Wie steht es um Jules Bianchi? Glaubt man aktuellen Medienberichten, dann liegt der Marussia-Pilot nach seinem schweren Unfall in Suzuka im Sterben. Die Sportwoche berichtet, dass die Ärzte in Yokkaichi nach einer Operation vergangene Woche den Eltern dazu geraten haben, die lebenserhaltenden Maschinen abzuschalten. Ob die Meldung stimmt, ist unklar.

Allerdings zeigte sich auch Universitätsprofessor Dr. Gerhard Wolf, der in der Allgemeinchirurgie des Landeskrankenhaus Graz arbeitet und seit 1997 Mitglied der Medical Commission der FIA ist, im Exklusiv-Interview mit Motorsport-Magazin.com angesichts des ersten Befunds wenig hoffnungsvoll. "Eine weitschweifige axonale Schädigung ist die medizinische Ausdrucksweise für eine sehr schwere Hirnverletzung, wo auch Hirnmasse verloren geht. Das heißt, es ist wohl auch Hirn zugrunde gegangen."

Vater meldet sich zu Wort

Jetzt meldete sich erstmals auch der Vater von Jules Bianchi zu Wort. "Die Situation ist zum Verzweifeln. Wir leben in einem Alptraum", verriet Philippe Bianchi. "Jedes Mal, wenn das Telefon klingelt, befürchten wir, dass es das Krankenhaus ist, das uns mitteilt, dass Jules gestorben ist. Erst sagten sie uns, die ersten 24 Stunden sind entscheidend, dann waren es plötzlich die ersten 72 Stunden. Und hier sind wir - Jules kämpft weiter um sein Leben."

Die Familie gibt sich trotzdem hoffnungsvoll, dass Jules den schweren Kampf gewinnt. "Das ist die wichtigste Qualifyingrunde seines Lebens und er wird sie gewinnen. Er gibt nicht auf. Davon bin ich überzeugt", stellte Philippe Bianchi klar. Die Eltern sowie die Geschwister und der beste Freund des Franzosen wachen seit Tagen an dessen Krankenbett. "Ich spreche mit Jules, denn ich weiß, dass er mich hören kann." Während Medien berichten, dass dem Marussia-Piloten nur noch ein Wunder helfen kann, erklärte seine Familie, dass es bereits ein Wunder ist, dass er den schweren Unfall überlebt hat.

"Die Ärzte haben uns mitgeteilt, dass noch keiner so einen schweren Unfall überlebt hat. Und sein Trainer Andrea ist überzeugt, dass wenn es einer schafft, dann Jules", sagte Bianchis Vater gegenüber der Gazzetta dello Sport. "Wenn es Jules etwas besser geht, können wir ihn nach Tokio überstellen. Das würde die Dinge etwas einfacher machen, aber wir wissen nicht, wann es soweit ist oder ob es jemals passieren wird. Es gibt keine Gewissheit, wir müssen abwarten."

Berührt von der Anteilnahme

In dieser schwierigen Zeit ist die Familie dankbar für die Anteilnahme, die ihnen von allen Seiten zuteilwird. Vor dem Russland GP bildeten die Fahrer in Gedenken an Jules einen Kreis. "So etwas habe ich noch nie gesehen. Das hat uns sehr berührt", verriet Philippe Bianchi. "Wir danken allen Fahrern, die mit uns gesprochen oder uns geschrieben haben. Wir haben berührende Mails von Alonso, Vergne, Massa und auch Hamilton bekommen. Selbst die MotoGP-Piloten Rossi und Marquez haben uns geschrieben." Sein Dank gilt auch Marussia sowie Ferrari. "Wir sind überzeugt, dass Jules diese positive Energie und all die Liebe spüren kann." Die Amateuraufnahmen vom Unfall seines Sohnes will sich Philippe Bianchi nicht ansehen. "Das würde mich verrückt machen."

Trägt Marussia eine Mitschuld?

Während Jules Bianchi um sein Leben kämpft, tauchten jetzt neue Spekulationen über den Rennunfall auf. Wie Auto Bild Motorsport berichtet, soll Marussia Bianchi unmittelbar vor seinem Crash aufgefordert haben, trotz der gelben Flaggen nicht langsamer zu fahren, um nicht womöglich seinem Caterham- Konkurrenten Marcus Ericsson die Chance zum Überholen zu geben. Allerdings wurde der Funkspruch bei der Pressekonferenz der FIA am vergangenen Freitag nicht erwähnt. Eine Nachfrage von Motorsport-Magazin.com bei Marussia blieb bisher unbeantwortet.