"Alles war ich tun kann, ist dieses und nächstes Rennen gewinnen. Der erste Schritt ist getan, nun soll der nächste folgen", erklärte Nico Rosberg nach seinem Sieg in Brasilien. Vor dem alles entscheidenden Rennen in Abu Dhabi hat der Mercedes-Pilot nun 17 Punkte Rückstand auf WM-Rivale und Teamkollege Lewis Hamilton. "Ich wäre schon lieber der Gejagte, denn das würde bedeuten, dass ich mehr Punkte als er hätte."

Trotz doppelter Punkte beim Saisonfinale reicht dem Briten ein zweiter Platz hinter Rosberg, um nach 2008 seinen zweiten WM-Titel zu feiern. Für Rosberg nur schwer zu schlucken. "Leider kam dieses Sieg ein Rennen zu spät, um es noch selbst in der Hand zu haben. Es wird keine einfache Aufgabe, aber ich werde einfach mein Bestes geben", blickte der Deutsche auf Abu Dhabi voraus. "Lewis darf nicht Zweiter werden, sondern maximal Dritter."

Die einzige Chance: Schützenhilfe eines Konkurrenten. Dabei blickt Rosberg allem voran auf die beiden Williams, die durch ihren Top-Speed auf der Geraden auch für Hamilton ein harter Brocken werden könnten. Deshalb hat sich Rosberg eine ganz besondere Taktik zurechtgelegt, wie es beim Saisonfinale noch zum Titel reichen kann. "Ich muss Felipe Massa motivieren und dafür sorgen, dass er zwischen hier und Abu Dhabi eine superentspannte Zeit hat", lachte Rosberg in Hinblick auf den Williams-Piloten. "Er muss dort in herausragender Form sein und Zweiter werden."

Dieser Fehler hat Nico Rosberg gezeigt: Auch Hamilton ist nicht unfehlbar, Foto: Sutton
Dieser Fehler hat Nico Rosberg gezeigt: Auch Hamilton ist nicht unfehlbar, Foto: Sutton

Hamilton Fehler eine Genugtuung

Felipe Massa ist aber nicht die einzige Hoffnung des Deutschen im Kampf um die WM. Nach fünf Siegen von Hamilton in Folge, triumphierte nun wieder Rosberg. Dabei hatte Hamilton stetig aufgeholt, die virtuelle Führung vor dem Boxenstopp allerdings durch einen heftigen Dreher in Kurve vier wieder verschenkt. Für Rosberg ein Segen. "Er hat heute gezeigt, dass auch ihm Fehler unterlaufen", erinnerte Rosberg. "Das ist für das letzte Rennen gut zu sehen."

Zumal der heftig in der Kritik stehende Rosberg sich nun mental in der besseren Position sieht. "Vielleicht war das auch ein kleiner Dämpfer für sein Selbstbewusstsein", mutmaßte er. Schließlich sei der mentale Part ein sehr großer Teil des Sports. Trotz aller Freude über seinen Sieg, gab es auch Lob für Hamilton. Er sei ein großartiger Konkurrent und immer am Limit.

Duell auf Messers Schneide

Diesen Kampf am Limit demonstrierten die beiden Mercedes-Piloten in Brasilien auf perfekte Weise. Teilweise lagen weniger als 0,5 Sekunden zwischen den WM-Rivalen und erst Hamiltons Fehler verschaffte Rosberg ein bisschen Luft. "Ich habe mich natürlich darüber gefreut", gab Rosberg ehrlich zu. Dieser Patzer und die rund sechs Sekunden Zeitverlust Hamiltons gaben dem WM-Zweiten die Chance, selbst etwas Druck herauszunehmen, um seine Reifen zu schonen und sie bis zum Ende des Stints am Leben zu erhalten. Ein entscheidender Moment im Rennen. "Wir waren mit den Reifen die ganze Zeit am Limit, um überhaupt die Dreistopp-Strategie möglich zu machen."

Viel wichtiger als Hamiltons Fehler war für Rosberg aber, dass ihm in Brasilien kein selbiger unterlief. Nach dem Rennen in Austin und seinem Führungsverlust in Runde 24 hagelte es Kritik, er sei dem WM-Druck nicht gewachsen. Nun lieferte Rosberg den Gegenbeweis. "Ich habe mich gut gefühlt und war mir sicher, dass ich keinen Fehler machen würde - das war das Wichtigste." Rosberg blieb immer in seinem Rhythmus und ließ Hamilton nie zu nahe aufschließen - im Gegensatz zum Rennen in den USA. "Ich wusste, was ich dort nicht gutgemacht hatte und ich wusste um meine kleine Schwäche. Es freut mich, dass ich in so kurzer Zeit Fortschritte gemacht habe", sagte Rosberg. "Daher habe ich sehr viel Hoffnung für Abu Dhabi."

Die Entscheidung fällt erst in Abu Dhabi, Foto: Sutton
Die Entscheidung fällt erst in Abu Dhabi, Foto: Sutton

Nico hat dem Druck standgehalten

Für Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff zeigte sich begeistert vom engen Kampf seiner beiden Fahrer in Brasilien. Für den Österreicher war der Dreher von Hamilton in Runde 28 die wahrscheinliche Rennentscheidung, doch auch Rosberg überzeugte. "Dieser Dreher gab Nico etwas Raum zum Atmen und obwohl es schien, als hätte Lewis heute den besseren Speed gehabt, war Nico in der Lage, dem Druck von diesem Moment an bis zur Ziellinie standzuhalten", freute sich Wolff, der die Leistung beider Fahrer nicht genug loben konnte. Nun steht ein spannendes WM-Finale in Abu Dhabi an, dass laut Wolff in jedem Fall der richtige Fahrer gewinnen wird. "Völlig egal, welche Wendung dieses Rennen nicht, jeder Fahrer wäre am Ende dieser Saison ein würdiger Weltmeister."