Es war genau jener Befreiungsschlag, den Lewis Hamilton gebraucht hatte. Nach mehr als einem halben Jahr gewann der Brite wieder ein Formel-1-Rennen - und zwar nicht irgendeines, sondern das wichtigste der gesamten Saison, den Großen Preis von Monaco. Dass es dazu kam, hatte Hamilton sowohl der Unfähigkeit der Konkurrenz, als auch der guten Strategie von Mercedes zu verdanken. Motorsport-Magazin.com analysiert den Monaco GP.

Teamorder bei Mercedes

Eigentlich war Lewis Hamiltons Ausgangslage ziemlich bescheiden. Startplatz drei ist in Monaco sowieso nicht überragend, und zu allem Überfluss wurde das Rennen auch noch hinter dem Safety Car gestartet, sodass Pole-Sitter Daniel Ricciardo gar nicht erst in die Verlegenheit kam, seine Spitzenposition bei einem stehenden Start abgeben zu müssen.

Hamilton ließ Rosberg vorbei, Foto: Sutton
Hamilton ließ Rosberg vorbei, Foto: Sutton

Als das Rennen nach sieben Runden endlich freigegeben wurde, zog Ricciardo dem Rest des Feldes sogleich auf und davon. Hamilton hing hingegen hinter seinem Teamkollegen Nico Rosberg fest, der Probleme hatte, seine Reifen auf Temperatur zu bekommen, und deshalb nur langsame Zeiten fahren konnte. Mercedes schaute sich dieses Schauspiel bis zur 15. Runde an, dann reagierte man am Kommandostand und schleuste Hamilton per Teamorder an Rosberg vorbei.

"Wir haben einige Zeit gewartet, um die Reifen zum Funktionieren zu bringen, aber es hat nicht geklappt. Dann haben wir den Call gemacht, weil die Pace so viel langsamer war", schilderte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff den Entscheidungsfindungsprozess bei den Silberpfeilen und lobte: "Hätte ich Niki rote Kappe würde ich sie ziehen, denn unter diesen Bedingungen die Position aufzugeben und die generelle Situation zu verstehen, war wirklich großartiges Teamplay von Nico."

Hamilton spart sich einen Stopp

Zum Zeitpunkt des Positionswechsels betrug Ricciardos Vorsprung bereits rund 14 Sekunden. Zwar gelang es Hamilton in weiterer Folge, ein wenig Zeit gutzumachen, nennenswert näher kam er dem Australier allerdings nicht. Deshalb entschied sich Mercedes dazu, in die Taktik-Trickkiste zu greifen. Während Ricciardo in der 23. Runde zum Boxenstopp kam, um von Regenreifen auf Intermediates zu wechseln, blieb Hamilton weiter mit Full Wets auf der sukzessiv abtrocknenden Strecke.

Ausgestattet mit den neuen Reifen gelang es Ricciardo binnen weniger Runden, wieder zu Hamilton aufzuschließen, vorbei kam er am Briten jedoch nicht. "Nachdem Daniel sich Intermediates geholt hatte, befanden wir uns in einer sehr interessanten Situation. Lewis führte das Rennen an und wir hatten aus strategischer Sicht nichts zu verlieren. Denn er hatte sich einen Vorsprung auf Nico auf Platz drei herausgefahren. Also gingen wir das Risiko ein und weiteten den Stint soweit aus, bis die Strecke genügend abgetrocknet war, um direkt auf Slicks zu wechseln", erklärte Mercedes-Technikchef Paddy Lowe die taktische Herangehensweise der Silberpfeile.

Hamilton selbst war in die Entscheidung, den Intermediates-Stint auszulassen, voll eingebunden und diskutierte sie länger mit dem Kommandostand. "Als das Team mich bat, an die Box zu kommen, konnte ich erkennen, dass die Strecke abtrocknete. Meine Reifen fühlten sich aber noch ziemlich gut an. Das teilte ich ihnen mit und sie sagten dann, dass ich draußen bleiben sollte", schilderte der dreifache Weltmeister.

Strategien im Monaco GP:

Fahrer1. Stint2. Stint3. Stint
HamiltonRegenreifen - 31 RUltrasoft - 47 R-
RicciardoRegenreifen - 23 RIntermediates - 9 RSupersoft - 46 R

Red Bull patzt, Hamilton führt

Hamilton wurde schließlich in der 31. Runde zu seinem einzigen Boxenstopp an diesem Nachmittag beordert und wechselte auf die Ultrasoft-Reifen. "Als ich auf den Slicks auf die Strecke ging, fuhr ich wie auf Eis", hatte er auf seiner Outlap große Probleme, den Wagen auf der Strecke zu halten, da die ersten beiden Sektoren beinahe trocken waren, der letzte Streckenabschnitt sich aber noch feucht darstellte. "Es war schwierig zu wissen, wie hart ich attackieren konnte."

Ricciardos Stopp ging daneben, Foto: Sutton
Ricciardos Stopp ging daneben, Foto: Sutton

Eine Runde nach dem Briten kam Ricciardo an die Box und wechselte von den Intermediates auf Supersoft-Reifen. Eigentlich hätte der Australier - nicht zuletzt wegen Hamiltons langsamer Outlap - souverän die Führung übernehmen sollen, doch es kam alles anders. Red Bull war für den Reifenwechsel nicht gerüstet, die Pneus wurden erst aus der Garage geholt, als Ricciardo schon bereitstand. Somit verfloss wertvolle Zeit, letztlich stand Ricciardo 13,53 Sekunden an der Box, Hamilton hingegen nur 3,80.

Trotz dieser Differenz von knapp zehn Sekunden wurde es an der Boxenausfahrt ziemlich eng, was unterstreicht, wie vorsichtig Hamilton auf seiner Outlap war. Ricciardo verließ die Boxengasse in dem Moment, als Hamilton an Start und Ziel vorbeifuhr. "Als ich die Gerade entlang fuhr und sah, dass er herauskam, wusste ich, dass ich vorbei war, weil es dort sehr nass war und er nicht so schnell Tempo aufnehmen konnte", realisierte Hamilton aber rasch, dass er die Führung übernommen hatte. "Wenn er keinen schlechten Stopp gehabt hätte, wäre ich nicht vorne gewesen."

Ricciardo kommt nicht an Hamilton vorbei

Ricciardo hing Hamilton daraufhin über mehrere Runden im Diffusor und gab alles, um die Spitze zurückzuerobern. Im Bereich der Hafenschikane wäre es dem Red-Bull-Piloten auch tatsächlich beinahe gelungen, Hamilton zu überholen, doch dieser kürzte die Kurve ab und blockierte daraufhin Ricciardos Angriff nach der Schikane. Ein grenzwertiges Manöver, das von den Stewards zwar untersucht wurde, allerdings ohne Sanktionen für Hamilton blieb.

Hamilton verteidigte die Fürhung gegen Ricciardo, Foto: Sutton
Hamilton verteidigte die Fürhung gegen Ricciardo, Foto: Sutton

Dank des überholfeindlichen Streckenlayouts hatte Hamilton seinen Sieg somit praktisch in der Tasche, einzig als es zum Ende des Rennens zu nieseln begann, musste er noch er noch einmal ein wenig zittern. Letztlich trug der Brite seinen Silberpfeil aber sicher ins Ziel und hatte am Ende mehr als sieben Sekunden Vorsprung auf den zutiefst enttäuschten Ricciardo.

"Unsere Strategiemannschaft hat heute fantastische Arbeit geleistet. Das war eine mutige, aber brillante Entscheidung, die einen großen Anteil am Sieg von Lewis hatte", sparte Paddy Lowe nach dem Rennen nicht mit Lob, wusste aber auch, dass ein großer Anteil des Erfolgs auf die Kappe von Red Bull ging. Wäre Ricciardos Stopp nur ein paar Sekunden schneller gewesen, er hätte die Box als Führender verlassen und wäre wohl einem ungefährdeten Sieg entgegengefahren.