McLaren - der Name verpflichtet. Wer in einen Rennboliden aus Woking steigt, ist dazu verdammt, Rennen und letztlich den WM-Titel zu gewinnen. Selbst von einem relativen Formel-1-Neuling wie Sergio Pérez wurden in einem McLaren auf Anhieb Erfolge erwartet - diese blieben in diesem Jahr weitestgehend aus. Um fair zu sein: dies lag nicht nur an Pérez, sondern natürlich auch an seinem viel zu langsamen Auto, das den Ansprüchen des Teams nicht genüge tat. Dennoch: nach nur einem Jahr ist das Kapitel McLaren für den jungen Mexikaner abgeschlossen; seine Zukunft offen.

Aufstieg mit Fragezeichen

Die Wege von Perez und McLaren trennen sich, Foto: Sutton
Die Wege von Perez und McLaren trennen sich, Foto: Sutton

Der Startschuss für Pérez' chromfarbenes Abenteuer fiel am 28. September um 10:00 Uhr. McLaren verkündete den Mexikaner als Neuzugang für die Saison 2013. Seit diesem Moment beschäftigte die Fachwelt nur eine Frage: Hat Pérez das Zeug zum McLaren-Piloten und Formel-1-Superstar? "Ich habe meine Bedenken", meldete Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner damals ernste Zweifel an. "Pérez ist ein außerordentlich talentierter, junger Mann, der wirklich schnell ist, aber ganz ehrlich: Talent allein reicht in der Formel 1 nicht aus. Ob der nötige Rest, sich in so einem Umfeld wie bei McLaren zurechtzufinden, schon so weit ausgeprägt und entwickelt ist, das wage ich zu bezweifeln."

Dazu zählt unter anderem die ungeliebte Pressearbeit, die der Mexikaner zu Sauber-Zeiten teils höchst unmotiviert absolvierte - noch einsilbigere Antworten als vom Iceman im Interview mit Motorsport-Magazin.com inbegriffen. An dieser Front leistete McLarens PR-Abteilung ganze Arbeit: der Sergio Perez von heute ist nicht mehr mit dem aus seiner Sauber-Zeit zu vergleichen. Der Mexikaner hat in Diensten eines Topteams offenbar begriffen, dass eine vernünftige Öffentlichkeitsarbeit zu seinem Job in der Formel 1 einfach dazu gehört.

Gescheitertes Abenteuer

Ein erfahrener Ex-Champion und ein junger Heißsporn: die Mischung klang erfolgversprechend, war es in diesem Jahr aber bei weitem nicht. Die Verpflichtung von Pérez als Ersatz von Lewis Hamilton war in Expertenkreisen von Anfang an umstritten. Trotz einiger Highlights in seiner Sauber-Zeit hatte er nicht durchgängig überzeugt.

Die Kritik am Mexikaner ist allerdings nicht in allen Bereichen fair: bei McLaren erwischte Pérez einen alles andere als einfachen Einstieg - das Auto war in dieser Saison zu keinem Zeitpunkt siegfähig und damit seine Aufgabe doppelt schwierig. Selbst Reifenflüsterer Button konnte mit dem MP4-28 keine Wunder vollbringen, fuhr aber immerhin fast doppelt so viele Punkte ein wie Pérez.

Immerhin einen Erfolg konnte McLaren mit dem Pérez-Deal für sich verbuchen: Pérez gehörte dem Nachwuchsprogramm des Rivalen Ferrari an und wurde im vergangenen Jahre einige Monate lang als potentieller Nachfolger von Felipe Massa gehandelt, sogar Mercedes soll ihn im letzten Jahr als Ersatz für Michael Schumacher im Auge gehabt haben. McLaren bekam ihn, dürfte rückblickend aber nun verstehen, warum Ferrari von einer Beförderung des eigenen Nachwuchspiloten Abstand nahm und ihn noch als zu unreif bezeichnete.

Martin Whitmarsh hielt dies vor einem guten Jahr nicht von einer Verpflichtung ab: "Sergio hat in dieser Saison eine unglaubliche Killer-Performance gezeigt und bewiesen, dass er, was den Speed angeht, sich nicht vor den Top-Piloten verstecken muss", begründete der Teamchef damals seine Entscheidung pro Perez. "Wir haben seine Fortschritte genau beobachtet und sind davon überzeugt, dass er nicht nur talentiert und schnell ist, sondern auch den Willen hat, weiter dazuzulernen."

Große Träume, weite Wege

Wer schläft, ist schnell raus aus dem Cockpit, Foto: Sutton
Wer schläft, ist schnell raus aus dem Cockpit, Foto: Sutton

Mit McLaren wollte Pérez erreichen, was Kimi Räikkönen bei der Truppe von Ron Dennis nicht gelang; Weltmeister zu werden. Bereits sein Formel-1-Einstieg in Australien 2011 wurde von zwei Paukenschlägen begleitet - Platz sieben im ersten Grand Prix und der folgenden Disqualifikation beider Sauber wegen irregulärer Heckflügel. In seiner zweiten Sauber-Saison konnte er mit Podestplätzen wie in Malaysia und Monza glänzen.

"Sepang war ein toller Moment für mich", erinnerte er sich im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com zurück. "Ich habe mir damit den ersten meiner Träume erfüllt." Das erste Podium in der Formel 1. An neuen Träumen mangelte es dem Mexikaner jedoch nicht. "Die nächsten sind natürlich ein Rennen zu gewinnen und danach die Weltmeisterschaft zu holen", sagte Pérez vor seinem Wechsel zu McLaren überzeugt, um kurz und trocken anzufügen: "Nicht nur einmal."

Von der Erfüllung dieser Träume entfernt er sich mit dem Abschied aus Woking immer weiter. Ein siegfähiges Cockpit ist für ihn 2014 nicht in Sicht. Trotz seiner jungen Jahre ist die Druck-Situation für Pérez nicht ganz unbekannt. Im Alter von 15 Jahren zog er aus seiner Heimat Mexiko nach Deutschland, um in der Formel BMW Fuß zu fassen. "Ich war komplett allein in einem schwierigen, unbekannten Land, das ganz anders ist als mein Heimatland", erinnert sich Pérez im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Ich hatte nichts, nur meine Träume."

Ähnlich muss ihm jetzt die Ungewissheit für seine Formel-1-Zukunft vorkommen. Pérez war damals mit 15 Jahren der jüngste Starter in der Formel BMW und wohnte in einem kleinen Zimmer im Restaurant seines Teamchefs Günther Unterreitmeier in Vilsbiburg. Er vermisste die Sonne, sein vertrautes Umfeld und die Sprache. "Wenn man aus dem Flugzeug aussteigt, merkt man, dass es eine völlig andere Welt ist und man ganz allein ist. Es gibt keine Familie und Freunde, man ist ganz auf sich allein gestellt. Ich blicke sehr stolz auf diese Zeit zurück", erinnert er sich. "Ich bin stolz auf das, was ich bislang erreicht habe."

Der Nächste, bitte

McLaren hat sich als absolutes Spitzenteam in den Köpfen verankert. Als solches erwarten Fans und Medien auch absolute Topfahrer in beiden Autos. Doch es war nicht das erste Mal, dass die Mannschaft aus Woking ein gewisses Risiko bei der Verpflichtung eines eher unbekannten oder unerfahrenen Piloten einging. Pérez reihte sich in die Liste seiner Vorgänger Heikki Kovalainen, Lewis Hamilton und Kimi Räikkönen ein, die allesamt bei ihrem Wechsel zu McLaren Rookies waren (Hamilton) oder erst einige wenige Grand Prix auf dem Buckel hatten (Kovalainen und Räikkönen jeweils eine Saison).

Nur Jenson Button, der als amtierender Champion zu McLaren kam, und ein gewisser Fernando Alonso, der ein eigenes Kapitel in der McLaren-Geschichte einnimmt, hatten vor ihrem ersten Rennen in Silber schon mehr als Achtungserfolge in der Formel 1 vorzuweisen. Räikkönen und Hamilton erfüllten die Erwartungen, Kovalainen und nun auch Pérez nicht. Das nächste Experiment hört 2014 wohl auf den Namen Kevin Magnussen.