Nach der Anklageverlesung hat Mercedes nun die Gelegenheit, ihre Seite der Reifentest-Geschichte darzulegen. Einmal mehr betonte Mercedes, dass kein Regelbruch vorliege und dass der Test allein von Pirelli ausgegangen sei. Der dreitägige Test in Barcelona sei von Pirelli bezahlt, organisiert und ausgewertet worden, wodurch man Mercedes nicht zur Verantwortungen ziehen könne.

"Im Artikel 22 heißt es wörtlich, dass ein Test ausgehend von einem Team verboten ist, aber der Test ging nicht von Mercedes aus, sondern von Pirelli. Das kann von jedem bei Pirelli bestätigt werden, auch von jenen Leuten, die bei dem Test vor Ort waren", stellte Mercedes-Anwalt Paul Harris klar. Mercedes, in Person von Ross Brawn und Teammanager Ron Meadows, habe zudem die Erlaubnis von FIA-Renndirektor Charlie Whiting und FIA-Anwalt Sebastien Bernard eingeholt.

Als Beweis legte Mercedes den E-Mail-Verkehr zwischen den beteiligten Personen vor. In einer E-Mail vom 3. Mai, die Whiting an Bernard schrieb, heißt es: "Aus meiner Sicht ist es kein Test eines Wettbewerbers, sondern ein Test, ausgeführt von Pirelli. Kann man das so sehen?" Bernards Antwort lautete: "Ja, das kann man so sehen. Es ist kein Test, der von einem Team durchgeführt wird." Dass es nun zu diesem Tribunal gekommen sei, liege daran, dass die FIA laut Harris die eigenen Sportgesetze nicht gut genug kennt.

Ferrari-Mail an Pirelli als Beweis

Harris vertritt die Meinung, dass wenn Mercedes schuldig ist, dann ist es auch Ferrari. Die Scuderia testete vor dem Spanien GP, wobei Pedro de la Rosa in einem 2011er-Boliden saß. Doch laut Harris sei der Ferrari-Test im Prinzip auch nicht konform mit Artikel 22, schließlich seien die 2011er Autos in Barcelona nur eine halbe Sekunde langsamer gewesen als die aktuellen Boliden in diesem Jahr. "Man kann hier in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit eines 2011er und 2013er Autos praktisch keinen Unterschied feststellen", so Harris.

Als Beweis für ein Fehlverhalten seitens Ferrari holte der Mercedes-Anwalt erneut eine E-Mail vom 3. Mai 2012 zwischen Ferrari-Renningenieur Hamashima und Pirelli hervor. Darin bittet Ferrari den Reifenhersteller um mehr Informationen zu den getesteten Reifen. Hingegen sei der Vorwurf, dass sich Mercedes aus dem Test einen Vorteil verschafft hat, absurd. "Die bei den Tests ermittelten Ergebnisse haben für uns keinen Lerneffekt, weil wir sie nicht bestimmten Reifen zuordnen können", erklärte der Anwalt, der 2009 den Doppel-Diffusor-Prozess gegen die FIA gewann.