Der erste Saisonlauf des neuen F1-Jahres bringt jede Menge Neuerungen mit sich: Neue Fahrer, neue Teams, neue Regeln, neue Abläufe und viele Schlüsselfaktoren, die wir nun bereits vor dem 2. Qualifying analysieren, da dieses in dieser Saison mehr denn je auch zeitlich und nicht nur bei der Strategie zu einem Teil des Rennens geworden ist.

S wie Setup

Damit die Autos bei den schnellen Richtungswechseln in den Schikanen gut und präzise einlenken können, setzen die Teams in Melbourne auf ein mittleres Abtriebsniveau und ziemlich steife Federraten.

Allerdings sind die Bremszonen in Melbourne oft recht bucklig – unter anderem, weil sonst der normale Straßenverkehr über Teile der Strecke rollt. "Zu steif darf das Setup also nicht ausfallen, denn sonst riskieren wir, dass ein Fahrer beim Bremsen ein oder mehrere Räder blockiert", erklärt Rod Nelson, seines Zeichens Renningenieur von Fernando Alonso. "Das macht nicht nur die Rundenzeit zunichte, sondern kostet auch immens Zeit über die Renndistanz."

Zudem gehört das Vermeiden von "Bremsplatten" unter dem neuen Reglement zu den wichtigsten Aufgaben der Fahrer. Jacques Villeneuve passte sein Setup deshalb schon im 1. Qualifying an die Reifen an. "Wir stellten das Setup darauf ein und wussten nicht wie die Balance sein würde. Wir wählten einfach den sicheren Weg."

S wie Schonen

Damit spricht der Kanadier bereits einen von zwei wichtigen Schonvorgängen der neuen Saison an: Das sorgsame Umgehen mit dem schwarzen Gold. Aber nicht nur die Reifen, auch die Motoren müssen nach der Erweiterung ihrer Lebensdauer sorgfältig behandelt werden. Dies bewies nicht zuletzt der neuerliche Rundengeiz am Freitag.

Zumindest was die Reifen angeht ist man bei Renault zuversichtlich. "Das Auto geht sanft mit den Reifen um", sagt Technikchef Bob Bell. "Wir haben festgestellt, dass der Renault R25 auf längeren Distanzen schnell ist, wenn die Lebensdauer der Reifen zu Ende geht."

Laut Sauber-Technikdirektor Willy Rampf spielt die Performance der Pneus auf den ersten Runden nun eine geringere Rolle, während "der letzte Rennabschnitt" an Bedeutung gewinne. "Wem es gelingt, die Reifen besonders zu schonen, wird nach dem letzten Tankstopp in der Lage sein, seine Position zu verbessern. Der Fokus wird nun viel mehr auf dem Rennende und eventuell etwas weniger auf der Startposition liegen."

Bei Renault verändert sich zudem die Ausnutzung der Motorenpower. Denn während viele Experten erwarten, dass die Teams ihre Motoren aufgrund der neuen Regeln in Melbourne besonders schonen, um beim zweiten Rennen in der tropischen Hitze in Malaysia nicht Gefahr zu laufen einen Motorschaden zu riskieren, enthüllt Renault-Motoren-Ingenieur Rémi Taffin, dass man bei den Franzosen genau anders herum plant.

"Das zweite Saisonrennen findet in Sepang auf einem Kurs, der die Triebwerke erheblich weniger fordert als Melbourne, statt. Deswegen verteilen wir etwa 60 Prozent des Potenzials auf das erste Rennen und 40 auf den zweiten."

S wie Strategie

"Die Reifenfrage wird auch auf die Rennstrategie Einfluss nehmen", ist sich Rampf sicher. "Es wird weniger Tankstopps geben: In den meisten Rennen werden wir zwei oder gar nur einen Tankstopp sehen. Doch da die Reifen bei nur einem Stopp einen hohes Gewicht tragen müssen, dürfte diese Strategie wohl zu Lasten der Performance gehen."

Sauber-Pilot Jacques Villeneuve erwartet von den Renault jedoch nur einen Boxenstopp: "Das Gute ist, dass wir nicht mit wenig Sprit fahren müssen um uns gut zu qualifizieren. Wir können mit der normalen Spritmenge fahren. Das Problem sind die Renault, denn sie haben immer einen guten Spritverbrauch", so der Ex-Renault-Fahrer. "Sie werden wahrscheinlich nur einen Stopp einlegen. Wenn die Motoren nicht hochgehen, dann werden sie das Rennen gewinnen."

Dennoch erwartet Renaults Chefingenieur Pat Symonds aufgrund der unnormalen Startaufstellung, welche nach dem chaotischen Regenqualifying zu erwarten ist, einige "interessante Strategieentscheidungen", welche für viel Spannung sorgen könnten.

S wie Schlüsselstellen

Das Layout von Melbourne hat etwas von einem Stop-and-go-Kurs: Viele langsame Kurven wechseln sich ab mit relativ langen Geraden. Das bedeutet, dass Motorleistung und gute Traktion aus den Kehren heraus den Schlüssel zu schnellen Runden darstellen.

Die beste Überholmöglichkeit auf der teils unebenen Strecke stellt die Start- und Zielgerade dar, an deren Ende sich eine gute Überholchance bietet. Allerdings ist die enge Jones-Schikane auch ein Gefahrenherd. Besonders am Start.

S wie Strafen

Neben dem Inder Narain Karthikeyan, der am Freitag im freien Training in der Boxengasse zu schnell unterwegs war und somit eine happige Geldstrafe kassierte, könnten auch Felipe Massa und Takuma Sato Strafen drohen. Nämlich dann, wenn sie nach ihrem zeitenlosen ersten Qualifying ins T-Car wechseln respektive einen neuen Motor einsetzen lassen.

Auf diese Weise könnten die beiden Piloten aus ihrem Qualifying-Pech zumindest einen Vorteil ziehen: Ein frisches Aggregat für das Rennen sowie den folgenden Grand Prix in Malaysia. Die Zurückversetzung ans Ende der Startaufstellung würde sie hingegen nicht schmerzen, da sie ohnehin mit nur einer Zeit dort starten müssten.

S wie Start

Jener Start wird dabei wieder eine heikle Angelegenheit. Denn die enge Jones-Kurve am Ende der Start- und Zielgeraden war schon einmal Auslöser eines Massencrashes als Ralf Schumacher im Jahre 2002 zu spät bremste und Rubens Barrichellos Ferrari als Sprungschanze ins Kiesbett nutzte.

Besonders heikel wird es, da viele Top-Piloten - bei normalem Verlauf des zweiten Qualifyings - ungewohnt weit hinten stehen und somit versuchen werden gleich beim Start einige Plätze gutzumachen.

S wie Spannung

Für genügend Spannung scheint vor dem Start des ersten Formel 1 Rennens der neuen Saison also gesorgt zu sein. Und vielleicht werden wir ja nach dem Rennen endlich einen ersten Eindruck vom wahren Kräfteverhältnis der Teams haben. Wenn man den bisherigen Verlauf des Auftaktrennwochenendes bedenkt, wäre es aber fast eine Überraschung, wenn nicht wieder irgendwelche Faktoren dazwischen funken würden...