Neue Reifen, gebrauchte Reifen, Softs, Options, ein Run, kein Run, Q2, Q3 - nach dem Qualifying zum Bahrain Grand Prix ging es bei Nico Rosberg nur noch um die Pirellis. Und den an Sebastian Vettel verlorenen zweiten Startplatz im Rennen. Eine etwas konfuse Situation - Motorsport-Magazin.com erklärt Rosbergs Reifen-Drama in der Wüste.

1. - Worum geht es überhaupt?

Hauptsächlich um Nico Rosbergs Startposition beim Bahrain Grand Prix. Das große Problem: Sebastian Vettel quetschte sich im Qualifying zwischen ihn und Pole-Setter Lewis Hamilton. Angesichts der starken Longrun-Pace der Ferraris sinken Rosbergs Siegchancen von Platz drei beträchtlich. "Es ist alles nach hinten losgegangen", räumte er gegenüber Motorsport-Magazin.com ein.

2. - Was ging im Q3 schief bei Rosberg?

Der Vize-Weltmeister räumte nach dem Qualifying Fehler ein, sprach von schlechtem Reifen-Management. Sein Grund für das schwache Abschneiden im Q3: Er habe nicht rechtzeitig den nötigen Rhythmus gefunden, um eine wirklich schnelle Runde hinzuknallen - weil er effektiv nur eine Gelegenheit hatte, auf den weichen Reifen zu pushen. Beim entscheidenden letzten Run waren Hamilton und Vettel deutlich schneller.

Großes Reifen-Dilemma bei Rosberg, Foto: Sutton
Großes Reifen-Dilemma bei Rosberg, Foto: Sutton

3. - Warum fand Rosberg keinen Rhythmus?

Wegen einer spontanen Planänderung zu Beginn des Q3. Eigentlich wollte Rosberg im letzten Abschnitt zwei neue Sätze Option-Reifen einsetzen - für einen ersten Run, um das Limit zu finden, und anschließend für die potenzielle Pole-Runde. Dann sah er allerdings, dass Hamilton seinen ersten Q3-Run auf gebrauchten Options fuhr und warf sein Vorhaben über Bord.

"Er hatte entschieden, gebrauchte Reifen zu fahren, um dann neue für das Rennen zu haben", erklärte Rosberg. "Dann dachte ich: Mist, wenn er jetzt neue Reifen hat fürs Rennen. Das macht so viel aus im zweiten Stint. Da habe ich mich unwohl gefühlt und gesagt, dass ich auch einen neuen Satz für das Rennen haben muss."

Ehrlich: Rosberg gibt seinen Fehler zu, Foto: Sutton
Ehrlich: Rosberg gibt seinen Fehler zu, Foto: Sutton

4. - Trotz gleichem Ansatz im Q3: Warum bekam es Hamilton besser hin?

Im Q2 liegt laut Rosberg die Crux an der ganzen Geschichte. Hamilton schonte seinen frischen Option-Satz im zweiten Qualifying-Abschnitt nicht, sondern pushte und legte eine Pole reife Zeit hin. Rosberg hingegen ließ es langsam angehen, um seine Reifen für das Rennen zu schonen.

Damit wollte er sich einen Reifen-Vorteil gegenüber Hamilton verschaffen - im falschen Glauben, dass Hamilton im Q3 zwei frische Reifensätze benutzt. "Der Fehler war, dass ich mir nicht bewusst war, dass es eine Option ist, im Q3 erst gebrauchte, und dann neue Reifen zu fahren", räumte Rosberg ein. "Und dass der gebrauchte so Kacke ist, wusste ich auch nicht..." Hamiltons Kommentar: "Ich habe meinen Rhythmus schon vor langer Zeit gefunden, weißt du, in den Runden davor und auch im Qualifying."

5. - Warum eigentlich so viel Reifen-Poker?

Weil die weichere Mischung in Bahrain bis zu zwei Sekunden schneller ist als der Medium-Reifen. Ziel muss es am Sonntag sein, so viele Runde wie möglich auf den Softs zu fahren - der Vorteil ist einfach riesengroß. Deshalb ging es für die Top-Teams darum, im Qualifying möglichst sparsam mit den Options umzugehen. Hamilton und Rosberg fuhren zweimal im Q1 (Prime/Option), einmal im Q2 (Option) und zweimal im Q3 (gebrauchte Option/Option). Damit sparten sie effektiv einen Satz neuer Option-Reifen für das Rennen.

4:0 im Mercedes-Duell für Hamilton, Foto: Sutton
4:0 im Mercedes-Duell für Hamilton, Foto: Sutton

6. - Wie sah Rosbergs idealer Plan aus?

Rosberg ging es sehr strategisch an. Weil Hamilton seinen Option-Satz im Q2 stark beanspruchte, erkannte Rosberg hier seine Chance. Schließlich starten beide Silberpfeile mit dem Reifensatz aus dem Q2 ins Rennen. Im Idealfall hätte Rosberg für den 1. Stint also etwas frischere Reifen gehabt als sein Teamkollege. Damit hätte er notfalls besser taktieren können, wenn es letztendlich nicht zur Pole gereicht hätte. Mit frischeren Reifen hätte er Hamilton im 1. Stint zum früheren Boxenstopp zwingen und ihm so seine eigene Rennstrategie aufdrücken können.

7. - Also hätte Rosberg wegen der Taktik auf die Pole verzichtet?

Ja, das hätte er laut eigenen Worten. Zumindest theoretisch, wenn es auf der Strecke nicht gereicht hätte. Rosberg sagte: "Mit Lewis wäre ich den Kompromiss eingegangen und hätte gesagt: Okay, er steht vorn. Aber ich habe den besseren Satz Reifen. Das wäre akzeptabel gewesen als Kompromiss. Aber dass Vettel vor mir steht, hat mich wirklich gekostet. Das ist nicht gut."

Rosbergs Kompromiss war einfach zu groß. "Rückblickend muss ich sagen, dass ich zwei neue Reifensätze im Q3 hätte fahren sollen. Aber danach ist es immer einfach, so etwas zu sagen", gab Rosberg ehrlich zu. Er war so sehr auf den Reifen-Vorteil im Rennen bedacht, dass er Vettels Pace ignorierte und damit die Möglichkeit, nicht automatisch in die erste Startreihe zu fahren. Doch genauso kam es.

Rosberg äußerte sich sehr ausführlich zu den Geschehnissen, Foto: Sutton
Rosberg äußerte sich sehr ausführlich zu den Geschehnissen, Foto: Sutton

8. - Denkt Rosberg manchmal vielleicht zu viel nach?

Genau diese Frage stellte ihm Motorsport-Magazin.com am Samstagabend in Bahrain. Rosberg antwortete: "Heute habe ich versucht, es zu gut zu machen, ja. Es ist nach hinten losgegangen." Angesichts der neuen Ferrari-Stärke stellt sich natürlich auch die Frage, ob Rosberg nicht zu sehr auf Hamilton fixiert ist und damit riskiert, von Vettel oder Kimi Räikkönen geschnappt zu werden. Rosberg verneinte: "Ich habe mich überhaupt nicht auf ihn fokussiert. Nur meine Endentscheidung hing von ihm ab - ich fahre ja gegen ihn."