Es erinnerte ein wenig an die legendäre Szene 1974 in einem Box-Gym mitten in Kinshasa, Zaire. "Der Champ ist hier! Der Champ ist hier!", brüllend und wild trommelnd, platzte ein gewisser Muhammad Ali mitten in die Trainingseinheit seines späteren Gegners George Foreman. Ali war zurück, er ließ es die Welt laut wissen, der damalige Underdog vor dem legendären Rumble in the Jungle.

Gut 40 Jahre später, Pressekonferenz nach dem Großen Preis von Kanada 2016. Lewis ist zurück. Zweiter Sieg in Folge für Hamilton, die Führung in der Weltmeisterschaft zum Greifen nah. Viele hatten den amtierenden Champion nach Nico Rosbergs bärenstarkem Saisonauftakt bereits angezählt oder schon abgeschrieben. Fehlende Motivation? Party statt Rennfahrerleben? Während Rosberg vom einen Sieg zum nächsten eilte - saisonübergreifend sieben am Stück - fiel Hamilton mehr durch kleine Eskapaden auf.

Hamilton schlägt zurück

Doch jetzt in Montreal schlug der dreifache Weltmeister eiskalt zurück. Hamilton ließ seinem Monaco-Sieg vor zwei Wochen nun den Triumph auf seiner Paradestrecke folgen. Rosberg stattdessen taumelte, rettete sich mit angeschlagenem Auto auf den fünften Platz. Sein Vorsprung in der WM ist auf mickrige neun Punkte geschrumpft.

"Ich bin überwältigt, wenn ich daran zurückdenke, wie schwierig diese Saison vor den letzten beiden Rennen war", sagte Hamilton. "Ich bin unheimlich dankbar und gesegnet, dass ich jetzt diese beiden großartigen Wochenenden hatte."

Seinen fünften Sieg in Montreal widmete Hamilton der kürzlich verstorbenen Box-Ikone Muhammad Ali. Schwebe wie ein Schmetterling, stich wie eine Biene. Den berühmten Ali-Spruch zitierte Hamilton am Boxenfunk direkt nach der Zieldurchfahrt. "Ich wünschte, ich könnte mit dem Charisma sprechen, das er hatte", sagte Hamilton über die Legende. "Oder auch dieser witzigen Art. Diesem Selbstvertrauen, das er in einen Fight mitnehmen konnte, um seine Gegner zu überlisten. Ich hoffe, als Sportler eines Tages so zu sein wie er."

Technischer K.o. für Rosberg

Im Rennen verpasste Hamilton seinem ewigen Gegner aus demselben Rennstall schon früh einen kurzzeitigen Technischen K.o. Rosberg ging in Runde 1 zu Boden, fiel nach der leichten Kollision weit zurück. Ein hartes Manöver, trotzdem ein Rennzwischenfall, urteilte der WM-Spitzenreiter selbst. Den Schlagabtausch wollte er nicht als Ausrede für das verpatzte Rennen gelten lassen. Und doch kochte es in Rosberg, der nun fürchten muss, das Momentum zu verlieren. "In dem Moment war ich wirklich angepisst", sagte er. "Aber das ist Racing, und am Ende liegt es an mir, sicherzustellen, dass ich nächstes Mal nach solch einem Kampf vorne liege."

Rosberg hat mehr als einmal in seiner Karriere Nehmerqualitäten bewiesen, setzte sich immer wieder gegen Teamgegner Hamilton durch. Zweimal steckte er zuletzt zurück, in Monaco und auch in Kanada erwischte stets Hamilton das bessere Ende. Hält Rosberg schon am kommenden Wochenende erneut die andere Wange hin? "Jetzt bleiben mir zwei Tage zuhause, um mich auf Baku vorzubereiten. Dort werde ich wieder angreifen", kündigte der Vize-Weltmeister vor der Rennpremiere in Aserbaidschan an.

Standing Ovations für Lewis Hamilton nach dem Kanada-Sieg, Foto: Sutton
Standing Ovations für Lewis Hamilton nach dem Kanada-Sieg, Foto: Sutton

Der Champ ist zurück

Läuft es blöd beim Battle of Baku, ist die WM-Führung am kommenden Sonntag futsch. Dabei hatte Rosberg so lange alles fest im Griff, hatte auch nach dem Doppel-K.o. der Silberpfeile in Barcelona 43 Zähler Vorsprung auf Hamilton. Zwei Rennen später macht es den Eindruck, als ob Hamilton nur so vor Selbstvertrauen strotzt. Bahnt sich die nächste Siegesserie an? So wie 2014 vielleicht, als Hamilton fünf Runden in Folge gewann und Rosberg in der letzten endgültig niederschlug.

"Ich arbeite hart weiter, und wie ihr sehen könnt, bin ich super-fokussiert", sagte Hamilton. "Das war jetzt für mich eines meiner besten Rennen seit einer ganzen Weile. Vielleicht nicht ganz so gut wie das letzte, aber trotzdem bin ich happy. Wir halten unsere Köpfe jetzt unten, es ist noch ein langer Weg." Dass Hamilton aus der Deckung heraus zurückschlagen kann, hat er nun zweimal in Folge bewiesen. Der Champ ist zurück. Noch 14 Runden zu gehen.