Die Formel-1-Saison 2017 wartet mit zahlreichen Neuerungen auf. Eine davon wird schon am Montag in Fiorano getestet: Die breiten Reifen. Pirelli liefert in der kommenden Saison 405 Millimeter breite Hinter- und 305 Millimeter breite Vorderreifen. Zum ersten Mal wurden die neuen Pneus an einem Testträger von Ferrari um die Strecke bewegt. Ferrari, Red Bull und Mercedes haben für Pirelli 2015er Fahrzeuge umgebaut, um die für 2017 erwarteten Abtriebs-Level zu erreichen.

Bislang testete Pirelli nur neue Mischungen und Konstruktionen für 2017, nicht aber Reifen in der neuen Breite. Der erste Test fand allerdings mit Regenreifen statt. Dazu kann Ferraris Teststrecke künstlich bewässert werden. Die ersten Installationsrunden spulte Ferrari aber mit breiten Slicks ab - um auf Nummer Sicher zu gehen. "Es handelt sich um ein Fahrzeug, dass nur für diese Tests aufgebaut wurde", erklärt Pirellis Mario Isola.

Die Ehre des ersten Tests mit breiten Reifen wurde Sebastian Vettel zuteil. Pirelli äußerte den Wunsch, dass möglichst viele Testtage mit Stammfahrern besetzt werden. Vettel spulte über den gesamten Tag hinweg 120 Runden ab. Dabei wurden verschiedene Regen-Profile getestet.

Insgesamt wird es 22 Testtage geben, an denen jeweils entweder Ferrari, Red Bull oder Mercedes mit einem 2015er Testträger fährt. Am letzten dieser Tage fahren alle drei Teams gemeinsam nach dem Saisonfinale in Abu Dhabi. Die restlichen Tests finden in Mugello, Barcelona und Paul Ricard statt.

Datum Strecke Team Reifen Fahrer
01. - 02. August Fiorano Ferrari Regen Vettel/Gutierrez
03. - 04. August Mugello Red Bull Slicks Sebastien Buemi
06. - 07. September Barcelona Ferrari Slicks TBC
06. - 08. September Paul Ricard Mercedes Slicks TBC
21. - 22. September Paul Ricard Mercedes Regen TBC
12. - 13. Oktober Barcelona Mercedes Slicks TBC
14. - 16. Oktober Abu Dhabi Red Bull Slicks TBC
02. - 03. November Abu Dhabi Red Bull Regen TBC
14. - 16. November Abu Dhabi Ferrari Slicks TBC
29. November Abu Dhabi Red Bull, Ferrari, Mercedes Slicks TBC

Vettel fährt ersten Test mit Regenreifen

Die Italiener brachten zum ersten Test verschiedene Regenreifen mit. Unterschiedliche Konstruktionen, unterschiedliche Mischungen und sogar unterschiedliche Profile. Auch Intermediates sollen noch getestet getestet werden. Der Regenreifen stellt den Reifenhersteller 2017 vor besondere Herausforderungen.

Die erste Ausfahrt fand mit Slicks statt, Foto: Pirelli
Die erste Ausfahrt fand mit Slicks statt, Foto: Pirelli

Die Wünsche an den Reifen sind auf nasser Fahrbahn komplett konträr zu den Anforderungen im Trockenen. Während im trockenen eine große Aufstandsfläche viel Grip bedeutet, gilt im Nassen die Faustregel: Je schmaler, desto besser.

Schon der aktuelle Regenreifen kommt bei den Piloten nicht besonders gut an. Pirelli aber wehrt sich: "Wenn man sich beispielsweise die Rundenzeiten aus Ungarn ansieht und sie mit historischen Daten vergleicht, dann können wir keine Probleme sehen", so Isola. Zwischen 14 und 18 Prozent steigen die Rundenzeiten bei nassen Verhältnissen. In Ungarn konnte Pirelli selbst bei widrigsten Bedingungen im Qualifying nur eine Steigerung um 16 Prozent erkennen.

Aquaplaning oder Snap Oversteer?

Von den Fahrern werden vor allem die Aquaplaning-Eigenschaften der aktuellen Vollregenreifen von Pirelli kritisiert. "Man muss aber genau analysieren, warum die Autos aufschwimmen", erklärt Isola. "Kommt das Aquaplaning von den Reifen oder schwimmt der Unterboden auf?" Die aktuellen Regenreifen sind im Durchmesser 10 Millimeter größer als die Slicks. Dadurch wächst die Bodenfreiheit der Autos, das Aufschwimmen des Unterbodens wird unwahrscheinlicher. "Wenn es das ist, könnten wir den Durchmesser aber noch größer machen."

Sebastian Vettel mit den Experimental Regenreifen von Pirelli, Foto: Pirelli
Sebastian Vettel mit den Experimental Regenreifen von Pirelli, Foto: Pirelli

Ein anderes Problem ist das sogenannte 'Snap Oversteer', also das plötzliche Übersteuern. "Die Ursachen dafür sind aber andere als beim Aquaplaning", so Isola. Aufgrund der Breite muss Pirelli ohnehin komplett neue Regenreifen designen. Bei allen Parametern, also Konstruktion, Mischung und Profil wird es wohl zu Änderungen kommen.

Das Problem: Die Teams forderten von Pirelli einen Regenreifen, der sich auf abtrocknender Strecke besser verhält. Der extrem hohe Verschleiß der Reifen bei abtrocknenden Bedingungen war ein großer Kritikpunkt in der Vergangenheit. Isola hält die aktuelle Kritik deshalb nicht für fair: "Wir sind in diese Richtung gegangen, aber das bedeutet gleichzeitig, dass der Reifen etwas von seinen Regen-Eigenschaften verliert. Den perfekten Reifen gibt es nicht. Wir müssen nur wissen, was wir liefern sollen."

Einen Tag nach dem ersten Test in Fiorano geht die Arbeit an den 2017er Pneus weiter. Pirelli testet wieder mit Ferrari in Fiorano. Am zweiten Tag wird Sebastian Vettel durch Esteban Gutierrez abgelöst. Auch der Haas-Pilot nimmt im umgebauten Ferrari Platz und testet Regenreifen.

Warum testen nur Ferrari, Mercedes und Red Bull?

Eigentlich wollte auch McLaren ein Testfahrzeug stellen. "Man muss aber Kosten und Ressourcen balancieren", erklärt Teamchef Eric Boullier das Fehlen seines Teams. "Wir glauben, dass es besser ist, nicht davon abgelenkt zu werden." In der Tat mussten Ferrari, Red Bull und Mercedes kleine Teams abstellen, um die Testfahrzeuge umzubauen. Red Bull hat unter anderem Ressourcen von der Aeorscreen-Entwicklung abgezogen.

Weil allerdings nur 2015er Fahrzeuge zum Einsatz kommen dürfen und McLaren-Honda mit dem letztjährigen Fahrzeug große Zuverlässigkeitsprobleme hatte, wird unter vorgehaltener Hand auch davon gesprochen, dass Pirelli nicht unbedingt mit McLaren testen wollte. Die Testtage sind schließlich beschränkt. Große Nachteile erwartet sich Boullier davon aber nicht: "Man kann bei Tests etwas lernen, aber die meisten Daten werden unter allen Teams geteilt."