Lotus und Mercedes - plötzlich scheint alles ganz schnell zu gehen. Natürlich will offiziell noch niemand etwas verkünden, doch wer zwischen den Zeilen liest, wird fündig: Die Anzeichen mehren sich, dass das ehemalige Renault-Team künftig mit Mercedes-Motoren starten wird. Von Toleman wurde das heutige Lotus-Team über Benetton 2002 Renault-Werksteam und 2011 in Lotus umgetauft, nun scheint man sich endgültig von dem französischen Hersteller verabschieden zu wollen.

Toto Wolff will nichts offiziell verkünden, machte aber kein Geheimnis daraus, weiterhin vier Teams beliefern zu wollen: "Bislang wurde nichts offiziell mitgeteilt. In diesem Jahr haben wir vier Teams. Dafür haben wir die Strukturen aufgebaut", erklärte er mit einem breiten Grinsen. Wenn also in der kommenden Saison McLaren als Partner wegfällt, müsste ein weiteres Team hinzukommen, um weiter voll ausgelastet zu sein. Und schlechte Werbung hat der Stern für seine Aggregate in der bisherigen Saison wahrlich nicht gemacht.

Lotus-Piloten kritisieren Renault

Ein weiteres Indiz ist, dass die Lotus-Fahrer ihre Kritik gegenüber Renault deutlicher machten: "Ja, wir haben ein Leistungs-Defizit", sagte Romain Grosjean und verwies auf die Folgen: "Das heißt, wir müssen weniger Abtrieb fahren, dadurch ist es schwerer, die Reifen auf Temperatur zu bekommen. Dann sind diese härter als letztes Jahr und man bringt sie nicht ins richtige Fenster. Das sind die Probleme, die sich daraus ergeben."

Auch Pastor Maldonado beklagte sich lautstark: "Uns fehlt einfach Power. Es ist ja nicht nur der Topspeed, sondern es fehlt auch in der Beschleunigung, und dann kämpfen wir noch mit der Zuverlässigkeit." Lotus steht regelmäßig in den Topspeedlisten ganz unten, dabei liegt mit Toro Rosso ein Renault-Team oft ganz oben. Dies ist aber auf eine generelle Philosophie zurückzuführen: "Das haben die in Vergangenheit immer so gemacht", erklärte Maldonado. "Wir haben im Windkanal Ähnliches versucht, aber bei unserem Fahrzeugkonzept ist das nicht viabel."

Das Objekt der Begierde: Die Mercedes PU106A Power Unit, Foto: Mercedes-Benz/adrivo
Das Objekt der Begierde: Die Mercedes PU106A Power Unit, Foto: Mercedes-Benz/adrivo

Stattdessen verwies er auf den direkten Kontrahenten Red Bull: "Die sind nur zwei bis drei Kilometer pro Stunde schneller, aber das macht keinen Unterschied aus. Wir benötigen mehr als 10 km/h mehr Topspeed, um konkurrenzfähig zu sein." Dabei ist sich der Spanien-Sieger von 2012 sicher, dass alle Motorenbauer durchaus in der Lage seien, mit ein paar Änderungen starke und zuverlässige Motoren zu liefern. Doch wenn er die Wahl hätte? "Na, ganz klar Mercedes, keine Frage, denn sie haben einfach die meiste Power."

Kleines Performance-Fenster als Problem

Grosjean warnt aber davor, Mercedes-Motoren als das Allheilmittel anzusehen: "Es ist nicht so, dass wir nur wegen einem Mercedes-Motor auf der Pole stehen werden. Wir haben Defizite bei der Leistung, aber andererseits stehen auch zwei Teams mit demselben Motor vor uns. Sie haben das Beste draus gemacht, wir nicht." Dabei ist das Auto durchaus für Top-10-Performances gut, wie das Rennen in Barcelona gezeigt hat. "Ohne Probleme können wir durchaus um den fünften Platz kämpfen", so Maldonado. "Aber dann gibt es wieder Rennen, in denen wir nur 16. sind."

Grosjean erklärte das Problem des E22 ganz genau: "Wir haben manchmal das Problem, dass das Auto plötzlich instabil wird, wie gestern in Turn 9. Wenn alles ganz genau passt, dann können wir uns richtig gut schlagen, wie etwa in Barcelona. Aber wenn man außerhalb des Fensters landet, dann verliert man gleich richtig viel." Dabei glaubt er aber nicht, dass das Team im Schrumpfungsprozess seit den Renault-Zeiten eine kritische Schwelle unterschritten habe. "Aber natürlich ist es immer besser, wenn man mehr Brain-Power einsetzen kann." Oder eben Mercedes-Motoren...