1. Wieso ist der Brasilien-Doppelsieg so besonders für Mercedes?

Mercedes hat in Sao Paulo Geschichte geschrieben. Die Mannschaft holte 2014 den elften Doppelsieg der Saison - das gelang noch keinen anderen Team in der Geschichte der Formel 1. Bisher hielt McLaren den Rekord. Im Jahr 1988 dominierte das Duo Ayrton Senna und Alain Prost schier nach Belieben. Sie holten zehn Doppelsiege aus 16 Rennen. Seither kam Ferrari dem Rekord am nächsten. Michael Schumacher und Rubens Barrichello fuhren 2002 und 2004 neun, respektive acht Doppelsiege ein.

Das ist aber alles Makulatur, denn Mercedes ist nun alleiniger Spitzenreiter und kann die ohnehin bereits perfekte Saison mit einem weiteren Doppelsieg in Abu Dhabi sogar noch steigern. "Elf Doppelsiege, 15 Siege und 30 Podestplätze in einer Saison machen mich unglaublich stolz auf meine Kollegen und was wir gemeinsam erreicht haben", strahlte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff nach dem Rennen in Brasilien.

2. Wie sieht es in der Weltmeisterschaft nach Brasilien aus?

Nico Rosberg hat die fünf Rennen anhaltende Siegesserie von Lewis Hamilton in Brasilien durchbrochen. Damit ist der Deutsche wieder bis auf 17 Punkte an seinen WM-Rivalen herangerückt. Geändert hat sich damit an der Ausgangslage aber nichts. Rosberg kann in Abu Dhabi - trotz 50 möglicher Punkte für einen Sieg - nicht aus eigener Kraft Weltmeister werden.

Es gibt nur zwei Möglichkeiten, wie Rosberg sich beim Saisonfinale doch den Titel schnappen kann: Hamilton hat ein Problem, oder es schiebt sich mindestens ein Konkurrent zwischen Rosberg und den Briten. Genau daran will der Deutsche nun bis Abu Dhabi arbeiten und setzt all seine Hoffnungen auf Williams. "Ich muss Felipe Massa motivieren und dafür sorgen, dass er zwischen hier und Abu Dhabi eine superentspannte Zeit hat", lachte Rosberg. "Er muss dort in herausragender Form sein und Zweiter werden."

Kostete dieser Dreher Lewis Hamilton den Sieg?, Foto: Sutton
Kostete dieser Dreher Lewis Hamilton den Sieg?, Foto: Sutton

3. Hatte Lewis Hamilton eine realistische Chance auf den Sieg?

Lewis Hamilton hing Nico Rosberg für den großen Teil des Rennens direkt im Heck, ein Vorbeikommen gab es allerdings nicht. Für Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff war der Brite aber der schnellere Fahrer auf der Strecke. "Es sah so aus, als hätte Lewis heute den besseren Speed gehabt, aber Nico war in der Lage, dem Druck bis zur Zielflagge standzuhalten", erklärte Wolff.

Die rennentscheidende Situation: Hamiltons Dreher in Runde 28. Rosberg war in der 26. Runde an die Box abgebogen, um sich neue Reifen zu holen. Als Hamilton nach der 27. Runde die Linie überquerte, betrug sein Vorsprung 22.400 Sekunden. Zu diesem Zeitpunkt machte er pro Umlauf mehr als eine Sekunde auf seinen Teamkollegen gut. Mit einer Boxenstopp-Zeit von 24.224 Sekunden hätte es also potenziell den Führungswechsel geben können - wenn auch nur hauchdünn.

Felipe Massa verpatzte gleich zwei Boxenstopps, Foto: Sutton
Felipe Massa verpatzte gleich zwei Boxenstopps, Foto: Sutton

4. Was ging bei Massa schief?

Felipe Massa stand zum fünften Mal in seiner Karriere auf dem Podest in Brasilien. Eigentlich anzunehmen, dass beim Williams-Piloten alles wie am Schnürchen lief - aber ganz im Gegenteil. Bereits kurz nach seinem ersten Boxenstopp in Runde sechs die Hiobsbotschaft: Zu schnell in der Boxengasse und damit beim nächsten Reifenwechsel eine Fünf-Sekunden-Strafe. Der Brasilianer tobte am Funk, ließ die Strafe aber über sich ergehen. Insgesamt 9,5 Sekunden verbrachte er schließlich bei seinem zweiten Stopp an der Box - Platz drei schien verloren. Nur durch einen ebenfalls verpatzten Boxenstopp seines Teamkollegen Valtteri Bottas bleib Massa auf Platz drei.

Damit hatte der Williams-Mann sein Glück bei den Boxenstopps aber noch nicht voll ausgeschöpft und legte nach. Als er zu seinem dritten und letzten Reifenwechsel abbog, tat er das eine Box zu früh - bei McLaren. Die Mechaniker der Chrompfeile machten aber Platz und so konnte Massa schnell zu seiner eigenen Crew weiterfahren. "Beim zweiten Stopp blieb ich an der falschen Box stehen. Normalerweise sind wir nicht direkt neben McLaren und im Licht wirkte die Farbe ihrer Overalls wie die unsere und das hat mich überrumpelt", erklärte Massa seinen Fehler.

5. Was ging bei Räikkönens Boxenstopp daneben?

Für Kimi Räikkönen lief in Brasilien nicht alles nach Plan. Bei seinem zweiten Stopp rutschte der Ferrari des Finnen vom Wagenheber und knallte mit der Nase auf den Asphalt. Schäden am Boliden blieben glücklicherweise aus, auch wenn ein Mechaniker den Ferrari an den empfindlichen Querlenkern anheben wollte. "Bei meinem zweiten Stopp habe ich viel Zeit verloren", analysierte Räikkönen. "Das hat mich ein paar Positionen gekostet." Die Standzeit des Finnen betrug 27.934 Sekunden. Er bog als zu diesem Zeitpunkt Dritter zum Reifenwechsel ab und lag nach dem Stopp auf Position 13.

Die Reifen hatten in Brasilien ein hartes Wochenende, Foto: Sutton
Die Reifen hatten in Brasilien ein hartes Wochenende, Foto: Sutton

6. Welche Probleme gab es mit den Reifen?

Blasenbildung, Graining und viele Boxenstopps. Das ist die Bilanz des Brasilien GP 2014. Insgesamt 52 Mal holten sich die Piloten neue Reifen. Der Grund: Pirelli hatte für das Rennen die weiche und die Medium-Reifenmischung mitgebracht. Zunächst plante der italienische Reifenlieferant mit den Medium- und den harten Reifen, nach Beschwerden von Fahrern wie Felipe Massa, diese Wahl sei zu konservativ, wurde aber nochmals umdisponiert. Zu diesem Zeitpunkt ging man davon aus, dass es in Interlagos regnerisch, kalt und windig sein würde.

Stattdessen strafte der Himmel über der Rennstrecke alle Lügen. Bis zu 58 Grad Asphalt-Temperatur wurden erreicht und der weiche Reifen ging schnell in die Knie. "Die Luft- und Streckentemperaturen waren sicherlich höher, als jeder erwartete, was zu einem gewissen Grad zu Blasenbildung und Graining führte", erklärte Paul Hembery. "Das war besonders am Start des Rennens mit viel Benzin, weichen Reifen und den heißesten Temperaturen der Fall." Tatsächlich bogen die ersten Piloten bereits in Runde sechs zum Stopp ab. Sobald die Autos aber leichter und die Temperaturen niedriger wurden, nahm auch der Reifenverschleiß ab - sogar mehr, als viele Teams erwartet hatten.

Valtteri Bottas erwischte kein perfektes Rennen, Foto: Sutton
Valtteri Bottas erwischte kein perfektes Rennen, Foto: Sutton

7. Wieso fiel Bottas so weit zurück?

Während Felipe Massa bei seinem Heim-GP auf das Podium raste, erreichte Valterri Bottas als Zehnter das Ziel und sammelte lediglich einen WM-Zähler. "Es war ein Rennen voller verschiedener Probleme", resümierte der Finne. "Insgesamt war es einfach nicht mein Tag." Zu Beginn des Rennens hatte Bottas ein Problem mit seinem Gurt, das beim zweiten Stopp zwar gelöst werden konnte, jedoch viel Zeit kostete. Anschließend kämpfte der Williams-Pilot mit dem erhöhten Verschleiß seiner Reifen. "Die Bedingungen waren fordernd, da der Reifenverschleiß sehr hoch war", analysierte Bottas.

8. Warum schied Ricciardo aus?

Als Daniel Ricciardo in der 39. Runde um den Kurs von Interlagos schlich, vermutete er eine defekte linke Vorderradbremse. Eine Zeitlupe zeigte wenig später, dass der Australier nicht nur falsch lag, sondern auch richtig viel Glück hatte. Beim Anbremsen der ersten Kurve zerschlug es ihm bei hoher Geschwindigkeit die Radaufhängung - das hätte mit ein wenig Pech auch schlimmer ausgehen können.

"Ich fuhr an die Boxen und das Team sagte mir, es handelt sich um einen Aufhängungsschaden und wir gaben auf." Ganz unangekündigt kam der Defekt allerdings nicht. Der Australier dachte zunächst, eine Bremsscheibe wäre gebrochen. "Ich spürte beim Bremsen schon ein paar Runden zuvor ein paar Wackler", verriet er. Für Red Bull bedeutet der ungewöhnliche und durchaus gefährliche Zwischenfall zusätzliche Arbeit: "Wir müssen die Teile unter Quarantäne stellen und untersuchen, ob es in der Anfangsphase des Rennens einen Kontakt gab, um den Grund zu verstehen."

Jenson Button landete in Brasilien auf Platz vier, Foto: Sutton
Jenson Button landete in Brasilien auf Platz vier, Foto: Sutton

9. Warum war Button so weit vor Magnussen?

Während Jenson Button ein nahezu problemloses Rennen erlebte und am Ende den vierten Platz belegte, hatte Kevin Magnussen mit seinem Boliden zu kämpfen. "Das war kein gutes Rennen für mich. Ich hatte sehr viel Verschleiß, obwohl ich immer versucht habe, die Reifen zu schonen", berichtete der Däne von seinen Problemen. Schlussendlich kam er rund 20 Sekunden hinter Teamkollege Button ins Ziel und belegte die neunte Position. "Ich habe noch versucht, einige Fahrer hinter mir zu halten, aber Jungs wie Fernando [Alonso] oder Nico [Hülkenberg] waren einfach viel schneller als ich, daher war es nicht möglich."

10. Warum startete Sutil aus der Box?

Ein Wochenende zum Vergessen für Adrian Sutil. Erst musste er erfahren, dass er sein vertraglich zugesicherter Sauber-Cockpit für die nächste Saison verliert, und dann lief am Rennsonntag auch noch alles verkehrt, was verkehrt laufen konnte. Nach 70 Runden kam Sutil als Letzter ins Ziel - die Probleme begannen jedoch schon viel früher. "Ich musste aufgrund von Problemen mit der Kühlkonfiguration aus der Boxengasse starten", berichtete der Deutsche. "Als Fahrer leistet man im Qualifying gute Arbeit und muss dann das Rennen aus der letzten Position starten", war Sutil enttäuscht. "Zusätzlich gab es bei meinem ersten Boxenstopp einen Zwischenfall, der mich Zeit gekostet hat. Es ist frustrierend, aber wir haben uns Bestes gegeben. Es war ein recht ereignisloses Rennen für mich."

Die Ursache für den Start aus der Boxengasse war eine fehlerhafte Wettervorhersage. "Aufgrund dieser Prognose haben wir unsere Fahrzeuge auf kühlere Temperaturen abgestimmt. Letztlich lagen diese jedoch deutlich höher als erwartet. Das hat uns einen schwierigen Tag bereitet", erklärte Giampaolo Dall'Ara, Saubers Leitender Ingenieur.