Von 1991 bis 2014 lenkte Luca di Montezemolo als Verwaltungsratsvorsitzender die Geschicke von Ferrari. Mittlerweile hat der Italiener eine andere Aufgabe. Nachdem Montezemolo im Herbst des vergangenen Jahres von Sergio Marchionne an der Spitze des Automobilkonzerns abgelöst wurde, versucht er nun die Olympischen Sommerspiele 2024 nach Rom zu bringen. Der 68-Jährige hat Erfahrung mit Großereignissen, 1990 gehörte er dem Organisationskomitee der in Italien stattfindenden Fußballweltmeisterschaft an.

Montezemolos Herz schlägt allerdings nach wie vor die Formel 1. "Ich verfolge natürlich noch immer gerne die Rennen, und zwar mit großer Leidenschaft. 30 Jahre bei Ferrari, das heißt: Ich habe fast mein halbes Leben in Maranello verbracht - so etwas vergisst du nie", verriet er in einem Interview mit RTL. Während die letzte Saison unter seiner Ägide als eines der erfolglosesten Jahre in die Geschichte der Scuderia einging - Ferrari blieb 2014 ohne Rennsieg -, geht es 2015 wieder steil bergauf. Zu verdanken ist dies nicht zuletzt Sebastian Vettel, der gemeinsam mit Teamchef Maurizio Arrivabene viel frischen Wind nach Maranello gebracht hat.

Ferrari und Luca di Montezemolo haben Michael Schumacher viel zu verdanken, Foto: Sutton
Ferrari und Luca di Montezemolo haben Michael Schumacher viel zu verdanken, Foto: Sutton

Schumacher rührte die Werbetrommel für Vettel

Doch wie gelang es Ferrari eigentlich, sich die Dienste des Heppenheimers zu sichern? Montezemolo plaudert aus dem Nähkästchen. "Der erste, der Werbung für ihn bei uns gemacht hat, war Michael (Schumacher). Michael meinte, dass Sebastian ein wacher Junge sei, ein gut erzogener, vertrauensvoller Junge, er ist schnell", verriet der Italiener, dass niemand geringerer als der Rekordweltmeister höchstpersönlich, zu dem Vettel eine innige Beziehung pflegt, großen Anteil daran hatte, dass es schlussendlich zum Wechsel nach Maranello kam.

"Als Sebastian noch für Toro Rosso fuhr, dachten wir, dass er verdammt schnell, aber noch etwas zu jung ist. Wir haben damals Leute mit etwas mehr Erfahrung gesucht und so fiel die Wahl auf Fernando Alonso, der - bitte vergessen wir das nicht - vier sehr erfolgreiche Jahre mit uns verbracht hat. Zweimal hat er den WM-Titel immerhin erst im letzten Rennen verloren, 2010 und 2012", erläuterte Montezemolo, weshalb Vettel nicht schon in ganz jungen Jahren bei Ferrari landete.

Sebastian Vettel verabschiedete sich nach vier Weltmeistertiteln von Red Bull, Foto: Red Bull Racing
Sebastian Vettel verabschiedete sich nach vier Weltmeistertiteln von Red Bull, Foto: Red Bull Racing

Die Scuderia habe den Heppenheimer stets im Hinterkopf gehabt, auch zu Zeiten seiner großen Erfolge bei Red Bull, vor allem der ehemalige Teamchef Stefano Domenicali habe einen guten Draht zu ihm gehabt, verriet Montezemolo. "Irgendwann brachte er ihn mir nach Hause nach Bologna, ein feiner Kerl, gut erzogen, er brachte sogar gute Schweizer Schokolade. Er zeigte von Anfang eine große Leidenschaft für Ferrari, genauso wie Michael ihn mir damals geschildert hatte."

Damit war das Eis gebrochen. "Ich sagte zu Sebastian: 'Komm doch zu uns'. Er nannte mir die Klauseln seines Vertrages mit Red Bull. Und wir sagten: 'Nein, wir machen nichts Unkorrektes. Wir setzen uns dann wieder zusammen, wenn du aus Deinem Vertrag sauber rauskommst, wenn alles geklärt ist. Wenn die Vertragsbedingungen es zu lassen, natürlich. Wenn sie es nicht zulassen, lieber Sebastian - das Leben ist noch so lang…", erinnerte sich Montezemolo.

Bekanntgegeben wurde Vettels Wechsel von Red Bull zu Ferrari schlussendlich im Rahmen des Großen Preises von Japan 2014. Vettel machte dabei von einer Ausstiegsklausel aus seinem Red-Bull-Vertrag Gebrauch. "Ich schickte erst Domenicali, dann Marco Mattiacci einige Male zu Sebastian, um in der Schweiz alles zu besprechen und letztendlich fanden wir zusammen", schilderte Montezemolo. "Der Korrektheit halber sagte ich in den Tagen meines Abschieds von Ferrari zu Marchionne, meinem Nachfolger als Präsident der Scuderia, dass wir mit Sebastian eine Einigung gefunden haben. Kurz danach haben wir mit Sebastian in einer Dreier-Telefonkonferenz gesprochen und alles wurde bestätigt."

Sebastian Vettel tritt bei Ferrari in Michael Schumachers Fußstapfen, Foto: Motorsport-Magazin.com/Sutton
Sebastian Vettel tritt bei Ferrari in Michael Schumachers Fußstapfen, Foto: Motorsport-Magazin.com/Sutton

Vettel auf den Spuren von Schumacher und Lauda

Von Vettels Leistungen im roten Cockpit, der bis dato drei Rennen für die Scuderia gewann, ist Montezemolo begeistert. Für ihn hat der Deutsche drei Eigenschaften, die fundamental für Ferrari seien: "Erstens ist er ein fantastischer Pilot, der sowohl im Qualifying als auch im Rennen sehr, sehr stark ist. Meistens ist ein Fahrer nur hier oder nur dort stark, er in beidem. Zweitens hat er eine Einstellung, die perfekt zu Ferrari passt: positiv, ausgeprägter Teamgeist, voller Leidenschaft, in der Hinsicht, dass er sehr offen und sehr sympathisch ist."

Der dritte Punkt, der Vettel Montezemolo zufolge so wertvoll für Ferrari macht, ist die Erfahrung von vier Weltmeistertiteln, obwohl er mit 28 Jahren noch relativ jung ist. "Er kam natürlich im richtigen Moment, um einen neuen Zyklus einzuleiten, eine neue Sieges-Ära zu gründen. Wie Niki Lauda oder Michael Schumacher kann er Teil der Geschichte von Ferrari werden. Und dazu wünsche ihm nur das Beste", erwartet Montezemolo von Vettel noch große Taten.