Nico Rosberg formulierte nach dem Großen Preis der USA ein Ziel. Wenn schon nicht die richtige Weltmeisterschaft, so wolle er zumindest die sogenannte Mini-WM, bestehend aus den Rennen in Mexiko, Brasilien und Abu Dhabi, gewinnen. Zwei dieser drei Grands Prix konnte der Mercedes-Pilot tatsächlich für sich entscheiden, und nach dem Qualifying stehen die Chancen auch gut, dass er beim Saisonfinale die Oberhand behält. Motorsport-Magazin.com macht den letzten Favoritencheck der Saison.

Rosberg: Ein cooles Gefühl

Rosberg hat im Qualifying einen Lauf, Foto: Ferrari
Rosberg hat im Qualifying einen Lauf, Foto: Ferrari

Nico Rosberg startet in Abu Dhabi zum sechsten Mal in Folge von der Pole Position. Eine gute Ausgangslage, aber statistisch betrachtet noch lange keine Sieggarantie. Nur einmal gelang es dem Pole-Sitter bislang beim Nachtrennen auch den ersten Platz zu belegen - Sebastian Vettel 2010. Dass Rosberg angesichts seiner Erfolgsserie dennoch voller Selbstvertrauen in den Grand Prix startet, liegt auf der Hand.

"Normalerweise bin ich nicht allzu überschwänglich, wenn ich auf der Pole stehe - denn dafür bekommt man am Samstag noch keine Punkte. Aber diesmal war es schon ein cooles Gefühl", strahlte der 30-Jährige über das ganze Gesicht. Rosberg nahm Lewis Hamilton über drei Zehntel ab, was angesichts des Umstands, dass er einen deutlich älteren Motor als sein Teamkollege fährt, der schon eine wesentlich höhere Laufleistung erbracht hat, umso beeindruckender ist. Hamilton haderte hingegen einmal mehr mit dem Setup und fühlte sich in seinem Boliden nicht wohl.

Droht die nächste Prozession?

Wie in den letzten Rennen könnte bereits am Start eine Vorentscheidung fallen. Zuletzt gelang es Hamilton nicht, nach dem Erlöschen der Ampeln an Rosberg vorbeizukommen, und hing daraufhin das gesamte Rennen in seinem Diffusor, ohne jedoch einen Angriff setzen zu können. Geschuldet war dies der anspruchsvollen Aerodynamik der aktuellen Formel-1-Generation - die Reifen des Hinterherfahrenden bauen in der 'dirty air' rasch an Leistung ab.

Hamilton fuhr zuletzt nur hinterher, Foto: Mercedes-Benz
Hamilton fuhr zuletzt nur hinterher, Foto: Mercedes-Benz

Wiederholt sich dieses Schauspiel auch in Abu Dhabi? "Ich denke, es ist ziemlich durchschnittlich. Wir haben auf der Gegengeraden hier Überholmanöver gesehen. Da gibt es DRS. Aber es ist hier weder leicht noch schwer", wollte sich Rosberg diesbezüglich nicht festlegen. Zum Nachteil gereichen könnte ihm womöglich der ältere Motor - der Deutsche war in allen Sessions rund drei km/h langsamer als Hamilton. Nicht viel, aber ein Faktor, der auf den langen Geraden des Yas Marina Circuit eine Rolle spielen könnte.

Aus strategischer Sicht wird Mercedes auch beim Saisonfinale nicht vom bisherigen Plan abweichen und beide Piloten gleich behandeln. Zu erwarten ist eine Zwei-Stopp-Strategie mit dem Fokus auf die weichen Reifen, da die superweichen Pneus bereits weitestgehend im Qualifying verbraucht wurden. "Besonders der superweiche Reifen wird hier zerfetzt. Der fliegt ... geht sehr schnell kaputt. Das wird eine besondere Herausforderung", erwartet Rosberg eine anspruchsvolle Aufgabe.

Räikkönen, die rote Hoffnung

Abgesehen vom Defektteufel ist Kimi Räikkönen wohl der einzige, der Mercedes den Sieg streitig machen kann. Sebastian Vettel verwirkte alle Chancen bereits in Q1, somit liegt es an dem Finnen, die roten Kohlen aus dem Feuer zu holen. "Hoffentlich haben wir einen guten Start. Wir können nur unser Bestes geben und versuchen, ein sauberes Rennen zu erwischen", so der Iceman, der sich mit seinem Landsmann Valtteri Bottas noch um den vierten Rang in der Gesamtwertung duelliert.

Kimi Räikkönen startet von P3, Foto: Ferrari
Kimi Räikkönen startet von P3, Foto: Ferrari

Mut können Ferrari die Longruns am Freitag machen. Sowohl auf den weichen als auch auf den superweichen Reifen lag die Scuderia mit Mercedes durchaus auf Augenhöhe. Ferrari konnte zuletzt schon in Brasilien mit Mercedes einigermaßen mithalten, ob die Roten die Silbernen aber über die gesamte Renndauer fordern können, muss doch bezweifelt werden.

Hinter dem Spitzentrio ist eine bunte Kampftruppe versammelt, angeführt von Sergio Perez, der seinen Force India auf den starken vierten Startplatz stellte. Einmal mehr könnte sich für die Inder das gute Reifen-Management bezahlt machen. Daniel Ricciardo dürfte es hingegen an Motorleistung mangeln, während Williams das gesamte Wochenende noch nicht so recht überzeugen konnte. Die Chancen auf ein weiteres Spitzenergebnis für Perez stehen demnach gut.