Wer fuhr die meisten Runden?

In Barcelona II brannten die Teams ein Rundenfeuerwerk ab, das sich sehen lassen konnte. Die Kilometer-Bilanz fiel deutlich üppiger aus, als bei den beiden vorangegangenen Testfahrten in Jerez und Barcelona I. An zwei Tagen durchbrachen die Rennställe sogar die 1000-Runden-Marke. Immerhin standen bei fast allen Teams komplette Rennsimulationen auf dem Programm.

Mit Abstand am fleißigsten war Sauber. Marcus Ericsson und Felipe Nasr legten insgesamt 545 Runden zurück. Dahinter lieferten sich Ferrari und Toro Rosso einen engen Kampf um Platz zwei in der Kilometer-Wertung, den die 'echte' Scuderia mit 487:442 Runden für sich entschied. Im Mittelfeld landeten Williams, Mercedes, Lotus, Force India und Red Bull nahezu gleichwertig. Die Silberpfeile überraschten diesmal mit vergleichsweise weniger Kilometern. Das Ende der Bilanz bleibt jedoch in fester Hand. McLaren-Honda kämpfte erneut mit kolossalen Problemen und schaffte nur 177 Runden. Immerhin gelang es Jenson Button am Freitag erstmals mehr als 100 Runden im MP4-30 zurückzulegen.

Wieso war die Konkurrenz so beeindruckt von Rosbergs Zeit?

Als Nico Rosberg am Freitag die Soft-Reifen an den Silberpfeil schrauben ließ, folgte sofort eine Demonstration der Übermacht Mercedes'. Mit einer 1:22.792 Minuten fuhr Rosberg die überlegene Gesamtbestzeit aller acht Tage in Barcelona. Als Lewis Hamilton die Fabelzeit einen Tag später bestätigte und - auch auf Softs - eine 1:23.022 auf dem Zeitenmonitor aufblitzen ließ, erblasste die gesammelte Konkurrenz endgültig.

Mercedes überragte alles, Foto: Sutton
Mercedes überragte alles, Foto: Sutton

Williams sprach nur noch von einem interessanten Kampf um Platz zwei hinter Mercedes, Ferrari folgte dieser Einschätzung auf dem Fuß. Aber warum? Immerhin waren Felipe Massa und Kimi Räikkönen am Samstag doch bis auf eine halbe Sekunde an die Rosberg-Runde herangekommen ... Weil sie dazu die Supersofts aufziehen mussten! Pirelli beziffert deren Zeitvorteil in Barcelona auf rund drei Zehntel. Absolut liegt Mercedes also gar acht Zehntel vor Williams und Ferrari, die mit Red Bull als schärfste Verfolger gehandelt werden - ähnliche Spritmengen einmal vorausgesetzt.

Das tatsächliche Kräfteverhältnis wird sich uns erst in Melbourne erschließen. Bis dahin gilt dennoch offensichtlich: Mercedes liegt vorne, es fragt sich nur, wie weit.

Wieso haderten die Mercedes-Piloten trotzdem mit dem Silberpfeil?

Obwohl Nico Rosberg und Lewis Hamilton beide mit blendenden Bestzeiten und bärenstarken Long Runs beeindruckten, äußerte sich das Fahrer-Duo kritisch über den Silberpfeil. Nachdem Lewis Hamilton am Donnerstag von seinem neuen Arbeitsgerät noch begeistert war, sah es für Nico Rosberg am folgenden Tag schon ganz anders aus. "Obwohl die Zahlen während der frühen Runs den Eindruck vermittelten, dass wir mit dem Setup richtig liegen, waren wir eigentlich ziemlich weit entfernt von dem, wo wir sein sollten", klagte Rosberg. Vor allem das Heck des W06 F1 bereitete dem Vize-Champion Probleme: "Ich hatte viel Übersteuern im Auto. Deshalb war das Heck unruhig und hatte keine Traktion"

Hamilton und Rosberg kämpften mit dem Silberpfeil, Foto: Sutton
Hamilton und Rosberg kämpften mit dem Silberpfeil, Foto: Sutton

Als Hamilton am Samstag ins Cockpit zurückkehrte, erging es auch dem Weltmeister plötzlich genauso wie seinem Teamkollegen. "Mit einem Mal fühlte sich das Auto schlechter an als an meinem ersten Tag. Wir nahmen Veränderungen vor, um zu verstehen, ob etwas mit der Strecke passiert ist oder mit den Reifen", beschrieb Hamilton die Situation. Auch einen Grund machte der Brite aus: "Die Strecke war heute wahrscheinlich mindestens eine halbe Sekunde, wenn nicht sieben Zehntel langsamer als am ersten Tag", sagte Hamilton.

Wie schlug sich Ferrari?

Für Ferrari verlief der zweite Test in Barcelona nicht ganz ohne Probleme. Größere Zwischenfälle blieben der Scuderia jedoch erspart, sodass sich Ferrari im oberen Bereich der Kilometertabelle einordnete. Sowohl Vettel als auch Räikkönen fuhren alleine am Freitag bzw. Samstag jeweils zwei Renndistanzen, Vettel wiederholte das Kunststück am Sonntag beinahe noch einmal. Die Speed des SF15-T sah ebenfalls vielversprechend aus. Auf der superweichen Mischung fuhr Räikkönen am Samstagmittag auf einem Niveau mit Williams. Am Nachmittag betraute Ferrari den Finnen mit der Aufgabe, die erste vollständige Rennsimulation des Jahres für die Scuderia abzuspulen.

Der Iceman knallte 136 Runden auf den Asphalt, Foto: Ferrari
Der Iceman knallte 136 Runden auf den Asphalt, Foto: Ferrari

Das Vorhaben gelang auf Anhieb, alles lief wie erwartet. "Es ist nichts Dramatisches passiert, aber es ist auch nichts unglaublich Gutes passiert", sagte Teamchef Maurizio Arrivabene. "Wir sind zufrieden, dass wir die erste Rennsimulation für diesen Winter geschafft haben, und das gleich im ersten Versuch", sagte Technikchef James Allison. Räikkönen ergänzt: "Insgesamt war es kein schlechter Test, weil wir heute eine Renndistanz geschafft haben." Ferrari scheint für den Kampf um Platz zwei hinter Mercedes gut aufgestellt. Mehr sei wohl nicht drin, wie Sebastian Vettel zugab - Rosbergs Soft-Runde bezeichnete Vettel als "Hammer-Zeit".

Wie machte sich Force India mit dem VJM08?

Mit einem Tag Verspätung startete Force India die zweiten Testfahrten in Barcelona. Am Freitagmittag rollte der neue VJM08 schließlich zum ersten Mal aus der Boxengasse. Nico Hülkenberg gelangen bei der Jungfernfahrt auf Anhieb 77 Runden, was mehr als einer Renndistanz entspricht. Am Tag darauf umrundete Hülkenberg den Circuit de Catalunya sogar 158-mal - so viele Umläufe an nur einem Tag schaffte bei den Wintertestfahrten sonst nur Felipe Nasr. Auch Sergio Perez leistete am Sonntag gute Arbeit. Der Mexikaner kam auf stolze 130 Runden. Der VJM08 bereitete auch am dritten Tag in Folge keine Probleme.

Hülkenberg bei der Jungfernfahrt des VJM08, Foto: Sutton
Hülkenberg bei der Jungfernfahrt des VJM08, Foto: Sutton

Bei den Rundenzeiten performte das britisch-indische Team zwar nicht wirklich überzeugend, dennoch zog der Rennstall ein positives Fazit. "Es ist schon eine Überraschung, für das Team und auch für mich. Es ist sehr gut, dass wir hier hergekommen sind und alles einfach so aus dem Ärmel geschüttelt haben. Das ist genau das, was wir gebraucht haben", sagte Hülkenberg.

Warum kam Kevin Magnussen zu einem Testeinsatz?

Kevin Magnussen testete am Samstag, Foto: Sutton
Kevin Magnussen testete am Samstag, Foto: Sutton

Nach einem Jahr als Einsatzfahrer bei McLaren, bekleidet Kevin Magnussen 2015 eine neue Rolle. Der Däne bleibt McLaren als Reservefahrer treu. In dieser neuen Funktion wurde Magnussen bei den Abschlusstestfahrten ein erstes Mal aktiv. Am Samstag kletterte Magnussen in das Cockpit des MP4-30. Gefordert war der 22-Jährige wegen des Unfalls von Fernando Alonso am vorangegangen Sonntag. Die Ärzte hatten dem Spanier einen Genesungsurlaub nahegelegt. Dass Jenson Button nicht einfach alle vier Tage das Lenkrad übernahm, hing ebenfalls mit den möglichen Nachwirkungen des Alonso-Unfalls zusammen.

Zwar gilt es als unwahrscheinlich, dass Alonso auch in Melbourne noch pausieren muss, doch wollte McLaren sichergehen, dass Ersatzmann Magnussen für den Fall der Fälle gewappnet wäre. "Kevin fährt hier, weil wir nicht wollten, dass er das Auto womöglich das erste Mal in Australien fährt", erklärte Ron Dennis. Magnussens Eindruck nach seinem Testtag bestätigte schließlich seinen Chef. "Es fühlt sich wie ein komplett anderes Auto an. Es fühlt sich nicht an, als wäre es mit dem Vorgänger verwandt, es ist keine Evolution des letztjährigen Autos, es ist komplett anders", sagte Magnussen. Dennoch könne er Alonso wohl kaum perfekt vertreten, dazu fehle ihm aktuell die tagtägliche Praxis mit einem eigenen eingespielten Ingenieursteam.

Williams leistete sich drei frühe Feierabende, Foto: Sutton
Williams leistete sich drei frühe Feierabende, Foto: Sutton

Wieso machte Williams mehrfach frühzeitig Feierabend?

Während andere Teams ihre Testtage wegen Defekten und Unfällen vorzeitig beenden musste, legte Williams die Arbeit von Freitag bis Sonntag freiwillig nieder. Und das immer früher. Am Freitag endete das Tagesprogramm eine halbe Stunde vor Sessionende, am Samstag war es eine, am Sonntag sogar eineinhalb Stunden vor der karierten Flagge. Wie es dazu kam? Williams hatte sein Pensum ganz einfach schon erfüllt. "Wir hatten einen guten Tag mit mehr als 100 Runden. Wir haben unser Programm in einer guten Zeit abgespult. Das Auto ist über alle drei Tests hinweg sehr zuverlässig geblieben", erklärte Felipe Massa am Samstag. Zustände, von denen manch anderes Team nicht einmal zu träumen wagt.

Wer sind nach dem finalen Test die Favoriten für den Saisonauftakt?

Die Antwort ist ganz klar: Mercedes! Der Sieg in Melbourne läuft nur über die Silberpfeile. Nico Rosberg schockte die Konkurrenz am Freitag mit einer Fabelrunde, Lewis Hamilton war mit den weichen Reifen ebenfalls schneller als die Verfolger auf Supersoft. Auch die Long Runs von Mercedes waren beeindruckend. Bekommt Mercedes auch das zeitweilig anfällige Handling noch in den Griff, ist gegen die Silberpfeile kein Kraut gewachsen.

Die Konkurrenz hat sich ihrem Schicksal bereits ergeben - zu groß war der Rückstand bereits im vergangenen Jahr. "Sie müssten schon ordentlich danebengreifen, wenn sie den Vorsprung aus dem letzten Jahr nicht mitnehmen können", sagte Sebastian Vettel. Auch Valtteri Bottas zeigte sich beeindruckt von Rosbergs Runde. "Die Runde war wirklich schnell. Im Moment sind sie sicherlich vorne." Jenson Button gibt sich ebenfalls keinerlei Illusionen hin: "Es sieht so aus, als wäre Mercedes bei den Longruns Meilen vor den anderen", sagte der McLaren-Pilot.

Nur am Freitag lief der McLaren rund, Foto: Sutton
Nur am Freitag lief der McLaren rund, Foto: Sutton

Wie liefen die Testfahrten für McLaren?

Erneut gar nicht gut. 7 - 101 - 39 - 30. Diese vier Ziffern sagen eigentlich schon genug. Denn das sind die Rundenzahlen, die McLaren von Donnerstag bis Sonntag zurückgelegt hat. Insgesamt brachte es das Team damit auf gerade einmal 177 Runden respektable 824 Kilometer. Das zweitschlechteste Team in dieser Wertung - Red Bull - kam auf mehr als doppelt so viel. Das fleißigste - Sauber - auf die dreifache Rundenzahl.

Betretene Mimen bei McLaren, Foto: Sutton
Betretene Mimen bei McLaren, Foto: Sutton

Wie es dazu kam? Zunächst durch ein Hydraulik-Leck am Boliden von Jenson Button, welches das Team am Donnerstag nach sieben Runden zu einem Motorenwechsel und der vorzeitigen Aufgabe zwang. Dann durch ein Öl-Leck am Samstag, das die Aktivitäten nach 39 Runden beendete. Am abschließenden Sonntag gelang es McLaren nicht einmal am Vormittag aus der Box zukommen. Wieder wurde am Motor gearbeitet. Ein Sensorenproblem. Auch der Nachmittag lief nicht ideal. Button schaffte nur 30 Runden.

Doch wo Schatten, da auch Licht. Im Fall von McLaren allerdings nur ein ganz kleines. So gelang es dem Team zumindest am Freitag mit 101 Runden erstmals einen wirklich zufriedenstellenden Tag hinter sich zu bringen.

Wuuusch! Wie ein Blitz fegte der Red Bull nicht gerade durch Barcelona, Foto: Sutton
Wuuusch! Wie ein Blitz fegte der Red Bull nicht gerade durch Barcelona, Foto: Sutton

Wieso war Red Bull so langsam?

Im Zeitentableau war Red Bull bei den zweiten Testfahrten in Barcelona maximal auf Platz vier zu finden. Den vorletzten Testtag beendete Daniel Ricciardo gar als Letzter. Doch der Australier hatte eine Erklärung parat. "Ich denke, die meisten anderen waren auf weich oder superweich unterwegs, haben also Performance-Runs gemacht." Red Bull habe dies nicht getan und konzentriere sich auf sich selbst und auf Longruns.

Bei einigen Ausfahrten über zwölf bis 15 Runden hätten seine Rundenzeiten nur um etwa eine Sekunde geschwankt, was ziemlich gut sei. Auch in puncto Zuverlässigkeit sehe es bereits gut aus und es gelte nur noch, einige Dinge zu verfeinern. "Es ist klar, dass Mercedes stark ist, aber beim Rest gibt es noch Fragezeichen", sagte Ricciardo. "Ich denke, wir sind in der nächsten Gruppe mit Williams und Ferrari. Wir werden sehen, wie es in Melbourne ist."