"Es sollte mehr oder weniger unglaublich schnell werden an diesem Wochenende." Lewis Hamilton hatte sich in Mexiko soeben mit seinen Ingenieuren besprochen und dabei erfahren, was an diesem Wochenende alles auf ihn zukommen wird. Glaubt man den Berechnungen, erzielen die Fahrer in Mexiko noch höhere Geschwindigkeiten als in Monza, dem Temple of Speed. Mit bis zu 365 km/h schießen die Formel-1-Autos über die Start/Ziel-Gerade des Autodromo Hermanos Rodriguez, bevor sie auf 95 km/h für den Weg in Kurve 1 abbremsen.

Zum Vergleich: Beim diesjährigen Italien Grand Prix wurde Kimi Räikkönen als Schnellster geblitzt und hatte dabei 358,3 km/h drauf. In Mexiko könnte es auf der 1,3 km langen Gerade sogar noch schneller zugehen. Kurios: Während die Autos in Monza traditionell mit komplett flachem Flügel fahren, verlangt das Mexiko-Streckenlayout nach einem höheren Abtrieb. Die Heckflügel müssen also etwas steiler eingestellt werden als in Italien.

60 km/h schneller als früher

Die Start/Ziel-Gerade in Mexiko ist 1,3 km lang, Foto: Sutton
Die Start/Ziel-Gerade in Mexiko ist 1,3 km lang, Foto: Sutton

Durch die Höhenlage Mexikos mit 2.285 Metern verringert sich der Luftwiderstand der Autos jedoch. Demnach können sie auf der langen Start-/Zielgerade mit geöffnetem DRS und in Qualifying-Abstimmung Geschwindigkeiten von bis zu 365 km/h erwarten. "Die weniger dichte Luft erzeugt weniger Abtrieb und Luftwiderstand im Vergleich zur Meereshöhe", erklärt Lotus-Ingenieur Nick Chester. "Deshalb könnten wir eine knackige Geschwindigkeit auf der Start-Ziel-Geraden sehen."

Die Turbo-Power der aktuellen Formel-1-Generation macht es möglich. In der neuen V6 Hybrid-Ära fallen die Auswirkungen der Luftdichte nicht so stark aus wie bei normalen Saugmotoren. So ist es zu erklären, dass sich die Höchstgeschwindigkeiten beim bislang letzten Mexiko Grand Prix 1992 deutlich in Grenzen hielten. Damals erzielte Riccardo Patrese die höchste Geschwindigkeit aller Fahrer mit 307.27 km/h. Patrese war damals im weltmeisterlichen Williams FW14B unterwegs, der von einem 3.5 Liter V10-Motor angetrieben wurde.

Dicke Luft für Sauger

"Früher hatten sie Saugmotoren, und damit hätten wir wegen der Downforce an Power verloren", erklärte Hamilton. "Aber bei den aktuellen Autos ist das nicht der Fall. Wir verlieren zwar Downforce und Luftwiderstand, aufgrund des Turbos aber keine Leistung." Mercedes-Technikchef Paddy Lowe ergänzte: "Die Top-Speeds werden zu den höchsten der gesamten Saison gehören - obwohl mehr Abtrieb benötigt wird als beispielsweise in Monza. Dazu trägt die Höhenlage von Mexico City bei."

Schnellster Mann 1992 in Mexiko: Riccardo Patrese im V10 Williams-Renault, Foto: Sutton
Schnellster Mann 1992 in Mexiko: Riccardo Patrese im V10 Williams-Renault, Foto: Sutton

Mexiko ist mit seinen 2.285 Metern das höchstgelegene Rennen des Jahres. Bislang wurde Brasilien traditionell als eine Strecke in Höhenlage angesehen, die Motorleistung kostet. Mit 785 m ist der Höheneffekt in Interlagos jedoch viel geringer als in Mexico City. Eine Faustformel für Saugmotoren: Je 100 Meter über dem Meeresspiegel kosten 1 Prozent Motorleistung. Die Sauger früherer Tage hätten demnach also rund 22 Prozent Motorleistung verloren.

Kühlung als größtes Problem

Die Höhenlage kann sich jedoch negativ auf die Fahrzeugkühlung auswirken, da die dünne Luftdichte die Wirkung der Kühlung verringert. Dadurch müssen sich die Ingenieure darauf konzentrieren, dass die Hybrid-Systeme ihre Ziel-Betriebstemperaturen erreichen.

"Die dünne Luftdichte wird die Kühlung zu einer Herausforderung machen", bestätigte Mercedes-Mann Lowe. "Außerdem sorgt sie dafür, dass der Kompressor des Turboladers härter arbeiten muss, um die gleiche Leistung zu liefern wie auf Höhe des Meeresspiegels."

Topspeed-Rekord bis heute: Antonio Pizzonia im Williams, Foto: Sutton
Topspeed-Rekord bis heute: Antonio Pizzonia im Williams, Foto: Sutton

Rückblick: Topspeed-Rekord

Trotz der guten Voraussetzungen dürfte der Allzeit-Rekord der Formel 1 in Sachen Topspeed nicht gefährdet sein. Beim Großen Preis von Italien 2004 erreichte Williams-Pilot Antonio Pizzonia im Rennen eine Höchstgeschwindigkeit von 369,9 km/h. Damit stellte er einen neuen Geschwindigkeitsrekord auf und löste Michael Schumacher ab, der diesen Rekord ein Jahr zuvor auf derselben Strecke mit einer Geschwindigkeit von 368,8 km/h aufgestellt hatte.