In der sandigen Umgebung des Bahrain International Circuit erwartet die zwanzig Piloten und zehn Teams der dritte Lauf der diesjährigen Formel 1 WM. Und trotzdem erwarten uns dabei noch beinahe ebenso viele Fragezeichen, wie vor dem Saisonstart in Downunder.
So stand schon vor dem ersten Rennen in Melbourne, und lange vor den chaotischen Umständen, welche das verregnete erste Qualifying mit sich brachte, fest, dass Melbourne aufgrund seiner Streckencharakteristik kein echter Maßstab für das neue Kräfteverhältnis sein würde. Dafür hatten sich die Machtverhältnisse in der Vergangenheit schon zu oft zwischen den ersten beiden Rennen verschoben.
Entsprechend wurde für das Hitzerennen von Sepang, ein erster Vergleich der Top-Teams erwartet. Aber auch hier muss mit vernichtenden oder lobenden Bilanzen noch gehaushaltet werden. Schließlich wurde das Rennwochenende einerseits von der Hitze und den extremen Bedingungen und andererseits von der klaren Bridgestone-Schwäche verzerrt. Ein echtes Leistungsbild wäre demnach also eine Mischung aus Melbourne und Sepang.
Ob wir diese am kommenden Wochenende ohne äußere Einwirkungen zu sehen bekommen werden, bleibt noch abzuwarten. Ebenso wie die Performance des neuen F2005, welcher zusammen mit einer neuen japanischen Reifenmischung das Feld aufmischen soll. Für Ferrari, aber auch deren Rivalen und einstige Jäger, schlägt in der Wüste also die Stunde der Wahrheit.
Renault: Punkten was das Zeug hält
Zwei Siege aus zwei Rennen. Eigentlich sollte diese Quote nur zufriedene Gesichter in Enstone und Viry-Châtillon hervorrufen. Doch die Gelb-Blauen wissen genau: Die Ferrari-Formkrise wird nicht ewig andauern. Deshalb fordert Fernando Alonso während diesem roten Formtief "so viele Punkte wie möglich" einzufahren und ärgert sich Chefingenieur Christian Silk über die verpassten Malaysia-Punkte von Giancarlo Fisichella.
Teamchef Flavio Briatore sieht dem dritten Saisonrennen, dessen Schauplatz den Franzosen im Vorjahr nicht sehr mundete, trotzdem optimistisch entgegen. Schließlich bringen auch sie wieder einige Neuerungen an ihrem R25 mit. Da nicht davon auszugehen ist, dass der F2005 als ähnliches Überauto wie dereinst der F2004 oder F2002 debütieren wird, sollten Alonso und Fisichella aber auch in Manama zu den Sieganwärtern zählen. Allerdings besteht bei jedem Rennen die Gefahr, dass auch Michelin irgendwann einmal ein solches Malheur wie Bridgestone in Sepang unterlaufen könnte...
Toyota: Die Sensation bestätigen
Toyota fährt als sensationeller Zweiter der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft nach Arabien. Der stark blasende Rückenwind des ersten Podestplatzes der noch jungen Teamgeschichte macht den Protagonisten dabei große Lust auf mehr. "Wir sind erst am Anfang", kündigte Ralf Schumacher an und Technikdirektor Mike Gascoyne ergänzte sogar: "Wir haben gezeigt, dass wir Fortschritte erzielen können, nun müssen wir so weiter machen und anfangen, Rennen zu gewinnen."
In Bahrain sollte es unter normalen Umständen allerdings noch nicht so weit sein. Tatsächlich dürften die Weiß-Roten aus Köln-Marsdorf mit einer Wiederholung des Sepang-Ergebnisses in Form von zwei Punkteplatzierungen zufrieden sein. Sollte das ebenfalls heiße Rennen den Michelin-Pneus am TF105 aber ebenso gut schmecken, wie in Malaysia, könnte sogar erneut ein Podestrang herausspringen. Realistischer sind jedoch WM-Punkteplatzierungen.
Red Bull: Auf dem Boden bleiben
Die zweite Sensation in dieser Frühphase der Saison stammt aus Milton Keynes und heißt Red Bull Racing. Der britisch-österreichische Rennstall konnte als einziges Team zweimal mit beiden Autos in die Punkte fahren und in Malaysia die strauchelnden Ferrari-Piloten besiegen. "Unglaublich und unfassbar, aber wahr und wunderschön", beschrieb der Sportliche Leiter Dr. Helmut Marko diesen Moment.
Für Bahrain heißt es nach zwei solch positiven Rennwochenenden allerdings nicht dem Firmenmotto zu verfallen und mit Engelsflügeln gen Himmel zu streben, sondern auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben und sich keine unrealistischen Ziele zu setzen. Die dritte doppelte Punkteankunft in Folge oder eine Punkteplatzierung im Allgemeinen würden hierzu bereits ausreichen.
Ferrari: In die Wüste geschickt
Ist der F2005 schnell genug? Ist der F2005 auch zuverlässig genug? Haben die wenigen Testwochen mit dem neuen Auto ausgereicht? Sind die Bridgestone-Reifen besser? Kann Ferrari wieder siegen? All diese Fragen werden im Laufe des kommenden Wochenendes - hoffentlich - auch mindestens eine Antwort finden.
Die Italiener setzten jedenfalls alles in das Debüt ihrer neuen 'roten Göttin'. Dennoch haben die beiden Stammfahrer vor ihrem ersten Renneinsatz im neuen F2005 nur je einen Testtag und im Falle von Michael Schumacher noch einen zusätzlichen Shakedown unter die Räder genommen. Sollten selbige aber mit konkurrenzfähigen Bridgestone-Gummis bezogen sein, dürfte zumindest eine Rückkehr an die Spitze zu erwarten sein. Ob die Roten aber wieder ganz oben in den Ergebnislisten geführt werden, bleibt noch abzuwarten.
Williams: Noch nicht reif für den Sieg
Offene Worte fand Sir Frank Williams nach dem durchschnittlichen Saisonstart seines Teams. So freute er sich zwar über den Podestplatz von Nick Heidfeld, doch weiß der alte Rennfuchs genau, dass Siege sowie weitere Podestplätze derzeit aus eigener Kraft nicht in Reichweite liegen. Entsprechend stuft er die Weiß-Blauen auch nur als vierte Kraft der F1-Welt ein.
"Wir wissen, dass wir uns extrem anstrengen müssen, um Renault näher zu kommen", bläst der Technische Direktor Sam Michael dennoch zum Angriff. "Aber genau das haben wir vor." In Bahrain sollten aber schon Punkteplatzierungen als Erfolge gewertet werden.
McLaren: Wann folgt der Durchbruch?
"Die Pace ist da." Dies ist seit Melbourne die einhellige Meinung im silbernen Lager. Allerdings konnten Kimi Räikkönen und Juan Pablo Montoya diese Erkenntnis im Rennen bislang noch nicht in zählbare Punkteerfolge umsetzen, weshalb die Silbernen bislang unter ihren Erwartungen und Zielsetzungen zurückgeblieben sind.
Wie vor den Grand Prix in Australien und Malaysia gehört McLaren aber auch vor dem zweiten Bahrain GP zu den Mitfavoriten. Ob sie diese Vorschusslorbeeren und die "vorhandene Pace" endlich einmal mit den eigenen Ansprüchen entsprechenden Ergebnissen Ausdruck verleihen werden, muss aber erst abgewartet werden. Das Potenzial dazu sollte jedenfalls vorhanden sein. Das zweite große silberne Fragezeichen steht derweil über dem Einsatz von Montoya, der nach einer Schulterverletzung beim Tennis spielen höchstwahrscheinlich durch Tester Pedro de la Rosa ersetzt werden muss. Dies stellt McLaren, aufgrund der unzureichenden Cockpitgröße für Alex Wurz, vor ein dritter Fahrer Problem.
Sauber: Hinter den Erwartungen zurückgeblieben
Bei Sauber erscheint das Potenzial unterdessen im Vergleich zum Vorjahr geschrumpft zu sein. Die Vorgabe des enttäuschten Teamchefs Peter Sauber lautet deswegen: "Jeder im Team hat verstanden, dass wir uns stark verbessern müssen."
Dazu zählt natürlich auch der kanadische Ex-Weltmeister Jacques Villeneuve, der laut Aussage seines Managers Craig Pollock noch kein Vertrauen in sein neues Arbeitsgerät entwickeln konnte. Demnach sollte es keine allzu große Überraschung sein, wenn ihm sein junger brasilianischer Teamkollege Felipe Massa auch in der Wüste um die sandigen Ohren fahren sollte.
B·A·R: Neue Hoffnung
Nach einem absolut enttäuschenden Auftaktwochenende in Australien, hoffte British American Racing auf seinen Regelkniff und den damit verbundenen Motorenwechsel. Doch der Doppelausfall mit rauchendem Heck nach nur wenigen Minuten des Malaysia GP machte die Mannen aus Brackley zum Gespött des Fahrerlagers von Sepang.
Für Bahrain versprechen die Honda-Ingenieure jedoch, dass sich solche Bilder nicht noch einmal abspielen sollen. Stattdessen möchte man die in Malaysia angeblich unter Beweis gestellte Performance in Bahrain in die ersten WM-Punkte des Jahres ummünzen. Nicht nur angesichts der starken Konkurrenz, darf an einem Gelingen dieser Pläne gezweifelt werden.
Jordan: Ein anderes Team
Mit drei Rookies, von denen Testfahrer Robert Doornbos noch die meiste Erfahrung von drei GP-Freitagen aufweisen konnte, startete das Jordan-Midland Team in die neue Saison. Und während man sich die Ziele durchaus realistisch setzte, gibt der niederländische Testfahrer offen zu, dass das Team ohne seinen irischen Gründer nicht mehr dasselbe sei.
Doch egal ob mit oder ohne Eddie Jordan: In Bahrain hätten die Gelben so oder so keine realistische Chance auf WM-Zähler, weshalb auch am kommenden Rennwochenende wieder die Devise so viel Erfahrung wie möglich zu sammeln gelten wird. Der einzige Lichtblick sind unterdessen die Toyota-Motoren, welche den beiden Neulingen trotz des Rundengeizes viele Kilometer ermöglichen und die dennoch bis zum Rennende standfest bleiben.
Minardi: Immer noch Letzte
Anders sieht die Motorenlage bei Minardi aus, wo das neue Cosworth-Triebwerk, welches auch im Heck des erfolgreichen Red Bull Boliden seinen Dienst verrichtet, erst im neuen PS05 eingesetzt werden kann.
Zusammengefasst bedeutet dies für Minardi in Bahrain: Uralter Motor, nicht minder altes Auto und keinerlei Tests oder Weiterentwicklung. Die letzten beiden Plätze erscheinen also weiterhin als das Maximum.
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