Nihao, Shanghai! Nach der Ankunft in Asien mit dem Wochenende in Malaysia geht es nun ins Reich der Mitte nach China. Ihre innere Mitte würden vermutlich auch gerne die Mitarbeiter bei Red Bull finden, doch geben die bisherigen Leistungen anno 2015 wenig Gelegenheit dazu. Nach dem vermasselten Auftakt in Australien wurde das viermalige Weltmeister-Team sogar vom Junior-Team Toro Rosso gebügelt. Alarmstufe rot in Milton Keynes. Plötzlich erkannte man, dass nicht nur Renault an der Misere Schuld hat, sondern auch eigene Fehler fabriziert wurden.

In Malaysia musste Red Bull sogar Toro Rosso passieren lassen, Foto: Sutton
In Malaysia musste Red Bull sogar Toro Rosso passieren lassen, Foto: Sutton

In Shanghai wartet nun ein anderes Wochenende auf die Fahrer, sowohl kulturell als auch was die Strecke betrifft. Kennzeichen des Shanghai International Circuit ist die längste Gerade im Kalender. Daniel Ricciardo findet sogar, dass die Zeit reichen würde, um eine Büchse seines Arbeitgebers zu trinken. "Ich habe von einigen Fahrern gehört, dass es langweilig wäre. Ha! Wenn sie denken, es wäre mit einem Formel-1-Auto langweilig, sollten sie mal mit der Formel BMW hierher kommen", scherzte der Australier.

"Ich bin hier als Kind gefahren, und glaubt mir, es war die Sorte von Gerade, wo ich mir ein Buch gegriffen hätte, wenn ich eines gehabt hätte", erinnerte sich Ricciardo. Neben der langen Geraden ist auch die als "Schneckenkurve" bekannte Kombination zu Beginn der Runde ein Markenzeichen der Strecke. "Die Kurven eins, zwei und drei sind alle sehr lang und technisch. Ich glaube nicht, dass es eine ähnliche Kurve im Kalender gibt. Und sie ist sehr, sehr aggressiv zu den Vorderreifen", erklärte Ricciardo.

Enormer Reifenverschleiß

Apropos Reifen: der Reifenverschleiß ist auf der gesamten Strecke ein großes Thema. Die weichen Reifen hielten in der Vergangenheit oft nur wenige Runden. Für Ricciardo ist das kein Problem - im Gegenteil. "Es ist wirklich extrem. Aber ich bevorzuge es dennoch gegenüber einem Reifen, der drei Runden braucht, bis er auf Temperatur ist", sagte er. "Dass der Reifen so schnell da ist, ist fantastisch. Im Qualifying fährt man die Aufwärmrunde wie die eigene Großmutter, um den Reifen nicht schon zu killen, bevor die fliegende Runde beginnt", schilderte Ricciardo.

Während Ricciardo bereits über größere Erfahrungen in China verfügt, steht für seinen Teamkollegen Daniil Kvyat das zweite Wochenende in Shanghai an. Dennoch kennt er die Strecke noch bestens aus dem letzten Jahr. "Die Runde startet mit einem großen Test, aber das Wichtigste ist, einen guten Rhythmus hindurch zu finden", beschreibt Kvyat die erste Kurve.

"Die lange Gerade ist schön und die harte Bremszone am Ende ist interessant. Es ist ein wirklich schöner Kurs, weit offen, man kann die ganze Zeit hart pushen. Ich hatte ein gutes Rennen letztes Jahr und konnte einen Punkt mitnehmen. Daher bin ich froh, zurückzukommen", erinnerte sich Kvyat an seine zehnten Platz 2014.

Besonders fasziniert war Kvyat im letzten Jahr von der Stadt Shanghai. "Wir hatten die Möglichkeit, ein wenig Sightseeing zu betreiben. Es ist eine beeindruckende Stadt. Es ist ein interessanter Ort, aber so unfassbar gewaltig. Man fährt auf dem Weg ins Zentrum durch all diese Städte, di dazu gehören. Sie sind einfach gewaltig", schilderte Kvyat seine Eindrücke.

Red Bull: Shanghai Bilanz

Red Bull in Shanghai: Die Lieblingsstrecke von Red Bull Racing ist der Shanghai International Circuit sicherlich nicht. Sebastian Vettel raste 2009 zum bisher einzigen Erfolg für den Weltmeister-Rennstall - mehr Siege gab es für die einstigen Überflieger in China nicht. Selbst im Über-Auto von 2011 erreichte der späteren Champion Vettel nur den zweiten Rang. Mark Webber sorgte mit den Plätzen zwei (2009) und drei (2011) für zwei weitere Podiumsplatzierungen.

Daniel Ricciardo in Shanghai: Der Australier feierte 2011 im Freitagstraining sein China-Debüt und durfte 2012 erstmals unter Wettkampfbedingungen ins Cockpit steigen. Der Erfolg hielt sich jedoch in Grenzen, denn Ricciardo konnte vom 17. Startplatz keine Verbesserung erzielen. Deutlich besser lief es für den Strahlemann in den Jahren darauf: 2013 wurde Ricciardo Siebter, im Vorjahr überquerte er als Vierter die Ziellinie.

Daniil Kvyat in Shanghai: Der junge Russe startete im Vorjahr zum ersten Mal in China und nahm als Zehnter prompt einen Punkt mit.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: In den Trainingssitzungen in Malaysia wirkte Red Bull erstarkt, das Qualifying war in der entscheidenden Phase jedoch verregnet. Somit lieferte das Rennen einen Aufschluss über die wahre Stärke des Autos. Und die war ernüchternd. Beide Piloten wurden von Sebastian Vettel überrundet, auch das Schwesterteam Toro Rosso lag mit beiden Autos vor Red Bull. Die Aerodynamik ist aktuell nur Durchschnitt, sehnsüchtig wartet man auf die neue Nase. Vorerst jedoch muss man kleinere Brötchen backen. Das Ziel muss lauten, zumindest die vierte Kraft in China zu sein. Das wird schwer genug.(Chris Lugert)