Mann des Rennens: Lewis Hamilton

Für den Weltmeister war der Monaco GP eine Art Befreiungsschlag. Einerseits schüttelte der 31-Jährige mit dem Sieg im Fürstentum eine lang anhaltende Pechsträhne mit technischen Defekten ab, die ihn zunächst auch am Samstag zu stoppen schien. Außerdem machte Hamilton in der Fahrerwertung satte 19 Punkte auf seinen führenden Teamkollegen Nico Rosberg gut.

Der Sieg des Denkers: Lewis Hamilton jubelt beim Aussteigen aus seinem Mercedes, Foto: Sutton
Der Sieg des Denkers: Lewis Hamilton jubelt beim Aussteigen aus seinem Mercedes, Foto: Sutton

Über viele Runden hinweg musste sich der Brite dabei gegen Attacken des auf Augenhöhe fahrenden Daniel Ricciardo erwehren. Doch seine Cleverness und Erfahrung sowie eine gewagte, aber letztlich erfolgreiche Strategie gepaart mit Red Bulls Unvermögen beim Reifenwechsel brachten Hamilton den lang ersehnten Sieg. Die Tatsache, dass sein Ehrgeiz auch nach drei Weltmeisterschaften und 44 gewonnenen GPs noch lange nicht gestillt zu sein scheint, spricht für eine bemerkenswerte Einstellung.

Spruch des Rennens: Toto Wolff

Mercedes hatte bereits in der Anfangsphase des Rennens angeordnet, dass Nico Rosberg den deutlich schnelleren Teamkollegen Lewis Hamilton vorbeilassen sollte. Angesichts des Vorfalls beim Spanien GP, als der Brite den Deutschen kurz nach dem Start abräumte, war dies eine heikle Anweisung. Doch Rosberg machte Platz und half damit dem wohl größten Rivalen in der WM, endlich wieder einen Sieg einzufahren. Vom Motorsportchef gab es dafür ein Sonderlob: "Hätte ich Nikis rote Kappe, würde ich sie ziehen, denn unter diesen Bedingungen die Position aufzugeben und die generelle Situation zu verstehen, war wirklich großartiges Teamplay von Nico", sagte Toto Wolff nach dem Rennen.

Manöver des Rennens: Strategie statt Überholen

Auf dem engen Stadtkurs in Monaco ist das Überholen traditionell schwierig. Das Rennen in diesem Jahr machte da keine Ausnahme. Die meisten Positionswechsel kamen durch Boxenstopps, Crashs oder Ausfälle zustande. Viele spektakuläre Manöver gab es im Fürstentum daher auch 2016 nicht zu beobachten. Durch den Start hinter dem Safety Car konnten die Piloten nicht einmal in dieser Situation Plätze gut machen.

Das beste Manöver war stattdessen, wenn man es als solches bezeichnen möchte, die Mercedes-Strategie für Lewis Hamilton. Der Weltmeister blieb länger als Ricciardo auf den Full Wets und holte sich dann direkt Slicks (Ultrasoft), mit denen er 47 Runden unterwegs war. Als einziger Top-Ten Pilot absolvierte er somit nur einen Stopp.

Unfall des Rennens: Crashs und Ausfälle ohne Ende

DEN Unfall beim Monaco GP gab es nicht, es kam vielmehr zu einer wahren Crash-Parade. Diese startete bereits in den Trainings-Sessions am Donnerstag, als unter anderem Felipe Massa abflog. Am Samstag im Qualifying erwischte es Max Verstappen, der dadurch vom Ende des Feldes hätte starten müssen, aufgrund von Arbeiten an seinem Monocoque jedoch schließlich in der Boxengasse losfuhr.

Im Rennen setzte sich dies auf teilweise feuchtem Untergrund nahtlos fort: Jolyon Palmer rutschte bereits kurz nach dem Start in die Leitplanken. Räikkönen crashte in der Haarnadel und verlor seinen Frontflügel, den er anschließend funkensprühend vor sich herschob. Kvyat und Magnussen touchierten sich nach einem harten Duell. Die Stewards sahen die Schuld beim Russen und bestraften ihn mit einer Rückversetzung um drei Plätze in der Startaufstellung des nächsten Rennens. Der Toro-Rosso-Pilot schied aus, Magnussen konnte zunächst weiterfahren, verbremste sich aber später, schlitterte in die Streckenbegrenzung und musste seinen Boliden ebenfalls abstellen.

Max Verstappen hatte sich nach seinem Start aus der Boxengasse toll nach vorne gekämpft und lag zwischenzeitlich sogar auf Punktekurs. Dann jedoch rutschte er erneut in die Leitplanken, wodurch sein Red Bull stark beschädigt wurde - das Aus für den Niederländer. Müsste man einen Höhepunkt des Crash-Marathons nennen, wäre der Sauber-Unfall ein heißer Kandidat. In der 50. Runde gab der Schweizer Rennstall Felipe Nasr die Order, seinen Teamkollegen Marcus Ericsson vorbeizulassen. Nasr hatte es damit jedoch nicht eilig, was den Schweden zu einem gewagten Manöver verleitete. Er krachte in das Auto des Brasilianers, woraufhin beide Piloten aufgeben mussten.

Boxenstopp des Rennens: Red Bull hat keine Reifen für Daniel Ricciardo

In Runde 33 wollte sich der in Führung liegende Daniel Ricciardo neue Reifen holen. Doch die Crew war noch nicht bereit. Statt mit den Pneus in der Hand neben dem Auto zu warten, kamen die Mechaniker erst angerannt, als der Australier an der Box hielt. "Ich hatte den Wunsch nach einem Pitstop nicht geäußert, sie hätten bereit sein müssen", sagte Ricciardo später frustriert. Mehr als zehn Sekunden gingen dadurch verloren, und als der Pilot auf die Strecke zurückkam, lag Hamilton vor ihm. "Wir haben dem armen Ricciardo den Sieg vermasselt", ärgerte sich Red Bulls Motorsportberater Dr. Helmut Marko.

Topspeed des Rennens: Rosberg hatte Pace

Nico Rosberg musste seinen Teamkollegen Lewis Hamilton beim Monaco GP auf Anweisung von Mercedes vorbeilassen, weil der Brite die bessere Renn-Pace hatte. Doch zumindest bei den Topspeeds war am vergangenen Wochenende niemand besser als der in der Fahrerwertung aktuell führende Deutsche. Mit 296,7 km/h hatte im Rennen er die größte Geschwindigkeit vorzuweisen. Pascal Wehrlein lag im Qualifying mit 297,9 km/h sogar noch etwas darüber. Insgesamt war in Monaco - wie auf fast allen Rennstrecken im Formel-1-Kalender - ein Ansteigen der Topspeeds gegenüber den Vorjahren zu beobachten.

Die Topspeeds beim Großen Preis von Monaco 2016

PlatzFahrerTeamMotorGeschwindigkeit
1Nico RosbergMercedesMercedes296,7 km/h
2Daniel RicciardoRed BullTag Heuer295,4 km/h
3Sebastian VettelFerrariFerrari292,3 km/h
4Lewis HamiltonMercedesMercedes292,2 km/h
5Nico HülkenbergForce IndiaMercedes292,2 km/h
6Sergio PerezForce IndiaMercedes291,8 km/h
7Romain GrosjeanHaas F1Ferrari290,8 km/h
8Marcus EricssonSauberFerrari290,0 km/h
9Felipe MassaWilliamsMercedes288,9 km/h
10Jenson ButtonMcLarenHonda288,8 km/h
11Max VerstappenRed BullTag Heuer288,5 km/h
12Esteban GutierrezHaas F1Ferrari288,0 km/h
13Fernando AlonsoMcLarenHonda286,8 km/h
14Carlos Sainz Jr.Toro RossoFerrari 2015286,3 km/h
15Rio HaryantoManorMercedes286,2 km/h
16Valtteri BottasWilliamsMercedes285,7 km/h
17Felipe NasrSauberFerrari284,8 km/h
18Pascal WehrleinManorMercedes282,5 km/h
19Kevin MagnussenRenaultRenault280,1 km/h
20Daniil KvyatToro RossoFerrari 2015268,7 km/h
21Kimi RäikkönenFerrariFerrari227,1 km/h
22Jolyon PalmerRenaultRenault203,0 km/h

Unsung Hero des Rennens: Die Formel 1 lebt

Die Königsklasse schien vom Regen in die Traufe zu kommen: Im vergangenen Jahr dominierte Lewis Hamilton klar und ließ vor allem in der zweiten Saisonhälfte kaum einen Zweifel an seiner dritten Weltmeisterschaft zu. 2016 war nach vier Rosberg-Siegen in den ersten vier Rennen zu befürchten, es könne erneut ein von Mercedes klar beherrschtes Jahr werden - nun eben mit dem anderen Piloten als Titelträger.

Der Verstappen-Sieg in Spanien vor gut zwei Wochen konnte noch der Tatsache zugeschrieben werden, dass sich die Silberpfeile dort gegenseitig ausschalteten. Doch der Monaco GP hat zweierlei klar gemacht: 1. Hamilton ist wieder da und hat in der WM noch alle Chancen. 2. Mit Red Bull hat Mercedes derzeit einen Konkurrenten auf Augenhöhe, der Rennen gewinnen kann. Beides verspricht Spannung für die nächsten Monate. Hinzu kommen - zumindest in Deutschland - starke Quoten für RTL. Der Sender durfte sich am Wochenende über die höchste Zuschauerzahl seit 2013 freuen. Die oft totgesagte Formel 1 macht derzeit also einen höchst lebendigen Eindruck.

Enttäuschung des Rennens: Ferrari

Mühte sich in Monaco vergeblich um einen Platz auf dem Podium: Sebastian Vettel im Ferrari, Foto: Sutton
Mühte sich in Monaco vergeblich um einen Platz auf dem Podium: Sebastian Vettel im Ferrari, Foto: Sutton

Die Saison 2016 verläuft für die Scuderia ohnehin schon nicht nach Wunsch. Auch in Monaco wurde es nicht bedeutend besser. Räikkönen schied früh aus und Vettel verpasste mit Platz vier das Podium. Stattdessen musste der Deutsche Sergio Perez im Force India den Vortritt lassen. Zudem entstand im Fürstentum der Eindruck, dass Red Bull und nicht Ferrari derzeit Mercedes-Jäger Nummer eins ist. Immerhin zeigte sich der viermalige Weltmeister selbstkritisch. Zu der Situation, als er nach seinem ersten Boxenstopp hinter Felipe Massa festhing sagte er: "Ich war auf dem schnelleren Reifen, und auch wenn das Überholen in Monaco sehr schwer ist, so muss ich irgendeinen Weg an ihm vorbei finden."

Tweet des Rennens: Mattzel89

Nicht nur diesem User dürfte die Kinnlade heruntergefallen sein, als Red Bull den führenden Daniel Ricciardo zum Boxenstopp reinholte, aber gar keine Reifen bereit hatte. Sein Erstaunen brachte er mit diesem Tweet zum Ausdruck, dessen Bilder offenbar einer Sendung aus dem Kinderfernsehen entliehen sind.

Tipp des Rennens: Keiner rechnete mit Hamilton

Weder die Teilnehmer an unserer Umfrage noch die Redaktion von Motorsport-Magazin.com rechneten an einen derartigen Verlauf des Monaco GP. Bei der User-Abstimmung, wer denn das Rennen gewinnen werde, lag Lewis Hamilton lediglich auf Platz vier. Stattdessen glaubten unsere Leser an Ferrari, Ricciardo oder Rosberg. Auch von unseren Redakteur(inn)en setzte niemand auf den Briten. Die meisten von uns erwarteten Daniel Ricciardo als Sieger.