Der Große Preis von Malaysia 2013: die Boxencrew von Red Bull pulverisierte gleich fünfmal in Folge den bestehenden Weltrekord für Boxenstopps. Mit 2,05 Sekunden wurde Mark Webber schneller abgefertigt als jemals zuvor ein F1-Pilot. Ein schneller Boxenstopp kann in der heutigen Formel 1 über Sieg und Niederlage entscheiden - das weiß Williams aus eigener Erfahrung. Stichwort Österreich GP 2014.

Kein Wunder also, dass Williams die Testfahrten in Barcelona dazu nutzte, um ausgiebig Boxenstopps zu üben. "Es könnte schon beim ersten Rennen passieren, dass man die falschen Reifen aufzieht, dass der falsche Fahrer zuerst an die Box kommt oder dass man zwei Fahrer direkt hintereinander abfertigen muss. Es kann rennentscheidend sein, dass man solche Situationen richtig und schnell meistert", weiß Rod Nelson. Jeder Handgriff muss sitzen. Umso wichtiger ist es, mit neuen Leuten im Team den Prozess immer wieder durchzuspielen.

"Wie beim Auto geht man auch bei den Boxenstopps jeden Bereich durch. Man muss wissen, was zu tun ist, wenn der Motor ausgeht, wenn das passiert oder jenes", erklärte Nelson. Statt einen Stopp nach dem anderen zu absolvieren und zu versuchen jedes Mal schneller zu werden, übt Williams bei jedem Boxenstopp andere Dinge. Mal wird während des Boxenstopps das Lenkrad ausgetauscht, mal der Frontflügel verstellt. "Danach analysiert man die Vorgänge und versucht herauszufinden, was passt und was man besser machen kann. Das Endergebnis ist schließlich, dass man schnellere Boxenstopps absolviert als die Konkurrenz", verrät Nelson.

Kein Vergleich zu früher

Die Boxenstopps in der heutigen Zeit lassen sich nicht mit jenen aus der Zeit vergleichen als die Autos noch betankt wurden. "Als wir bei den Boxenstopps noch die Autos aufgetankt haben, haben diese ca. 4,5 Sekunden gedauert. Die meiste Zeit nahm das Betanken in Anspruch, weshalb die Mechaniker womöglich ein bisschen fauler an die Sache herangegangen sind", erzählte Nelson. Mit dem Nachtankverbot Ende 2009 ist der Druck auf die Boxencrew immens gestiegen.

Immerhin hängt die Länge des Boxenaufenthaltes jetzt allein davon ab, wie schnell die Mechaniker frische Reifen aufziehen. "Plötzlich ist ihnen klar geworden: 'Shit, das ist jetzt der kritische Part. Hier entscheidet sich die Rennposition.' Das hat die Mechaniker aufgeweckt", sagte Nelson. "Früher sind die Jungs zwei bis drei Mal in der Woche im Pub auf ein Bierchen gegangen, heute sind sie stattdessen im Fitnessraum und trainieren."

Schnelligkeit vs. Fehler

Doch unter Zeitdruck passieren Fehler wie 2013 während des GP von Deutschland auf dem Nürburgring. Bei Mark Webbers erstem Boxenstopp in Runde neun trat ein Problem mit dem Hinterrad auf, welches nicht korrekt montiert worden war. Webber verlor den Reifen bereits nach wenigen Metern, der herrenlose Reifen rollte durch die Boxengasse, traf einen Kameramann mit voller Wucht und schleuderte ihn zu Boden. Der Kameramann brach sich bei dem tragischen Unfall zwei Rippen sowie das Schlüsselbein. Damals warnte Martin Whitmarsh vor Selbstgefälligkeit: "Diejenigen unter uns, die die Zeit ohne Tempolimits miterlebten, konnten die Gefahr riechen. Wir sind alle ein bisschen zu selbstgefällig geworden."