Sebastian Vettel war vorbereitet. Nach seinem dritten Monza-Sieg wusste der amtierende Weltmeister bereits, dass ihn hoch oben auf dem Podium noch etwas anderes als Fernando Alonso, Mark Webber und eine Champagner-Dusche erwarten würde: ein gellendes Pfeifkonzert tausender Tifosi direkt unter ihm. Vettel nahm die wenig begeisterten Reaktionen der italienischen Fans - schließlich stand kein Ferrari in der Mitte des Podests - äußerst gelassen hin. Das galt auch für den Rest der Red-Bull-Truppe. "Jeder, der gegen einen Ferrari Rennen fährt und gegen einen Ferrari gewinnt, wird in Italien niemals bejubelt", sagte Teamchef Christian Horner angesichts der Reaktionen aus der roten Fan-Masse.

Niki Lauda ärgerte sich über das Verhalten der Motorsport-verrückten Tifosi und forderte sie zu mehr Anstand auf. Horner war jedoch überzeugt, dass sich die Pfiffe nicht gegen Vettels Person, sondern lediglich gegen die äußeren Umstände richteten. "Es war unausweichlich, dass es eine große Reaktion geben würde, wen Seb Fernando vor den Tifosi besiegt", erklärte der Brite gelassen. "Sie sind gekommen, um ihr Auto und ihr Team zu sehen." Ein Red Bull, der im Königlichen Park zu Monza gegen das eigene Traditionsteam gewinnt auch sich auf bestem Wege zum vierten WM-Titel befindet? Das passte einfach nicht ins Bild der italienischen Fans, die den Kult um Ferrari wie niemand anders zelebrieren und das Rennwochenende in ein Meer aus roten Flaggen hüllen.

Horner war sicher, dass die "Alonso, Alonso"-Rufe und das Pfeifkonzert bei der Siegerehrung eher eine Motivation für Vettel waren, in den kommenden Rennen in Übersee noch eine Schippe drauf zu legen. "Das alles hat niemanden von uns überrascht", so Horner. "Wenn überhaupt, verleiht es Sebastian zusätzliche Motivation, da raus zu gehen und sich weiter zu verbessern."

In der Gesamtwertung liegt der Heppenheimer nach seinem sechsten Saisonsieg mit 222 Punkten an der Spitze - 53 Zähler Vorsprung auf den zweitplatzierten Alonso. Selbst bei zwei Ausfällen in den kommenden beiden Rennen in Singapur und Korea wäre Vettel die Gesamtführung nicht zu nehmen. Und obwohl die Asia-Tour allgemein als Red-Bull-Land gilt - hier ebnete Vettel 2012 den Weg zum späteren Titeltriumph - war bei den Bullen wieder einmal Tiefstapeln angesagt. Horner: "Die WM ist erst entschieden, wenn niemand mehr Punkte holen kann als wir. Es sind noch 175 Punkte zu vergeben und die Dinge können sich so schnell ändern."