Kommt er oder kommt er nicht? Lange wurde über die Einführung eines Cockpitschutzes in der Formel 1 heiß und leidenschaftlich debattiert. Inzwischen steht fest: Vorerst sehen wir Halo, Aeroscreen und Konsorten in der Königsklasse nicht. Zumindest nicht vor 2018. Doch mittelfristig soll durchaus eine Form dieser Protektoren Standard werden.

Daniel Ricciardo testete in Spa erstmals das Halo-System, Foto: Sutton
Daniel Ricciardo testete in Spa erstmals das Halo-System, Foto: Sutton

Entsprechend sollen ab sofort immer wieder einmal Tests mit dem Halo-System laufen. Kritiker und Open-Wheeler-Puristen müssen den Anblick also zumindest vereinzelt an Rennwochenenden oder Testtagen ertragen. So auch im ersten Freien Training zum Großen Preis von Belgien in Spa-Francorchamps.

Mit dem deutschen Duo Nico Rosberg und Nico Hülkenberg sowie den Bullen-Boys Daniel Ricciardo und Carlos Sainz testete in den Ardennen gleich ein ganzes Quartett das Halo-System auf Herz und Nieren. Ziel war insbesondere ein Erkenntnisgewinn über die Sicht auf einer Berg-und-Tal-Bahn wie sie Spa eben ist.

Auf ebeneren Gefilden hatte das System die bisherigen Tester Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen bereits weitestgehend überzeugt. Doch wie sieht es im hügeligen Spa mit extremen Steigungen wie Eau Rouge aus?

Eau Rouge - der Elchtest für die Sicht mit Halo, Foto: Sutton
Eau Rouge - der Elchtest für die Sicht mit Halo, Foto: Sutton

Wegen Halo: Ricciardo macht Hausaufgaben, Hülkenberg lästert

Offensichtlich ebenfalls exzellent. "Meine größte Sorge war schon die Sicht. Aber das ist kein Problem. Du kannst perfekt sehen wie die Kurve verläuft", lobt Carlos Sainz. "Wenn du aus der Box herausfährst, dann stört das Ding in der Mitte ein bisschen. Am Ende der Runde fällt es dir aber schon gar nicht mehr auf. Die Augen gewöhnen sich daran, daran vorbeizuschauen", sagt der Spanier von Toro Rosso.

Daniel Ricciardo vom Schwesterteam Red Bull stimmt Sainz grunsätzlich zu. "Es war nicht allzu schlecht", sagt Ricciardo, der zuvor bereits Red Bulls hauseigenen Protektor-Vorschlag, den Aeroscreen, getestet hatte. "Aber es gibt noch immer ein paar Dinge, an denen gearbeitet werden kann." Auf jedenfall sei es gut gewesen, Halo in Spa auszuprobieren. "Damit müssen wir jetzt weitermachen. Mehr Fahrer müssen es testen, einfach um Feedback zu bekommen. Ich mache das heute Abend. Wir haben ein Blatt dafür bekommen als eine kleine Hausaufgabe."

Auch Nico Hülkenberg hält die Sicht für unproblematisch. "Das war kein Problem", sagt der Emmericher. Dennoch: Ein Fan von Halo wird Hülkenberg nicht mehr. "Es war ein komisches Gefühl. Ein Typ, der etwas um seinen Kopf hat, so hab ich mich gefühlt. Etwas, dass dich einschränkt. Die Sicht damit war nicht allzu schlecht, aber wir werden einige Zeit brauchen, um uns daran zu gewöhnen", mosert der Force-India-Pilot. Wie Ricciardo sieht auch er jedoch noch Testbedarf: "Ich habe nur Installationsrunden gedreht und das reicht nicht, um das wirklich zu verstehen. Wir brauchen noch mehr Zeit und Tests, um ein besseres Bild zu bekommen."

Nico Hülkenberg fühlte sich unter dem Heiligenschein nicht wirklich wohl, bescheinigte dem System aber keine Sichtprobleme, Foto: Sutton
Nico Hülkenberg fühlte sich unter dem Heiligenschein nicht wirklich wohl, bescheinigte dem System aber keine Sichtprobleme, Foto: Sutton

Mit Halo: Rosberg fährt Bestzeit

Anders Nico Rosberg. Der Mercedes-Pilot fuhr mit Halo nicht nur einen ganzen Run, sondern setzte mit dem System auch noch die Bestzeit im ersten Training. "Das Team hat mit Halo großartige Arbeit geleistet. Es stört mich beim Fahren überhaupt nicht. Ich war auf Anhieb schnell und erzielte sogar die schnellste Zeit des Vormittags damit. Der Test war also ein Erfolg", sagt Rosberg.

Sainz: Kompliziertes Austeigen größter Halo-Makel

Abgesehen von einigen allgemeinen Forderungen der Piloten nach weiteren Verbesserungen und Ablehnung aus ästhetischen Gründen gibt es jedoch offenbar keine konkrete Bedenken wegen Halo. Keine? Falsch. Ein Problem nennen die Piloten schließlich doch: "Das Aussteigen ist im Moment nicht einfach", kritisiert Sainz.

"Ich verteidige Halo und bin ein großer Unterstützer, weil es Leben retten kann", sagt Sainz gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Aber wenn man etwas verbessern kann, muss das passieren", meint der Spanier. "Die größte Sorge ist definitv aus dem Auto ein- und auszusteigen. Das muss wohl am meisten untersucht und verbessert werden."

Auch deshalb sprach sich Toro Rosso anders als Mercedes, gegen einen richtigen Run aus. "Wir haben darauf verzichtet. Wir hatten Sorge, dass es die Downforce am Heck beeinflussen könnte. Auf einer Strecke wie Spa mit Eau Rouge und so wollten wir nicht zu viel riskieren. Und weil ich wegen der Motoren freitags sowieso schon am Kilometer-Limit bin, wollten wir keine weiteren verschwenden", sagt Sainz.