Auch die anderen Formel-1-Teams werfen in diesem Tagen ein genaues Auge auf die Abläufe bei Red Bull, nachdem sich Sebastian Vettel in Malaysia der Entscheidung des Teams widersetzte und so zum Sieg in Sepang fuhr. Eine vertrackte Situation, die Red Bull intern klären wird. Erste Gespräche gab es bereits, vor allem mit Vettel, der sich für den Vorfall eingehend entschuldigt hatte. Für Helmut Marko ist die Angelegenheit etwa geklärt. Andere Teamchefs - die solche heiklen Situationen aus eigener Erfahrung kennen - deuteten an, wie kompliziert die Lage bei Red Bull sein könnte. "Du hast keine Wahl, du musst dich damit auseinandersetzen", sagte etwa Martin Whitmarsh. "Der Fahrer begeht womöglich einen Vertragsbruch und das Team ist größer als jeder Fahrer."

Das gelte nicht nur für Red Bull, sondern für jedes Team. Whitmarsh: "Wenn man 600 bis 700 Leute im Team hat, muss man sie daran erinnern. Aber Fahrer sind dabei eine wirkliche Herausforderung." Noch gut konnte sich Whitmarsh an einen ähnlichen Fall bei McLaren erinnern. 2007, als Fernando Alonso und Lewis Hamilton im Chrompfeil unterwegs waren und nicht gerade die beste Beziehung zueinander hatten. Es sei schwierig, solche teaminternen Angelegenheiten richtig zu regeln und Whitmarsh machte kein Geheimnis daraus, dass er dem verlorenen WM-Titel, den sich schließlich Kimi Räikkönen schnappte, ein wenig nachtrauert.

"Jeder kann sich an uns wenden und sagen, dass wir 2007 die Weltmeisterschaft weggeworfen haben: 'Ihr habt keine Teamorder ausgesprochen, ihr hättet einen Fahrer favorisieren können und wäret Weltmeister geworden", so Whitmarsh. "Da ist ein Teil von mir, der sagt: 'Idiot, wir hätten Weltmeister sein sollen.' Aber insgesamt habe ich kein gutes Gefühl dabei." Es wäre laut dem Briten die falsche Entscheidung gewesen, in einem Büro in der Teamfabrik von Woking den Weltmeister auf dem Papier festzulegen. "Wenn ich nochmal in der gleichen Situation bin, hoffe ich, wieder so zu handeln", meinte Whitmarsh.

Eric Boullier befand sich zwar noch nicht in einer derartigen Situation, meinte aber ebenfalls aus Sicht eines Teamchefs, dass die Dinge bei Red Bull geklärt werden müssten - gerade in diesem speziellen Fall. "Als Teamchef musst du immer das Beste für das Team wollen, außer, wenn du einen Fahrer deutlich favorisierst", so Boullier. "Ich kenne die ganze Geschichte bei Red Bull nicht. Aber es sieht danach aus, dass Vettel in der Vergangenheit im Vergleich zu Webber ein paar Vorteile genossen hat." Der Lotus-Teamchef konnte Vettels Entscheidung nachvollziehen im Hinblick auf einen möglicherweise engen WM-Kampf. Boullier: "Natürlich verstehe ich, dass Seb gewinnen will, genau wie Mark, aber vielleicht schaut er schon auf die Weltmeisterschaft - weil er weiß, dass es hart wird."