Für Lewis Hamilton ist der erste Mai ein Tag der Reflektion. Er kann sich noch gut an den San Marino GP vor 20 Jahren erinnern, an dem er seine Gefühle nicht vor der Familie zeigen wollte. Er war gerade einmal neun, als Ayrton Senna starb. Doch er war schon zu dieser Zeit ein großer Bewunderer, was er jedoch erst jetzt als Erwachsener offen zugibt.

Als Kind hätten viele Menschen die Stirn gerunzelt, wenn er über Senna sprach - auch Familienmitglieder. "Aber jetzt habe ich das Gefühl, dass ich offen damit umgehen kann", schreibt er in seiner Kolumne. "Das liegt nicht an Senna, sondern daran, dass ich jetzt älter bin."

Angefangen hat alles mit der Begeisterung eines Kindes für den orange-weißen McLaren und den Fahrer mit dem gelben Helm. Als er älter wurde, wollte Hamilton mehr über Senna wissen. Er bekam Bücher geschenkt oder lieh sie sich in der Bücherei aus. "Ich begann seinen Charakter wirklich zu verstehen und seine beeindruckende Herangehensweise an den Rennsport zu schätzen", berichtet Hamilton. "Ich wusste, dass er als Junge in Brasilien angefangen hatte, Rennen zu fahren, und dass er wie ich beim Kartfahren von seinem Vater unterstützt wurde. Er ist nach England gezogen, als er etwa 20 war, um sich seinen Traum zu erfüllen und mich hat seine Hingabe beeindruckt."

Was für ihn jedoch am wichtigsten war, war die Tatsache, dass Senna durch und durch Rennfahrer war. "Ich kann mich wirklich damit identifizieren", sagt Hamilton. "Genauso fühle ich mich auch. Das ist der Grund, warum ich von Kindesbeinen an das Gefühl habe, dass ich diese Verbindung mit ihm hatte." Senna habe pures Talent gehabt. "Er hatte es im Übermaß", stellt der Brite fest. "Er konnte es zeigen, weil er die meiste Zeit in einem guten Auto saß, aber man muss bedenken, dass er das gute Auto nur bekam, weil er so großartige Fähigkeiten hatte."

Die Bewunderung ging bei Hamilton schließlich in Nachahmung über. "Viel von der Art, wie ich heute fahre, ist von der Weise inspiriert, wie ich ihn habe fahren sehen", offenbart er. "Die Menschen sagen, dass ich einen aggressiven Fahrstil habe und manchmal glaube ich nicht, dass das alles nur ich bin. Ich denke, das ist zum Teil so, weil ich Ayrton Senna gesehen habe, als ich jung war und dachte: 'So will ich fahren, wenn ich die Chance bekomme'. Und ich bin rausgefahren und habe es auf der Kartstrecke versucht. Meine ganze Herangehensweise an den Rennsport hat sich daraus entwickelt."

Verletzlich und offen

Doch nicht nur der Fahrstil Sennas war es, der auf Hamilton Eindruck machte. Vor allem mochte er die Verletzlichkeit und Offenheit des Brasilianers. "Ich habe ihn nur einmal getroffen, in dem Jahr bevor er gestorben ist, aber es hat einen langanhaltenden Eindruck auf mich gemacht", erklärt Hamilton. "Als Kind sieht man diese Leute und denkt, dass sie Superhelden sind. Aber jeder hat Schwächen. Und trotz all seiner Brillanz und seiner Erfolge hatte er sie auch." Es sei faszinierend gewesen, wie er seine Schwächen überwunden und eloquent über das gesprochen habe, was er tat - die Gefahren eingeschlossen.

"Ayrton Senna war eine unglaubliche Legende, an die man sich ewig erinnern wird. Er hatte die seltene Qualität von Größe. Selbst jetzt kann man noch Dinge von ihm lernen, wie er an den Motorsport heranging und wie man fährt", meint Hamilton. "Er war ein echter Held, ein kultiger Charakter, der Menschen auf der ganzen Welt inspiriert hat. Er hat auf mich einen gewaltigen Eindruck gemacht, als ich aufgewachsen bin."