Mit etwas Verspätung hat der Lotus-E22 sein Streckendebüt in Jerez gefeiert - an jener Stelle, wo sich die anderen Kundenteams von Renault beim offiziellen Test eine Woche zuvor so schwer getan hatten. Lotus spulte im Rahmen eines Promo-Tages am vergangenen Samstag knapp 100 Kilometer ab - mehr als das gebeutelte Red Bull im Verlauf von vier Tagen. Also alles richtig gemacht? Laut Interims-Teamchef Gerard Lopez schon. "Vielleicht sind wir besser vorbereitet", meinte der Luxemburger, der aktuell die Rolle des früheren Teamchefs Eric Boullier bekleidet. "Vielleicht war unsere Strategie, zu warten und in der Fabrik zu arbeiten, die bessere."

Lotus war das einzige Team, das es nicht rechtzeitig zu den Auftakttestfahrten schaffte - selbst Marussia schickte seinen MR03-Boliden an die Strecke, wenn auch mit zweitägiger Verspätung. In Jerez hatten vor allem Renaults Kundenteams arge Probleme, die neue Power Unit der Franzosen versagte größtenteils den Dienst. Offenbar hatte Lotus mit derartigen Schwierigkeiten gerechnet - das sagte Lopez zumindest rückblickend: "Wir sagten, dass es technische Probleme geben würde, und das war dann ja auch der Fall." Lotus' Technikdirektor Nick Chester hatte als Grund des Fehlens angegeben, dass die Teilnahme für das eigene Aufbau- und Entwicklungsprogramm nicht ideal gewesen wäre.

Die Vermutung, dass Lotus den Testauftakt wegen finanzieller Probleme verpasste, wies Lopez unterdessen entschieden zurück. "Ich weiß, dass wir viel Kritik eingesteckt haben", so der Teambesitzer im französischen Fernsehen. "Die Leute sagten, dass uns das Budget fehlt - aber das stimmt nicht, weil es uns genauso viel kostete, eine Woche später nach Jerez zu reisen." Die Kalkulation könnte ungefähr hinkommen, schließlich musste Lotus für den Promo-Tag den Circuito de Jerez samt Streckenpersonal alleine mieten, wenn auch zwei Tage weniger als die anderen Teams.

Laut Gerüchten soll allerdings Renault einige Kosten übernommen haben für das Recht, Teamvertreter anderer Kundenteams einzuladen, um die Fortschritte nach all den Problemen zu zeigen. Dies ist allerdings nicht bestätigt. Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner hatte schon kurz nach der Bekanntgabe der Testabsage betont, dass Geld nicht der ausschlaggebende Faktor für das Fernbleiben des Teams aus Enstone war. "Ein Team mit weniger Geld muss sich überlegen, welche Mehrkosten welchen Zugewinn bringen: Gebe ich mein Geld für die weitere Entwicklung aus, oder baue ich das Ding irgendwie rechtzeitig zum Test zusammen, nach dem Motto: Hauptsache, es rollt", so der frühere Formel-1-Fahrer.

Dass der E22-Bolide mit Pastor Maldonado am Steuer offenbar problemfrei seine Runden am vergangenen Wochenende drehen konnte, damit hatte selbst Lopez nicht gerechnet. Vor allem, weil das Team am Freitag lediglich eine Runde fuhr, auch wenn die Gründe dafür nicht bekannt sind. "Wir waren sehr gut vorbereitet", so Lopez. "Keine Probleme, kein Überhitzen, nichts... das Auto lief wie ein Uhrwerk, was wirklich überraschend kam angesichts dessen, was eine Woche zuvor in Jerez passiert war. Wir sind bereit für Bahrain und wollen dort ab der ersten Stunde fahren."