Die Stadt Hockenheim hat grünes Licht für den Verkauf des Hockenheimrings gegeben. Am Mittwoch beschloss der Gemeinderat der großen Kreisstadt Hockenheim, drei Viertel ihrer Anteile (gemeinsam mit den 6 Prozent des Badische Motorsport-Club) an der Hockenheim-Ring GmbH an die emodrom GmbH zu verkaufen. Hinter dem Käufer stecken fünf mittelständische Unternehmen aus Süddeutschland, die bereits seit mehr als einem Jahrzehnt Geschäfte am Hockenheimring betreiben.

Weil 25,01 Prozent der Anteile bei der Stadt verbleiben, behält Hockenheim eine Sperrminorität. Für 74,99 Prozent der Anteile bezahlt die emodrom GmbH 5,5 Millionen Euro, dazu werden Verbindlichkeiten, die aus dem Umbau 2001 resultieren, in Höhe von etwa 20 Millionen Euro übernommen.

Außerdem bezahlt der neue Mehrheitseigentümer nach Informationen der Schwetzinger Zeitung jährlich eine Millionen Euro Pacht an die Stadt Hockenheim. Im Gegenzug bezahlt die Stadt 90.000 Euro pro Jahr für das Namensrecht, also dafür, dass der Hockenheimring auch weiterhin so heißt.

250 Millionen Euro für den Hockenheimring

Die Stadt erhofft sich durch den Deal eine Win-Win-Situation. Einerseits sollen die eigenen Kassen entlastet werden. Gleichzeitig soll der neue Mehrheitseigentümer die Strecke noch deutlich attraktiver machen. In den nächsten zehn Jahren sollen bis zu 250 Millionen Euro investiert werden. Geld, das weder die Stadt, noch die Hockenheim-Ring GmbH nie selbst hätten aufbringen können.

"Der Ring hat sich in den vergangenen drei Jahren durchaus positiv entwickelt, aber wir können aufgrund fehlender Finanzkraft vorhandene Erlöspotenziale nicht ausschöpfen und die notwendigen großen Investitionen und Instandhaltungen nach wie vor nicht alleine stemmen", erklärt Co-Geschäftsführer Jochen Nerpel.

Sein Kollege Jorn Teske sieht in der emodrom Gruppe nicht nur einen finanziell starken Partner: "Wir versprechen uns durch den Einstieg nicht nur eine gewisse finanzielle Schlagkraft und die Umsetzung spektakulärer und imposanter Projekte, sondern auch Know-how in Themenfeldern, die wir bisher nicht abdecken und ungeahnte Möglichkeiten durch die weitreichenden Netzwerke der beteiligten Partner."

Rennfahrer bei den Investoren an Bord

Der Name emodrom ist eine Mischung aus Motodrom und Emotion. Dahinter versammeln sich mit den Unternehmen Paravan (Autonomes Fahren, behindertengerechte Fahrzeugumbauten), Assenheimer (Mercedes-Autohäuser), Wirth (Immobilien), Dünkel (Kieswerket) und Timbra (Immobilien-Projektentwicklung) nicht nur mittelständische Unternehmen, sondern auch Motorsport-Ehtusiasten. Patrck Assenheimer, einer der Geschäftsführer, ist sogar selbst Rennfahrer.

Das Projekt 'Nürburgring 2009' dient als abschreckendes Beispiel, Foto: Nürburgring GmbH
Das Projekt 'Nürburgring 2009' dient als abschreckendes Beispiel, Foto: Nürburgring GmbH

"Ich bin überglücklich, dass der Gemeinderat der Vertragsunterzeichnungen zur Weiterentwicklung des Hockenheimrings einstimmig zugestimmt hat. Alle Beteiligten haben sich über Monate hinweg intensiv mit der Materie und Zukunftsvision beschäftigt. Hierbei wurde vor allem deutlich: Unsere neuen Partner sind gekommen, um zu bleiben! Gemeinsam, da bin ich überzeugt, steuern wir den Hockenheimring in eine großartige Zukunft", so Oberbürgermeister Marcus Zeitler.

Dadurch wird und soll sich das Gesicht des Hockenheimrings ändern, die DNA soll aber erhalten bleiben. Die Käufer, so erzählen es beteiligte Parteien, seien keine Träumer. Eine Katastrophe wie das gescheiterte Projekt Nürburgring 2009 hält man für ausgeschlossen.

Am aktuellen Tagesgeschehen soll sich durch den Verkauf nichts ändern. Für die Fans soll die Eventlocation langfristig aber lukrativer werden. Ein neues Hotel und eine Motorworld werden wohl künftig das Bild der Traditionsrennstrecke prägen. Auch wenn durch die geplanten Baumaßnahmen die Kapazität der Tribünen wohl etwas geringer ausfallen wird, den Motodrom-Charakter soll der Hockenheimring auch in Zukunft haben. Die Bauvorhaben sollen in den nächsten zwei bis drei Jahren realisiert werden.

Die Vision der Investoren am Hockenheimring von einer Motorworld und einem neuen Hotel an der Rennstrecke.
Das neue Hotel soll hinter der Südkurve entstehen, die Motorworld an Start und Ziel, Foto: emodrom Gruppe

Das Porsche Experience Center, das 2019 schon am Hockenheimring eröffnet wurde, gibt einen kleinen Vorgeschmack. Das Projekt wurde schon damals mit der emodrom Gruppe umgesetzt. Anders als beim Porsche Experience Center sollen bei den neuen Vorhaben keine Tribünen komplett wegfallen. Dort, wo der Prunkbau des Zuffenhausener Automobilherstellers samt eigener Teststrecke steht, stand zuvor ein Teil der Innentribünen.

Deutschland GP erstmals seit 2019 wieder im Formel-1-Kalender?

Für Formel-1-Fans in Deutschland bringt der Verkauf des Hockenheimrings neue Hoffnung auf ein Comeback der Königsklasse. Zwar legen auch die neuen Mehrheitseigentümer großen Wert auf Wirtschaftlichkeit, allerdings können die privaten Besitzer mehr Risiko eingehen und müssen sich finanziell nicht vor Gemeinderat und Bürgern verantworten. Zum letzten Mal gastierte die Königsklasse des Motorsports 2019 in Hockenheim. Seither fehlt der Deutschland GP im Formel-1-Kalender. 2020 kam die F1 wegen des Covid-Kalenders kurzfristig auf den Nürburgring, das Rennen wurde aber aufgrund der Namensrechte als Eifel GP ausgetragen.

Überraschend kommt der Verkauf für Insider nicht. Der Deal hatte sich schon über viele Jahre angebahnt. Noch unter dem damaligen Geschäftsführer Georg Seiler wurde die emodrom Gruppe am Hockenheimring ansässig. Durch die Coronakrise kamen die Gespräche ins Stocken, in einem neuen Anlauf konnte aber eine für alle Seiten zufriedenstellende Lösung gefunden werden. Die aktuellen Geschäftsführer Jorn Teske und Jochen Nerpel genießen nicht nur von der Stadt Hockenheim großen Rückhalt, sondern auch von der Investorengruppe und bleiben in ihren Funktionen.