Lotus ist 2015 auf der Überholspur - zumindest nach den Wintertestfahrten. Im Vorjahr holte die Mannschaft lediglich zehn Punkte, an Podestplatzierungen oder gar Siege war nicht im Traum zu denken. Während der ersten Testphase in Barcelona ließ Lotus mit dem E23 aber aufhorchen. Drei Tagesbestzeiten durch Pastor Maldonado und Romain Grosjean waren ein erster Fingerzeig für die Konkurrenz.

"Das Auto ist wirklich besser", erklärte nun auch Nick Chester, der Technische Direktor des Teams. "Sowohl die neue Power Unit als auch das verbesserte Chassis sind ein Schritt nach vorne." Die beiden Piloten hätten nun ein stabileres Auto zur Verfügung, dass es einfacher machen würde, ans Limit zu gehen und das zudem vorhersehbarer wäre. Diese verbesserte Stabilität gewinnt Lotus auch durch das Brake-by-Wire-System - eine der großen Baustellen 2014. "Wir hatten am Anfang des Jahres große Probleme, aber durch das Jahr wurde es besser, weil wir das System entwickelt haben", erklärte Chester. Die Reaktionsfähigkeit des Systems wurde bereits 2014 stetig besser, durch die neue Mercedes-Power-Unit gelang Lotus nochmals ein Sprung. "Die Mercedes-Power-Unit ist recht gut und hat uns geholfen, in diesem Bereich nochmals einen Fortschritt zu erzielen."

Die Rückfläche des Chassis musste an den neuen Motor angepasst werden, Foto: Sutton
Die Rückfläche des Chassis musste an den neuen Motor angepasst werden, Foto: Sutton

Insgesamt war der Schritt von Renault zu Mercedes ein klare Verbesserung für das Team. Die neue Power Unit bringt laut Chester sehr viel Performance und die gute Installation hätte weitere Vorteile gebracht. "Sie ist extrem zuverlässig. Wir haben die gesamten Testfahrten nur mit einer Power Unit bestritten", verriet der Technische Direktor.

Der neue Power-Unit-Hersteller hielt aber große Herausforderungen für Lotus bereit. Die Rückfläche des Chassis musste stark verändert werden, um den neuen Antriebsstrang richtig einpassen zu können. Der zweite große Posten hieß Kühlungs-Layout. In diesem Bereich hat sich Lotus für etwas bauchigere Airboxen im Vergleich zur Konkurrenz entschieden. "Unsere Lösung ist, dass wir verschiedene Öffnungen gemacht haben, um den Kühler mit Luft zu versorgen", schilderte der Technische Direktor gegenüber Motorsport-Magazin.com. Andere Teams hätten sich hingegen für größere Öffnungen am Überrollbügel entschieden. Für Lotus stand von Beginn der Testfahrten an im Fokus, keine Risiken einzugehen. "Wir waren bezüglich der Kühlung eher konservativ, in allen anderen Bereichen sind wir hingegen ans Limit gegangen", erklärte Chester.

Lotus will 2015 wieder vorne angreifen, Foto: Sutton
Lotus will 2015 wieder vorne angreifen, Foto: Sutton

Williams das Ziel

Eine konservative Herangehensweise in Sachen Zielsetzung gibt es allerdings nicht. Nach einem schwierigen Jahr möchte sich Lotus wieder an der Spitze etablieren. Als ausgewiesenen Gegner hat die Mannschaft Williams im Visier. "Sie sind im Moment wohl noch etwas vor uns", gab Chester aber ehrlich zu. Mit einigen Weiterentwicklungen, die im Laufe der ersten Rennen kommen sollen, möchte Lotus diese Lücke schließen. Gleichzeitig warte Chester davor, dass Williams bereits über ein Jahr Erfahrung mit der Mercedes-Power-Unit verfügt, während Lotus sich erst in alle Details einfinden muss.

Seit dem Beginn der Testfahrten gab es bei Lotus lediglich kleine Updates, weitere sollen für den Saisonauftakt in Melbourne folgen. Das aktuelle Auto der Testfahrten ist aber bereits sehr nahe an der finalen Version für den Australien GP. "Diese kleinen Updates sollten ein bisschen helfen, aber die größeren Updates sind dann von Rennen zu Rennen geplant", verriet der Technische Direktor.

Wie die weiteren Schritte konkret aussehen, vermochte Chester noch nicht zu prognostizieren. "Es gibt Teile, bei denen keine Risiken bestehen, die aber einen klaren Performance-Vorteil bringen", so Chester. Diese seien einfach am Auto anzubringen und ohne große Vorlaufzeit einzusetzen. Andere Teile wird das Team erst in verschiedenen Freitagstrainings einem Testlauf unterziehen, um in den Rennen keine Risiken einzugehen.

Trotz noch ausstehender Updates ist die Grundstimmung bei Lotus mit dem Vorjahr aber nicht zu vergleichen. Allem voran die Zuverlässigkeit stimmt positiv. "Wir sind an einem Tag 140 Runden ohne Probleme gefahren", freute sich Chester.