45,342 Sekunden - so groß war Sebastian Vettels Rückstand beim Großen Preis von Spanien auf Rennsieger Nico Rosberg. Für Ferrari eine alarmierende Zahl, denn zuvor war die Scuderia deutlich näher an Mercedes dran. Doch auch die zahlreichen Updates brachten auf der aerodynamisch anspruchsvollen Strecke nichts - Mercedes war zu weit weg. In Monaco konnte Sebastian Vettel immerhin mit Nico Rosberg mithalten und dank des Strategiepatzers von Mercedes sogar noch Rang zwei holen.

In Spanien war Mercedes in einer anderen Liga als Ferrari, Foto: Sutton
In Spanien war Mercedes in einer anderen Liga als Ferrari, Foto: Sutton

Doch wie sieht es in Montreal aus? Ist Ferrari wieder meilenweit weg wie in Barcelona oder müssen Nico Rosberg und Lewis Hamilton auch die rote Konkurrenz fürchten? Im vergangenen Jahr war Montreal ein Desaster für Ferrari. Weder Fernando Alonso, noch Kimi Räikkönen konnten von den Mercedes-Problemen profitieren. Während sich Alonso mit Hülkenberg rumschlagen musste und Räikkönen sich auf Platz zehn ins Ziel kreiselte, nutzte Red Bull den Mercedes-Patzer.

Die Charakteristik des Circuit Gilles Villeneuve offenbarte die Schwächen der Ferrari Power Unit einmal mehr. Montreal ist Bahrain nicht unähnlich: Langsame Ecken werden durch längere Geraden verbunden. Auch Bahrain war 2014 eine Katastrophe für Ferrari - in diesem Jahr sah es deutlich besser aus.

Auch wenn Ferrari stets betont, dass in allen Bereichen Fortschritte gemacht wurden, so geht der größte Anteil des Performance-Zugewinn sicherlich auf das Konto der Power-Unit-Abteilung. Vor allem der Benzinverbrauch machte Ferrari in Bahrain und Montreal zu schaffen. "Die Ausgangslage im letzten Jahr war anders als in diesem Jahr", gibt sich Kimi Räikkönen zuversichtlich. "Wir haben die Systeme stark verbessert. Wir müssen das Training abwarten, aber wir sind in einer viel besserer Position als vor einem Jahr", so der Iceman.

2014 musste sich Alonso mit Hülkenberg herumschlagen, Foto: Sutton
2014 musste sich Alonso mit Hülkenberg herumschlagen, Foto: Sutton

Ferrari könnte außerdem pünktlich für das Power-Rennen einen leicht überarbeiteten Motor mitbringen. Die Italiener haben bei der FIA entsprechende Unterlagen eingereicht, um zwei Entwicklungs-Token anwenden zu dürfen. Ob der überarbeitete Antrieb aber schon an diesem Wochenende im Einsatz sein wird, steht noch nicht fest.

Im Vergleich zu Barcelona könnte Ferrari auch die Reifenwahl entgegenkommen. Während in Spanien die beiden härtesten Compounds zum Einsatz kamen, bringt Pirelli Soft und Supersoft nach Kanada. Zwar kamen diese Mischungen auch schon in Monaco zum Einsatz, doch die Voraussetzungen sind anders, wie Diego Ioverno erklärt. "In Monaco hatte man bei beiden Reifen vor allem Probleme, sie auf Temperatur zu bekommen. Der Asphalt ist dort nicht besonders rau. In Montreal ist die Situation anders: Die Strecke selbst verlangt den Reifen viel mehr ab", so Ferraris leitender Ingenieur an der Strecke.

"Es wird weniger ein Problem sein, sie auf Temperatur zu bekommen, als vielmehr sie am Leben zu halten", fügt Ioverno an. Und hier könnte der Vorteil von Ferrari gegenüber Mercedes liegen: Der SF15-T geht mit dem schwarzen Gold sorgsamer um als der Silberpfeil - vor allem auf der Hinterachse, die bei der Traktion gefordert ist.

Ferrari: Montreal Bilanz

Ferrari in Montreal: Zehnmal triumphierten die roten Renner bereits in Montreal. Damit standen Ferrari-Piloten häufiger als die Fahrer aller anderen Teams ganz oben auf dem Treppchen. Die letzten sechs Siege gehen dabei allesamt auf das Konto von Rekordchampion Michael Schumacher, der in den Jahren 1997, 1998, 2000, 2002, 2003 und 2004 die Ziellinie als Erster überquerte. Für die weiteren Erfolge sind Strecken-Namensgeber Gilles Villeneuve (1978), Rene Arnoux (1983), Michele Alboreto (1985) und Jean Alesi (1995) verantwortlich.

Sebastian Vettel in Montreal: Der Heppenheimer startete bislang sechs Mal in Montreal und holte stets Punkte. Seinen einzigen Sieg feierte Vettel in der Saison 2013 für Red Bull, zudem stand 2011 als Zweiter und im Vorjahr als Dritter auf dem Podium.

Kimi Räikkönen in Montreal: Wenn der Finne in Montreal überragende Leistungen zeigte, dann meist von weiter hinten in der Startaufstellung. 2005 siegte er von Platz sieben aus, 2003 bugsierte er seinen McLaren von Startposition 20 auf den sechsten Rang. Räikkönen schied bei bislang elf Rennen lediglich einmal aus und klassierte sich, wenn er die Zielflagge sah, stets in den Top-10.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Ich glaube, dass Ferrari wieder näher an Mercedes dran sein wird. Bei der Power sehe ich die beiden inzwischen auf Augenhöhe - und darum geht es in Montreal hauptsächlich. Die Reifen spielen Ferrari etwas in die Karten und könnten am Sonntag für spannende Strategien sorgen. Auch wenn es nicht ganz reichen wird: Es wird deutlich knapper als in Spanien. (Christian Menath)