Drama direkt nach dem Start in China - und unmittelbar nach Rennende. "Du bist da reingeschossen wie ein Torpedo", greift Sebastian Vettel Red Bulls Daniil Kvyat schon im Ruheraum vor der Siegerehrung scharf an. Aus Sicht des Deutschen habe der Russe die Ferrari-Kollison zwischen Vettel und Teamkollege Kimi Räikkönen in Kurve eins zu verantworten. "Das ist halt Racing", kontert Kvyat. Aber der Reihe nach.
Was war passiert? Am Start übernahm Daniel Ricciardo sofort die Führung vor Nico Rosberg. Dahinter startete auch Räikkönen stark, bog als Dritter in die erste Kurve. Vettel hingegen erwischte einen suboptimalen Start. Dennoch versuchte er, sich innen an seinem Teamkollegen vorbei zu drücken.
"Mein Start war nicht so gut, aber dann wollte ich noch an Kimi vorbei. Kvyat wollte innen dassselbe machen, kam mit viel Speed in die Lücke geschossen. Da war dann leider kein Platz, weil dann Kimi von außen kam. Da konnte ich den Kontakt leider nicht vermeiden", beschreibt Vettel schließlich auf dem Podium seine Sicht des Szenarios. "Große Entschuldigung an das Team und an Kimi. Kvyat ist wie ein Torpedo auf mich geschossen. Das war selbstmörderisch", hatte er sich zuvor schon am Boxenfunk entrüstet.
Kvyat: Dieses Risiko muss Vettel erwarten
Im Ruheraum legt Vettel direkt im Verbalduell mit Kvyat nach: "Wenn ich die Linie gehalten hätte, wären wir gecrasht", poltert der Ferrari-Star. "Dann musst du das eben nicht", kontert Kvyat. Vettel reist die Augen auf, schüttelt nur noch den Kopf. Die Anspannung im Raum ist greifbar.
Auf dem Podium verteidigt sich Kvyat weiter. "Ich hatte einen echt guten Start. Dann siehst du die Lücke und willst sie dann natürlich auch haben. Natürlich war das riskant, da hat Seb recht. Aber wenn du aufs Podium willst, musst du Risiko gehen. Damit muss jeder rechnen", sagt er.
Vettel gestand nach seiner ersten Entrüstung schließlich: "Es ist schwierig zu beurteilen, wie das aus seiner Position aussah. Genauso das war, wie anhand der Fernsehbilder klar ersichtlich, absolut in Ordnung. Kvyat bekam die Kurve locker, das Manöver war damit eindeutig nicht überzogen aggressiv. "Trotzdem musste ich nach links ausweichen, sonst wären wir gecrasht. Ich hätte nicht viel machen können, ich war im Sandwich. Kvyat kam einfach von hinten aus dem toten Winkel geschossen", meint dagegen Vettel beharrlich.
Horner und Arrivabene kritisieren Vettel:
Man zeigt nicht mit dem Finger auf andere
Entsprechend kritisch äußert sich Vettels ehemaliger und Kvyats jetziger Teamchef zu der Szene. "Für mich sah es so aus, als wollte Sebastian die Schuld daran, dass er seinen Teamkollegen abgeschossen hat, jemand anderem zuschieben. Kvyat hat einfach eine Lücke gesehen und ist reingestochen", sagt Red Bulls Christian Horner.
Selbst dessen Pendant auf Ferrari-Seiten schlägt sich eher auf die Seite des Russen, nicht seines eigenen Piloten. "Mit dem Finger auf jemanden zu zeigen ist nicht korrekt", watscht Maurizio Arrivabene Vettel ab. "Kvyat war mit Highspeed auf dem Kerb, ich denke Seb und Kimi hätten in Kvyats Position dasselbe getan", sagt Arrivabene.
Trotzdem macht der Teamchef schon einen Strich drunter. "Das ist Teil des Rennens", sagt er. "Aber natürlich - wenn man zwei Fahrer mit Potential hat, ist das nicht gut. Aber wenn man seine Position verteidigen will, bewegt man sich eben, und leider war Kimi dort. Aber das ist Racing, es ist nicht Monopoly", sagt Arrivabene.
Räikkönen: Was ein Desaster!
So oder so: Die Reaktion Vettels auf die Attacke Kvyats hatte große Folgen für Ferrari. Beide Boliden gecrasht und beschädigt, Räikkönen verlor sogar den gesamten Frontflügel, musste an die Box, fiel ganz ans Ende des Feldes zurück.
"Ich wurde getroffen, eine unglückliche Sache, nicht ideal für das Rennen. Ich habe den Frontflügel verloren und hatte mehrere Platten. Aber wir haben es zurück in die Box geschafft und konnten von dort neu starten. Aber da war das Rennen schon ziemlich ruiniert und ich habe nur noch versucht, das Beste daraus zu machen", beschreibt Räikkönen sein Pech.
Vettel: Entschuldigung und Kritik an Räikkönen zugleich
"Es tut mir leid fürs Team, denn das Auto war heute toll. Schade, wenn zwei Teamkollegen sich berühren. Das willst du niemals, das ist das schlimmste, was passieren kann. Ein Albtraum. Wir hatten noch Glück, überhaupt weiterfahren zu können", sagt Vettel über die Szene, die er als "Rennzwischenfall" verbucht.
Dennoch kritisierte er nach seiner Entschuldigung am Ende sogar noch Kimi Räikkönen. "Ich glaube, der Auslöser, wenn man vom Auslöser reden kann, war, dass sich Kimi in der ersten Kurve, in die ich wollte und gleichzeitig auch das Auto hinter mir, ein bisschen verbremst hat", sagt Vettel.
Räikkönen gibt sich deutlich kollegialer: "Er hat sich entschuldigt. Leider ändert das nichts. Ich bin sicher, dass er es nicht absichtlich gemacht hat. Es ist nicht ideal für mich und für das Team. Sehr unglücklich", sagt der Finne. "Aber besser so, als gar keine Punkte. Obwohl es ein schlechter Tag war haben wir noch ganz gut etwas herausgeholt."
Siegkandidat Räikkönen?
Immerhin kämpfte sich das Duo sehenswert zurück. Vettel wurde am Ende mit viel Hilfe des Safety Cars sogar noch Zweiter, Räikkönen arbeitete sich überragend ganz von hinten vor auf P5, zeigte spektakuläre Überholmanöver gegen Felipe Massa und sogar Lewis Hamiltons Mercedes. So stark, dass Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner bei RTL völlig überzeugt war: "Wenn er nicht in die Kollison mit Vettel geraten wäre, wäre Räikkönen ein echter Siegkandidat gewesen. Da bin ich mir sicher."
Das meint auch Maurizio Arrivabene: "Unter normalen Umständen hätten wir heute sicherlich eine sehr gute Chance gehabt zu gewinnen." Räikkönen selbst hält all das wie immer für reine Spekulation. "Unmöglich zu sagen. Das Ergebnis ist wie es ist. Immerhin haben wir noch ein paar Punkte rausgeholt. Aber ich bin sicher, dass es viel besser hätte laufen können ..."
diese Formel 1 Nachricht