Warum ist Ecclestone zurückgetreten?

Bernie Ecclestone tritt von seiner Position als Direktor der F1-Holding CVC zurück, weil das Landgericht München die im Juli des vergangenen Jahres eingebrachte Anklage der Staatsanwaltschaft gegen den 83-jährigen Briten rund um den Verkauf der Formel-1-Anteile der Bayerischen Landesbank (BayernLB) zugelassen hat. "Bis der Fall abgeschlossen ist, wird er (Ecclestone) mit sofortiger Wirkung als Direktor zurücktreten und dabei auch seine Vorstandspflichten und -verantwortungen abtreten, bis das Verfahren abgeschlossen ist", teilte die F1-Holding in einem Statement mit. Der Brite habe seinen Rücktritt selbst angeboten.

Wie lautet die Anklage?

Ecclestone wird Bestechung eines Amtsträgers in einem besonders schweren Fall sowie Anstiftung zur Untreue in einem besonders schweren Fall vorgeworfen. Er soll 2005 den ehemaligen BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky mit 44 Millionen Dollar bestochen haben, damit dieser die Formel-1-Anteile, die der Bank nach der Pleite des Kirch-Unternehmens übertragen wurden, an den von Ecclestone gewünschten Käufer, CVC, veräußert und nicht trotz eines höheren Angebots an Constantin Medien.

Ecclestone muss sich vor Gericht der Anklage stellen, Foto: Formula Sochi
Ecclestone muss sich vor Gericht der Anklage stellen, Foto: Formula Sochi

Einen Großteil des Schmiergelds soll sich Ecclestone von der BayernLB wieder zurückgeholt haben, wozu er und Gribkowsky einen Provisionsvertrag aufgesetzt hätten, der zum Schein mit Verdiensten Ecclestones bei den Verkaufsgesprächen begründet worden sei. 2012 war Gribkowsky, der ein umfassendes Geständnis abgelegt hatte, vom Münchner Landgericht zu achteinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Ecclestone hatte in einem Zivilprozess, in dem er sich seit Oktober des vergangenen Jahres in London gegen die Constantin Medien AG verteidigen muss, die Zahlungen an Gribkowsky zugegeben. "Ich habe Dr. Gribkowsky bezahlt, weil er sagte, er würde mich mit Blick auf Steuerregelungen unserer Familienstiftung erpressen... was sehr teuer geworden wäre", argumentierte er, unter Druck gesetzt worden zu sein.

Wann wird der Prozess stattfinden?

Ende April 2014 ist es soweit, dann muss Bernie Ecclestone der deutschen Justiz Rede und Antwort stehen. Ecclestone wird persönlich vor Gericht in München erscheinen. "Mir geht es darum, meine Unschuld zu beweisen, deshalb werde ich nach München kommen", betonte Ecclestone. Darüber, über wie viele Gerichtstage sich das Verfahren erstrecken wird, ist aktuell noch nichts bekannt.

Welche Strafe droht Ecclestone?

Wird Ecclestone verurteilt, droht dem Briten eine Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren. Ausschlaggebend für den hohen Strafrahmen ist die Tatsache, dass die Ermittler von einem besonders schweren Fall ausgehen. Außerdem stufen sie Gribkowsky nicht als gewöhnlichen Geschäftsmann, sondern als Amtsträger ein, weil die Landesbank dem Freistaat Bayern gehört.

Bereits seit Oktober 2012 befindet sich Ecclestone in seiner Heimat London vor Gericht, wo er von Constantin Medien auf eine Entschädigungszahlung in Höhe von 171 Millionen US-Dollar verklagt wird. Auch die BayernLB kündigte bereits im Dezember an, 400 Millionen Dollar an Schadensersatz einzuklagen.

Was sagt er zu den Vorwürfen?

Ecclestone sieht sich im Schmiergeldprozess als unschuldig an. Zwar bestreitet der 83-Jährige nicht, Zahlungen an Gribkowsky getätigt zu haben, allerdings soll es sich dabei um Schweige- und nicht um Schmiergeld gehandelt haben. Über seine deutschen Anwälte, Sven Thomas und Norbert Scharf, ließ er ausrichten: "Die behauptete Bestechung gab es nicht." Gribkowsky soll Ecclestone erpresst haben. Bis zuletzt haben Ecclestones Anwälte versucht, die Anklage abzuwehren und einen Prozess zu verhindern. "Die auf der Erklärung von Herrn Dr. Gribkowsky beruhenden Anklagevorwürfe sind unzutreffend und ergeben angesichts der bestehenden Tatsachen kein schlüssiges Bild", so Ecclestones Anwälte. Sie wollen jetzt weitere Zeugen und weiteres Beweismaterial vorlegen.

Welche Auswirkungen hat Ecclestones Rücktritt auf die Formel 1?

Ecclestone führt weiterhin das Tagesgeschäft, Foto: Twitter
Ecclestone führt weiterhin das Tagesgeschäft, Foto: Twitter

Keine unmittelbaren, denn Ecclestone wird seinen Job so weiterführen wie bisher. Nach wie vor wird der F1-Zampano unmittelbar mit den Teams zusammenarbeiten, im Paddock auf und ab wandern und die Verträge mit den diversen Rennstreckenbetreibern und den Veranstaltern aushandeln. Allerdings wird ihm nun genauer auf die Finger geschaut, die Holding hat ein verstärktes Monitoring und mehr Kontrolle seiner Arbeit angekündigt. Zudem müssen alle Deals von Ecclestone künftig vom neuen Vorstand abgesegnet werden. "Die Bewilligung und Unterzeichnung wichtiger Verträge und anderer wesentlicher Geschäftsabkommen liegt nun in der Verantwortung des Vorstandes Peter Brabeck-Letmathe sowie dem stellvertretenden Vorsitzenden Donald Mackenzie", wie es im Statement heißt.

Ist die Ära Ecclestone damit zu Ende?

Keineswegs. Eine Rückkehr von Ecclestone in seine offiziellen Positionen ist alles andere als ausgeschlossen. In dem offiziellen Statement der F1-Holding kam mehrere Male die Formulierung "für die Dauer des Prozesses" vor. Sollte Ecclestone freigesprochen werden, steht einem Comeback in offizieller Position nichts im Weg. Allerdings ist das Image von "Teflon-Bernie" nun angekratzt. Anklage und Rücktritt haben gezeigt, dass der 83-Jährige nicht mehr allmächtig und unverwundbar ist. Einige Gegenspieler könnten die aktuelle Schwächephase nutzen, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen.