Vorsicht, Zufall: Der Begriff der Lotterie geht derzeit Hand in Hand mit der Formel 1. Vor allem geht es dabei um die Reifen, die mit Sicherheit ein Grund dafür sind, dass es in den ersten sechs Rennen des Jahres sechs verschiedene Sieger gab. David Coulthard gehört nicht zu den Reifen-Nörglern, sondern betrachtet die Sache aus einem anderen Blickwinkel. "Keiner der Fahrer oder Teams hat sich bislang darüber beschwert, dass die Reifen von Set zu Set inkonstant sind. Sie sagen zum Beispiel nie, dass der eine Option-Reifen anders ist als der andere Option-Reifen", so Coulthard am Rande des DTM-Rennens in Spielberg.

"Die Fahrer sprechen darüber, wie viele Runden der Prime- respektive der Option-Reifen hält und wie schwierig es ist, die Mischungen in den Griff zu bekommen", erklärte der ehemalige F1-Pilot. "Aber so lange die Reifen untereinander konstant sind, weiß man zumindest, wie man damit umzugehen hat." Pirelli habe die Aufgabe erfüllt, die die FIA vor zwei Jahren gestellt hat: kurzlebige Reifen zu bauen und Boxenstopps nötig zu machen. "Wir können alle bei der F1-Lotterie mitmachen, aber ich glaube nicht, dass einer von uns gewinnen wird", meinte Coulthard. "Jeder kann im Lotto gewinnen, aber in der Formel 1 können es nur wenige."

Derzeit sind es allerdings gar nicht so wenige, schließlich standen Fahrer fünf verschiedener Teams bislang ganz oben. Lediglich Red Bull stellte mit Sebastian Vettel und Mark Webber zwei Rennsieger. Ein bemerkenswerter Saisonverlauf, wie Coulthard feststellte. "Ich weiß nicht, warum das so ist", grübelte er über die Varianz auf dem Podium. "Wenn ich die Teams danach frage, wissen sie es auch nicht. Ich habe allerdings noch nie gesehen, dass ein schlechtes Auto ein Rennen gewinnt. Es muss eine gute Basis besitzen, um siegen zu können."

Vielleicht ist es 2012 aber auch gar nicht nötig, möglichst viele Rennen auf dem Weg zum Titel zu gewinnen. Schließlich klauen sich zahlreiche Piloten untereinander die Punkte, von Dominanz ist in dieser Saison noch kein Spur. "Konstanz ist der Schlüssel", meinte auch Coulthard. "Schau dir Alonso an, der in jedem Rennen punkten konnte. Jetzt führt er die WM an - das ist unglaublich, vor allem, weil Ferrari einen schrecklichen Start erlebte. Keke Rosberg wurde Weltmeister und gewann in dieser Saison lediglich ein Rennen."

Coulthard selbst outete sich als Fan der spektakulären Formel 1, vor allem, wenn er als Kommentator fürs Fernsehen unterwegs ist. "Da ist es toll, weil man über vieles reden kann", grinste er. "Wenn es langweilig ist, muss man sich immer etwas ausdenken." Dass die Zuschauer jedoch nur selten zufrieden sind mit dem, was die sehen, war Coulthard bewusst.

"Manche sagten, dass es in Monaco langweilig war, weil die meisten Fahrer auf eine Ein-Stopp-Strategie setzten", meinte Coulthard. "Aber wenn wir vier Stopps sehen, redet man vor Lotterie. Es liegt in der Natur des Menschen, niemals zufrieden zu sein. Wir wollen unterhalten werden - und wir wollen immer mehr. Wenn es anders wäre, wärest du kein Mensch, sondern ein Goldfisch, der einfach nur rumschwimmt und glücklich ist."