Geradeausfahren, das kann der Red Bull nicht besonders gut. Die Spur zu halten, daran scheitert es nicht, aber an der Geschwindigkeit. Auch der letztjährige RB9 zählte nicht unbedingt zu den schnellsten Autos auf der Geraden, erreichte aber immerhin seine geringe Endgeschwindigkeit am schnellsten. Also nicht nur die Aerodynamik, sondern auch Getriebeübersetzung und Motorcharakteristik waren auf Neweys Designphilosophie ausgerichtet.

Das ist in diesem Jahr anders: Der RB10 ist weder bei der Endgeschwindigkeit, noch beim Beschleunigen Klassenprimus. Beim Topspeed ist er meist sogar das langsamste Auto im Feld. Für den Highspeed-Kurs in Montreal nicht unbedingt die besten Voraussetzungen. Das weiß auch Sebastian Vettel. "Uns fehlt in diesem Jahr noch immer etwas Leistung, deshalb wird es schwierig, die Mercedes-befeuerten Autos auf den Geraden zu schlagen."

Die Flinte ins Korn schmeißt der Weltmeister aber noch nicht: "Es gibt hier auch einige Kurven - und die sind gut für uns. Wir waren 2011 in einer guten Position im Rennen und wir haben im letzten Jahr hier gewonnen. Ich glaube, wir haben Gründe, zuversichtlich zu sein. Aber wir wissen, dass es nicht leicht wird."

Montreal zählt generell nicht unbedingt zu Red Bulls Lieblingskursen. Erst im letzten Jahr gelang den Österreichern der erste Sieg auf der Ile Notre-Dame. Überhaupt schaffte es der Brausehersteller erst zweimal aufs Podium in Kanada.

2013 gab es den ersten Montreal-Sieg für Vettel - und die ersten Pfiffe, Foto: Red Bull
2013 gab es den ersten Montreal-Sieg für Vettel - und die ersten Pfiffe, Foto: Red Bull

Topfavorit bleibt natürlich Mercedes. "Wir wissen, dass sie ein starkes Paket haben: Ein starkes Auto und eine starke Power Unit. Aber wie sich das genau auswirkt, ist schwierig zu sagen", so Vettel weiter, der sich aber lieber auf die eigenen Stärken konzentrieren will. "Die Kurven sind knifflig und verlangen einiges ab. Man kann hier viel Zeit gut machen."

Neben dem Topspeed gibt es aber noch weitere Baustellen. "Vor allem am Kurveneingang und auf der Bremse sind wir noch nicht so stark, wie wir gerne wären", verrät der 26-Jährige. Trotzdem sei der Fortschritt im Vergleich zu den ersten Testfahrten beträchtlich. Vor allem die Fahrbarkeit habe sich seit dem Winter stark verbessert.

Keine großen Unterschiede zum Teamkollegen

Aber nicht nur die generelle Performance des Red Bull sorgte zuletzt für Schlagzeilen. Auch der teaminterne Vergleich sorgte für Aufsehen. Für viele überraschend, kann sich Vettel nicht klar gegen Ricciardo durchsetzen. Eher im Gegenteil: Bislang hat der Australier die Nase vorne.

Hilfe unter Teamkollegen, Foto: Red Bull
Hilfe unter Teamkollegen, Foto: Red Bull

Beim Weltmeisterteam wird mit offenen Karten gespielt. So erhält Vettel Einsicht in die Telemetriedaten seines Teamkollegen. Eine Methode, die Vettel nutzt, um die Fahrstile zu vergleichen. "Er war ziemlich schnell, deshalb kann man sich vorstellen, dass es Kurven gibt, in denen er sehr schnell ist. Es ist gut, diesen Vergleich zu haben und zu sehen, was das Auto kann."

Großartige Unterschiede hätte er aber nicht feststellen können. Ganz im Gegenteil zu den vergangenen Jahren, als Mark Webber im zweiten Red Bull saß. "Mark war in Highspeed-Kurven sehr, sehr schnell, da hat er mir manchmal die Limits gezeigt - aber bei Daniel ist es über die Runde gesehen sehr ähnlich." Das bringt einen Vorteil mit sich: Beide Piloten wollen deshalb ein ähnliches Auto und arbeiten nicht in unterschiedliche Richtungen.