Nach langer Zeit des Wartens fuhr Michael Schumacher auf die Strecke, drehte eine schnelle Runde und ließ die Konkurrenz um anderthalb Sekunden völlig schockiert hinter sich. So präsentierte sich die Formel 1 zu Beginn der Saison 2004. Ein Jahr danach war von dieser roten Überlegenheit nichts mehr zu sehen. Stattdessen findet sich der amtierende Champion nach dem Freitagstraining hinter zwei McLaren-Piloten und Landsmann Nick Heidfeld nur auf dem vierten Platz wieder!

Der Minardi-Streitfall. Genüsslich zog der Australier Paul Stoddart nach getaner Arbeit an einer Zigarette: Zwischen den beiden freien Trainings eilte der Minardi-Teamchef durch das Fahrerlager und sammelte noch einmal die Unterschriften seiner Teambosskollegen. Und diesmal bekam er auch alle - also auch jene von Ferrari-Boss Jean Todt. Die Vorjahres-PS04B Boliden dürfen somit an diesem Wochenende an den Start gehen. Für Patrick Friesacher und Christijan Albers bedeutet dies ein um eine Trainingssitzung verspätetes F1-Debüt. Jedenfalls dachten dies alle. Doch dann gingen die Rolltore an den Minardi-Boxen wieder herunter und die Autos blieben in der Garage. Der Grund: Der Motorsportweltverband FIA hatte das Thema als zu komplex eingestuft und eine Klärung für den folgenden Nachmittag anberaumt. Minardi muss also weiter zittern.

Der Rundengeiz. Üppiger Fahrbetrieb sieht zwar anders aus, doch in der zweiten Trainingssession sorgten die 24 Aktiven für sehr viel mehr Action als im ersten Training. Dies ist allerdings nicht besonders verwunderlich, da die Fahrer irgendwann notgedrungen ihre Reifentests für die anstehende Pneu-Wahl fahren mussten.

Die Zwischenfälle. Der erhöhte Fahrbetrieb brachte auch mehr Zwischenfälle mit sich. So drehte sich der niederländische Jordan-Tester Robert Doornbos schon früh in der Session und drehte der erste Bestzeithalter des Jahres 2005, Tonio Liuzzi, nach nur zwölf Minuten ins Kiesbett. Der Italiener musste sein zweites F1-Training auf diese Weise vorzeitig beenden. Noch prekärer wurde es als McLaren-Tester Pedro de la Rosa und Jordan-Rookie Narain Karthikeyan leicht kollidierten und sich der Spanier in Folge dessen ins Kiesbett verabschiedete. Er konnte aber genauso weiter fahren wie Ralf Schumacher, nach einem Dreher ins blaue Kiesbett. Ebenso erging es auch Rubens Barrichello, Tiago Monteiro und David Coulthard die alle drei mindestens einmal durchs Grün pflügten. Einen gepflegten Dreher legte gegen Ende auch Giancarlo Fisichella auf den australischen Asphalt.

Die Reifen. Wie aus dem Vorjahr gewohnt, konnten nur die beiden Ferrari-Piloten die Bridgestone-Flagge hoch halten, zumal neben diesen beiden nur noch die zwei Jordan-Fahrer mit den japanischen Pneus unterwegs waren. Aussagen über das Reifenkräfteverhältnis lassen sich angesichts der vielen Fragezeichen kaum ziehen.

Die Platzierungen. In den Schlusssekunden des zweiten freien Trainings der Saison 2005 sicherte sich Pedro de la Rosa im dritten McLaren Mercedes, welchen er in 1:25.376 Minuten um den Albert Park Kurs prügelte. Drei Zehntel hinter dem Spanier kreuzte der Finne Kimi Räikkönen die Ziellinie als Zweitschnellster vor dem Überraschungsmann des Tages: Williams-Pilot Nick Heidfeld, der seinen australischen Teamkollegen gut 1,4 Sekunden abnahm. Die Ränge vier bis acht sind danach gut durchgemischt: Michael Schumacher im Ferrari vor Juan Pablo Montoya im McLaren vor Felipe Massa im Sauber vor Fernando Alonso im Renault vor Jenson Button im B·A·R. Ralf Schumacher landete in seinem TF105 auf dem 13. Platz. Die im ersten Training noch stark auftrumpfenden Red Bull Boliden mussten sich mit den Plätzen zwölf und siebzehn zufrieden geben.

Die Analyse. Nach einem langweiligen ersten Training der neuen Saison, zeigten sich im zweiten freien Training erstmals die Spannungsmomente des neuen F1-Jahres: Ferrari liegt nicht meilenweit in Führung, Kimi Räikkönen und Juan Pablo Montoya liefern sich ein heißes Duell, das Feld liegt sehr eng zusammen und es gab einige Ausrutscher und Dreher. Rückschlüsse auf den Leistungsstand lassen sich dennoch nur schwer ziehen. Rein auf die Freitagsergebnisse bezogen, müssen wie erwartet McLaren, Ferrari und Renault zu den Top-Teams gezählt werden, wobei noch ein Fragezeichen hinter Williams steht. Hinter diesen Teams war heute Sauber der auffälligste Rennstall. Ob dies unter Rennbedingungen immer noch so sein wird, stellt sich erst morgen heraus.