"Buh! Buh!!" Die Meinung der Fans zum Sieger Nico Rosberg ist nach dessen erstem Erfolg auf dem legendären Autodromo Nazionale Monza nicht zu überhören. Eine Unart, die aus den Fußballstadion dieser Welt seit einiger Zeit auch in der Formel 1 Einzug gehalten hat. Oftmals, wenn der deutsche Silberpfeil-Pilot oder dessen Landsmann Sebastian Vettel (in seiner Red-Bull-Zeit) Rennen gewonnen haben. Im Herzen des Ferrari-Landes durfte Rosberg allerdings auch von vorneherein nicht mit allzu großen Liebesbekundungen rechnen.

Erst als der Drittplatzierte, Ferrari-Liebling Vettel, von Moderator Eddie Jordan angesprochen wird, jubeln abertausende Tifosi zu seinen Füßen. Erst Recht, als er ein paar nette Worte in ihrer Muttersprache an sie richtet. Doch dann geschieht etwas Unerwartetes: Rosberg erkennt die Gunst der Stunde und ergreift die Initiative - etwas, was ihm auf der Rennstrecke von manchen Kritikern hin und wieder abgesprochen wird.

Plötzlich peitscht der Mercedes-Star die Fans in fließendem Italienisch ein. Er spielt mit dem Publikum, genießt sichtlich die Reaktionen des Menschenmeers auf der Start- und Zielgeraden in Monza. Rosberg stimmt sogar ein Ständchen an. Die Fans reagieren auf seine Animation, statt Buh-Rufen wird auf einmal mitgesungen. Als Rosberg das Podium verlässt, gibt es Applaus von den Fans. Binnen weniger Minuten hat sich die Stimmung komplett gedreht. Es ist eben ein Vorteil, wenn man fünf Sprachen spricht... Es ist aber ein noch größerer Vorteil, wenn man clever damit umzugehen weiß.

Mit Lewis Hamilton hat Rosberg ein vorbildliches Beispiel für den Umgang mit den Fans im eigenen Team. Der Brite heizt den Zuschauern schon seit geraumer Zeit bei den Podiumsinterviews ein. Seine ersten Worte richten sich stets an das Publikum. Er bedankt sich bei den besten Fans für die beste Stimmung. So gehört sich das. So ist es Gang und Gäbe bei Sportveranstaltungen in den USA. Die Stars müssen das Publikum begeistern - mit Spitzenleistungen, aber auch mit ihrem Auftreten.

Formel-1-Fahrer als Entertainer für die Fans

Alles lächerliche Kinkerlitzchen ohne Wert? F1-Journalisten können durchaus ein seltsames Völkchen sein. Dann sind sie gerne mal verbohrt, sehr negativ und mit den breitesten Scheuklappen ausgestattet, die es im Umkreis der Strecke zu finden gibt... Wenn dann bei den Podiumsinterviews nicht auf die zweite Nachkommastelle der verwendeten Reifendrücke oder den verpassten Undercut detailliert eingegangen wird, dann werden die Fragen schnell als unbrauchbar und blöd abgetan. Mancher sah Rosbergs Gesangseinlage gar als superpeinlich an.

Dabei sind diese Podestinterviews direkt nach Rennende gar nicht für Journalisten gedacht! Dafür gibt es ja nur wenige Minuten danach eine echte Pressekonferenz mit den Top-3-Fahrern. Wofür sie dann gedacht sind? Na für die Millionen von Fernsehzuschauern und die Fans an der Rennstrecke, die ihre Stars sonst nie live zu sehen und zu hören bekommen!

Für sie muss es unterhaltsam sein. Im Fußballstadion gibt es auch keine genaue Statistikanalyse der Laufleistung des Torschützen nach jedem Tor. Nein, stattdessen gibt es einpeitschende "Danke-Bitte"-Antwortspiele. Auch das F1-Publikum will unterhalten werden. Der italienische Streckensprecher machte das sogar schon im Freitagstraining so gut, dass selbst Mercedes-Technikchef Paddy Lowe davon Notiz nahm und den begeisternden Sprecher lobend erwähnte.

Der moderne F1-Fahrer muss heutzutage nicht nur Spitzensportler sein. Er muss nicht nur Gas geben, wenn er im Cockpit sitzt, er muss mit den Fans interagieren - egal ob via Social Media oder eben als Showman und Entertainer bei öffentlichen Auftritten wie den Podiumsinterviews. Von Siegerehrungen wie mit Arnold Schwarzenegger in Australien schwärmen die Fans noch heute. Die F1 muss ein Erlebnis sein, das es wert ist, sich daran zu erinnern. Genau dafür hat Nico Rosberg mit seiner Animation in Monza gesorgt. Hut ab, Nico! Das war weltmeisterlich.