einen schwarzen Fleck konnte Mercedes 2016 immerhin schon beseitigen: In Ungarn, wo das Team mit den Turbomotoren zuvor noch nicht siegreich gewesen war, gelang dieses Jahr ein lupenreiner Doppelsieg.

Dementsprechend zuversichtlich gehen auch die Fahrer in das Rennwochenende von Singapur. Vor allem Rosberg zeigt sich nach dem bisherigen Saisonverlauf selbstbewusst: "Ich glaube an das Team und mein Selbstvertrauen ist größer denn je." Weniger überraschend hingegen ist die gewohnt kampfeslustige Haltung von WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton. "Ferrari und Red Bull werden ein Wörtchen mitsprechen, davon bin ich überzeugt. Aber ich liebe Duelle. Umso gespannter bin ich darauf, zu erfahren, wie es ausgeht", so der Brite.

Brennpunkt #02: Ferraris große Chance?

Vettel war 2015 für Ferrari in Singapur siegreich, Foto: Sutton
Vettel war 2015 für Ferrari in Singapur siegreich, Foto: Sutton

Ferrari hat ein hartes Jahr hinter sich - und es ist noch nicht vorbei. Mit Titelambitionen gestartet, ging es seit Saisonbeginn sukzessive Rückwärts. Mittlerweile hat die Teamführung ohne Umschweife eingeräumt, dass das ursprüngliche Ziel weit verfehlt wurde. "Wir müssen die Saison jetzt mit Stil und Klasse abschließen", so die Anweisung von Ferrari-Präsident Sergio Marchionne. In Monza gelangen Vettel und Räikkönen mit dem Bezwingen von Red Bull zumindest schon mal ein Anfang.

Ein Sieg wäre wohl zweifelsohne die Form der maximalen Schadensbegrenzung, die sich die Ferrari-Führungsetage vorstellt. Vor allem weil Konkurrent Red Bull mit Barcelona in der laufenden Saison schon einen Triumph auf dem Konto hat, während für die Scuderia bei nur noch sieben ausstehenden Rennen die Luft langsam dünn wird. Mit Singapur steht allerdings einer von drei Austragungsorten an, an denen Ferrari vergangenes Jahr siegreich war. Es könnte die perfekte Gelegenheit sein, um mit einem Sieg etwas Statistik-Kosmetik zu betreiben und im Kampf um Platz zwei der Konstrukteurswertung wieder zurückzuschlagen.

Brennpunkt #03: Red Bull zum Zweiten?

Daniel Ricciardo stand 2014 für Red Bull auf dem Podium, Foto: Red Bull
Daniel Ricciardo stand 2014 für Red Bull auf dem Podium, Foto: Red Bull

Anders als Ferrari hat Red Bull seine Ziele für die Saison 2016 nicht verfehlt. Vergangenes Jahr nur vierte Kraft, hat sich die Truppe rund um Teamchef Christian Horner mittlerweile wieder auf den zweiten Platz hinter Mercedes geschoben - inklusive Sieg von Verstappen in Barcelona. Geschuldet war dieser Triumph allerdings nur dem Umstand, dass die Silberpfeile sich gegenseitig eliminiert hatten. Ein Sieg aus einer Kraft hätte daher nochmal einen anderen Stellenwert. Wie Ferrari dürfte auch Red Bull in Singapur auf die seltene Gelegenheit hoffen, ein schwächelndes Mercedes-Gespann auf der Strecke zu besiegen.

Letztes Jahr landete das Red-Bull-Duo schon vor den Silberpfeilen, musste sich aber hinter Ferrari anstellen. Dieses Jahr ist das Kräfteverhältnis ein anderes und vor allem einer in den Reihen der Bullen dürfte besonders heiß auf einen Sieg sein: Daniel Ricciardo. Dem Australier sind diese Saison zwei Triumphe knapp durch die Lappen gegangen und er lechzt geradezu danach, im Duell gegen Wunderkind Max Verstappen ein Zeichen zu setzen. Wenn der RB12 konkurrenzfähig ist, könnten Ricciardos Chancen gut stehen: In den Straßen von Monaco war er bereits eine Klasse für sich.

Brennpunkt #04: Duelle im Mittelfeld

Vergangene Saison gerieten Hülkenberg und Massa aneinander, Foto: Sutton
Vergangene Saison gerieten Hülkenberg und Massa aneinander, Foto: Sutton

Nicht nur der Kampf ums Podium verspricht in Singapur besondere Brisanz, denn dahinter geht es zwischen Williams und Force India sowie McLaren und Toro Rosso heiß her. Williams konnte zuletzt den vierten Platz in der Konstrukteurs-WM von Force India zurückerobern - doch das Team von Vijay Mallya ist auf Revanche aus. Und die Chancen stehen gut: Singapur hat sich in den vergangenen Jahren als gutes Pflaster für Perez und Hülkenberg erwiesen.

Im Kampf um Position sechs bei den Herstellern hat McLaren zuletzt Toro Rosso den Rang abgelaufen. Während Alonso und Button mit Formschwankungen zu kämpfen hatten, aber trotzdem regelmäßig in die Punkte fuhren, ging bei den Jungbullen nichts mehr. Seit Budapest konnte weder Sainz noch Kvyat ein zählbares Resultat einfahren. Letzteren ereilte obendrein in den vergangenen drei Rennen das aus in Q1.

Brennpunkt #05: Chaos-Potential

Fernando Alonso gewann 2008 nach einer durch den Teamkollegen eingeleiteten Safety-Car-Phase, Foto: RenaultF1
Fernando Alonso gewann 2008 nach einer durch den Teamkollegen eingeleiteten Safety-Car-Phase, Foto: RenaultF1

Straßenkurse haben bekanntlich ihre ganz eigenen Regeln. Was seit jeher für Monaco gilt, trifft auch auf Singapur zu. Zwischen den Mauern und Leitplanken des Marina Bay Street Circuits kommt es auf höchste Konzentration an. Dazu erschwert das tropische Klima den Fahrern die Arbeit. "Es ist ein sehr forderndes Rennen, sowohl physisch als auch mental. Es ist heiß, das Rennen geht beinahe zwei Stunden und du musst fast 25 Kurven jede Runde richtig erwischen", sagt Force-India-Pilot Sergio Perez.

Was das bedeuten kann, zeigt die Geschichte des Formel-1-Rennens in Singapur. In den acht seit 2008 ausgetragenen Grands Prix musste bisher jedes Mal das Safety-Car ausrücken. Wer zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, kann am Ende als der große Sieger hervorgehen. Spätestens der Crashgate-Skandal im Jahr 2008 dürfte den Beweis dafür geliefert haben. Damals löste Nelson Piquet Jr. vorsätzlich eine Gelbphase aus, die seinem Renault-Teamkollegen Fernando Alonso den Weg zum Sieg ebnete.