So unruhig hat man einen Mercedes W06 Hybrid in freier Wildbahn selten gesehen: Nico Rosberg kämpfte für alle sichtbar in fast jeder Kurve mit einem Fahrzeug, das abwechselnd über- und untersteuerte. Immer wieder musste der 30-Jährige am Kurveneingang ein ausbrechendes Heck wieder einfangen, in den 90-Grad-Kurven hingegen kämpfte er mit viel Untersteuern. Bei seinem Teamkollegen Lewis Hamilton sah alles deutlich harmonischer aus; das Ergebnis waren sieben Zehntel Rückstand für Rosberg im Nachmittagstraining und nur Platz vier, am Vormittag kam er als Zweitschnellster noch auf eine Zehntel an Hamilton heran.
"Ich muss noch einiges optimieren heute Abend", ist sich Rosberg der Situation bewusst. "Es ist echt schwierig gewesen: Über- und Untersteuern haben sich immer wieder abgewechselt." Dabei mag er den Hungaroring durchaus - was nicht weiter verwunderlich ist, da er mit Monaco ebenfalls auf einem engen Kurs seine größten Erfolge feiern konnte. "Der Hungaroring ist eine spannende Strecke: wie ein Stadtkurs, aber eben als richtige Rennstrecke. Sie ist eine riesige Herausforderung, vor allem auf den Kerbs."
Doch es läuft nicht nach Wunsch. "Es ist schwer zu erklären, aber ich habe einfach immer mit meinem Heck gekämpft. Es ist etwas, mit dem ich nicht glücklich bin. Das Qualifying ist ja erst morgen, also habe ich genug Zeit, mit das anzusehen." Einziger Trost: Die Longrun-Pace findet Rosberg vielversprechend. Und den Rückstand will er nicht überbewerten: "Ich hatte noch einen Fehler auf meiner schnellen Runde, deshalb bin ich meine schnellste Zeit erst in der zweiten schnellen Runde gefahren. Da war der Reifen natürlich nicht mehr top."
Dabei rechnet der Wiesbadener im Laufe des Wochenendes mit weiteren Herausforderungen aus anderer Richtung: Die Hitze macht den Großen Preis von Ungarn zu einem der härtesten Rennen des Jahres. "Wir haben 50 Grad Streckentemperatur und sitzen genau über dem Asphalt", erklärt er. "Dann berühren wir den Belag hin und wieder, da kommt das direkt durch. Vielleicht sieht man mir das auch an", fügt er lachend hinzu. Das Rennen könnte von seiner physischen Anstrengung her sogar an den Sauna-GP in Singapur heranreichen: "Es gibt hier kaum Geraden, auf denen man sich entspannen könnte; eine Kurve folgt auf die nächste."
Lauda rechnet mit Red Bull und Ferrari
Rosberg musste sich beiden Red Bull in der Nachmittagssession geschlagen geben, was den Mercedes-Chefs weniger gefiel. "Ein interessantes Ergebnis; mir war klar, dass Red Bull schnell sein würde, weil es hier weniger um den Motor, sondern mehr ums Auto geht", äußert sich Niki Lauda. "Sie sind dort, wo ich sie erwartet habe." Neben Red Bull warnt er aber auch vor Ferrari, obschon die roten Boliden am Freitag noch deutlicher mit den geringen Gripverhältnissen zu kämpfen hatten als Nico Rosberg.
Hinsichtlich des teaminternen Duells bleibt der Mercedes-Aufsichtsrat locker: "Nico versucht, den Punkteabstand zu reduzieren und hat das mit drei Siegen schon teilweise zustande gebracht. Entscheidend wird auch hier die Startaufstellung sein; wer hier vorne ist, hat schon fast gewonnen." Auf eine Vorentscheidung zugunsten Hamiltons will er sich noch nicht festlegen. "Nico war das ganze Wochenende in Silverstone schneller als Lewis, bis auf die letzte Runde im Qualifikationstraining. Ich bin gespannt, wie es hier ausgeht. Der Freitag ist nur Testtag, die Wahrheit sehen wir morgen."
Paddy Lowe verfolgte ebenfalls die Schwierigkeiten von Nico Rosberg, sah das Problem aber eher bei externen Faktoren: "Es sieht so aus, als hätten alle hier Probleme, eine schnelle Runde [ohne Fehler] zu komplettieren, das sollte zu einem interessanten Qualifying morgen führen."
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