War der Qualifying-Auftritt von Lotus ein erstes Indiz für den langsamen Formanstieg? Vor allem das Erreichen von Q2 durch Romain Grosjean auf Rang elf mutete als neutraler Betrachter an wie ein kleiner Erfolg. Mit den Plätzen 16 und 17 für Grosjean und Maldonado schnitten die Piloten zwar jeweils um einen Rang schlechter ab als im dritten Freien Training am Vormittag, allerdings bedeutete das Tagesergebnis zumindest eine eklatante Steigerung gegenüber dem Vortag. Bei Betrachtung der Zeitabstände zur Spitze wird jedoch klar: Lotus braucht wohl ein gehöriges Wunder, um die Lücke auf die Besten der Zunft entscheidend zu reduzieren.

Standfestigkeit und Power deutlich ausbaufähig

Nach dem katastrophalen Freitag für Lotus mit lediglich 20 Runden zeichnete sich zumindest in Sachen Standfestigkeit eine Steigerung bei beiden E22 ab. So schienen die Probleme an Motor und Bremsen weitestgehend behoben. Mit 20 Umläufen im dritten Training zählte Maldonado zu den fleißigsten Piloten und auch Grosjean stand ihm mit 16 Schleifen nicht in viel nach.

Bitter war allerdings der zeitliche Rückstand auf den Schnellsten Nico Rosberg. 3,7 respektive 4,5 Sekunden bekamen die Lotus-Piloten vom Primus aufgebrummt - ein Trend, der sich auch im Qualifying bestätigte. Auch deshalb zeigte sich Grosjean vom Erreichen des zweiten Qualifikations-Segments angetan:

"Es war definitiv eine schöne Überraschung, in Q2 zu kommen. Ich denke, wir hätten sogar eine Chance auf Q3 gehabt, wenn es kein Missverständnis zwischen mir und der Box gegeben hätte", verrät der Franzose. "Ich hätte für neue Reifen reinkommen sollen, habe dies aber versäumt, weswegen ich von der gesammelten Konkurrenz hinten raus noch geschluckt und aus den Top-10 verdrängt wurde." Vom Gesamteindruck zeigte sich Grosjean jedoch positiv überrascht. "Ich denke, jeder kann sehen, dass wir uns merklich gesteigert haben. Allerdings müssen wir genau im gleichen Tempo weiter in diese Richtung arbeiten, wenn wir schnell Anschluss nach weiter vorne finden wollen."

Nach dem Dauerbetrieb am Freitag erlebte die Boxencrew von Lotus ein paar entspanntere Stunden, Foto: Sutton
Nach dem Dauerbetrieb am Freitag erlebte die Boxencrew von Lotus ein paar entspanntere Stunden, Foto: Sutton

Bei Betrachtung der zeitlichen Rückstände aus dem Qualifying wirkt das Bild Grosjeans allerdings etwas verzerrt. Pastor Maldonado schied gegenüber der etwas verhaltend fahrenden Spitze dennoch mit rund fünf Sekunden Rückstand auf Nico Rosberg aus, Grosjean als Elfter lag seinerseits ebenfalls mit knapp über drei Sekunden für den schnellsten Umlauf im Hintertreffen. Dieser wuchs in Q2 gar auf knapp vier Sekunden hinter Lewis Hamilton an. Fraglich bleibt zudem, ob die Lotus trotz ihrer vielen problemfreien Runden am Samstag in der Lage sein werden, unter Rennbelastung lange durchzuhalten, geschweige denn, dieses zu beenden.

Maldonado bleibt positiv

Trotz der nach wie vor dunklen Wolken über Lotus bemüht sich Maldonado, die wenigen Sonnenstrahlen einzufangen und hervorzuheben. "Wir haben einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht und waren viel besser als noch beim Saisonauftakt in Australien", ist der Venezolaner überzeugt. "Das Qualifying im Regen war eine Lotterie und wir haben uns mit dem Timing etwas verzockt, weswegen wir trotz der deutlichen Steigerung leider nicht das volle Potential abrufen konnten."

Mit der Verbesserung und den ausbleibenden Defekten am Samstag zeigt sich Maldonado sehr zufrieden und hofft auf eine weitere Steigerung fürs Rennen. "Heute wechselte ich ein wenig zu spät auf die neuen Reifen und ohne die Rote Flagge am Ende hätte ich definitiv meine Position verbessert. Ich hoffe, dass wir diesen großen Schritt nach vorne konservieren und im Rennen noch einmal wiederholen können. Vor allem in Malaysia kann alles passieren."

Redaktionskommentar:

Motorsport-Magazin.com meint: Die Politik der kleinen Schritte scheint die einzige Chance für Lotus zu sein, in dieser Saison vorwärts zu kommen. Nach einer positiven Entwicklung während des Australien-Wochenendes schien das Team am Freitag in Sepang wieder um Lichtjahre zurückgeworfen. Die Probleme mit der Renault Power Unit sind zwar Lotus nicht anzukreiden, jedoch liegt auch bei der Entwicklung der eigenen Teile und Systeme einiges im Argen. Dass Lotus den Anschluss zur Spitze in dieser Saison schafft, halte ich für gänzlich ausgeschlossen. Die Teams am vorderen Ende des Feldes wirken professioneller, ehrgeiziger, akribischer und schlicht besser. Wer den Zug verpasst, kommt nicht zwangsläufig wieder zurück, wie das Beispiel Williams im Vorjahr eindrucksvoll bewies. Die düsteren Regenwolken sind für Lotus noch lange nicht verzogen... (Samy Abdel Aal).