Vor wenigen Tagen diskutierte die Formel 1 noch in lächerlicher Manier darüber, mit welchem Qualifying-Format denn schlussendlich in China gefahren wird. Einmal mehr machte sich die Formel 1 mit einer sinnlosen Diskussion zum Gespött. Nach den letzten Jahren, die sportlich und politisch ohnehin schwierig waren, nicht unbedingt ideal.

Doch sportlich läuft es in diesem Jahr: Drei Rennen, drei absolute Leckerbissen. Die Gesichter von Sebastian Vettel und Daniel Ricciardo nach dem China GP sprachen Bände. Würde Kimi Räikkönen Emotionen zeigen, hätte man wohl auch ihm die Freude über seine furiose Aufholjagd ansehen können. Das Racing in dieser Saison ist allererste Sahne: Viele Überholmanöver, viele taktische Spiele, viele Positionswechsel.

Nur ein Schönheitsfehler bleibt, ohne dem Piloten zu nahe treten zu wollen: Nico Rosberg. Der Mercedes-Pilot macht in dieser Saison so weiter, wie er in der letzten Saison aufhörte: mit gewinnen. Einen Kampf um den Sieg gab es in der Formel-1-Saison 2016 noch nicht. Nur dahinter ging es rund - und auch nur, weil Lewis Hamilton drei verpatzte Rennen hatte.

Wolff redet Gegner stark

Doch Toto Wolff und Mercedes sind sich sicher: "Wir sehen Ferrari als sehr starken Herausforderer und als Gefahr." Nico Rosberg drückt es noch etwas dramatischer aus: "Ferrari ist sau schnell, aber sie habe bislang noch gar nichts gezeigt. Sie haben die ganze Zeit so viel Mist erwischt, da hat noch nichts zusammengepasst. Wenn die es mal hinbekommen, dann sind die dran."

Das zeigten in China auch die Analysen von Motorsport-Magazin.com: Ferrari war am Freitag extrem nah dran, am Samstag warfen Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel ihre Qualifikations-Runden mit Verbremsern weg. Bis zum Ende von Sektor zwei lag Räikkönen noch auf Pole-Kurs.

Und in China stieß plötzlich auch noch Red Bull vorne rein. "Es wäre gut, wenn sie zurückschlagen", gibt Toto Wolff zu. "Wenn man bedenkt, dass Daniel Ricciardo das Rennen mit dem Plattfuß verloren hat, kann man sich vorstellen, dass er sicherlich auch Vettel einen Kampf geboten hätte."

Dass es Toto Wolff gut heißen würde, wenn sein persönlich Erzfeind zurückschlagen würde, muss man ihm nicht unbedingt abkaufen. Auch die Performance-Rechnung des Österreichers muss man nicht zu einhundert Prozent für bare Münze nehmen. In Bahrain war Ferrari nämlich weiter weg, als es im Rennen den Anschein machte.

Stabiles Reglement bringt Feld zusammen

Fakt ist aber: Die Konkurrenz ist insgesamt näher an Mercedes dran als in den vergangenen Jahren. Und das sorgt für spannendere Rennen. Das wiederum bringt Toto Wolff dazu, die für 2017 geplanten Regeländerungen in Frage zu stellen. "Auch wenn es für den kommerziellen Rechteinhaber sehr unangenehm ist, dass wir so viele Rennen und zwei Weltmeisterschaften gewonnen haben: Je länger man Regeln stabil hält, desto mehr schmilzt die Performance zwischen allen zusammen. Das exakt passiert im Moment."

Kommen 2017 spektakulärere Autos oder nicht?, Foto: Mercedes/Motorsport-Magazin.com
Kommen 2017 spektakulärere Autos oder nicht?, Foto: Mercedes/Motorsport-Magazin.com

"Die Motoren rücken näher zusammen, die Teams auch. Die Performance-Sprünge, die wir machen, sind kleiner als die der anderen, weil die Kurve flacher wird", erklärt Wolff. "Wir haben eine ideale Situation mit großartigen Rennen. Drei großartige Rennen in Folge jetzt. Können wir schnell genug reagieren und vielleicht bei den Regeln bleiben, die jetzt okay scheinen? Ich weiß es nicht."

Hintergrund sind die für 2017 geplanten, eigentlich schon so gut wie feststehenden Regeln. Die Autos sollen dadurch schneller und spektakulärer werden. Im Wesentlichen gibt es breitere Reifen, breitere Autos und aggressivere Aerodynamik. Eigentlich war die Deadline für die Regeln 2017 bereits, doch nachdem man sich auf ein grobes Konzept geeinigt hatte, wurde die Frist für die konkrete Ausformulierung für Ende April festgesetzt.

Für 2017 geplante Änderungen in Zahlen

20162017
Reifen245mm (vorne)
325mm (hinten)
305mm (vorne)
405mm (hinten)
Radaufhängung1800mm2000mm
Frontflügel1650mm1800mm
Heckflügel750mm Breite/ 950mm Höhe950mm Breite/ 800mm Höhe
Diffusor125mm Höhe/ 1000mm Breite
(beginnt an der Hinterachse)
175mm Höhe/ 1050 mm Breite
(beginnt 175mm vor der Hinterachse)
Bodywork1400mm Maximalbreite
1300mm Minimalbreite
1600 mm Maximalbreite
1400mm Minimalbreite
Gewicht702kg 722kg + ca. 5kg Reifen

Wolff: Regeländerungen könnten schlecht für Racing sein

Toto Wolff würde die geplanten Änderungen gerne noch verhindern: "Im nächsten Jahr wird wieder jemand die Weltmeisterschaft gewinnen, vielleicht wieder mit großem Vorsprung, weil mit neuen Regeln alles von vorne losgeht."

Der Mercedes Motorsportchef glaubt nicht nur, dass ein neues Reglement an sich die Lücken zwischen den Teams wieder aufreißen wird, sondern zweifelt auch generell am Konzept mit mehr Abtrieb. "Mehr Abtrieb wird man auf der Strecke nicht sehen, sondern nur an den Rundenzeiten. Es wird vielleicht weniger überholt, weil das hinterherfahren schwieriger wird."

"Vielleicht spricht es auch gegen uns, wenn die Regeln stabil bleiben: Wir haben ganz klar nicht mehr den Vorteil, den wir im letzten Jahr hatten. Aber das Racing ist großartig und es wird vielleicht noch besser, wenn wir die Regeln so lassen", so das Plädoyer des Österreichers.

Große Hoffnung, dass die 2017er Regeln doch noch verhindert werden, hat Wolff aber nicht: "Es wird natürlich Diskussionen darüber geben, ob es der richtige Weg nach vorne ist. Aber ich glaube nicht, dass es die nötigen Mehrheiten geben wird, um die 2017er Regeln wieder zu begraben und mit etwas neuem aufzukommen."