Jeder Motor, der am Sonntag in der Startaufstellung aufheulen wird, hat die größte Belastungsprobe vor sich, die es in der Formel 1 gibt: Den Großen Preis von Italien. 83 Prozent Volllastanteil warten auf die Aggregate, leidenschaftliche Tifosi auf die Fahrer beim schnellsten Rennen des Jahres. Es ist eines dieser Rennen, die jeder Fahrer, der etwas auf sich hält, gewonnen haben muss. Es gibt nichts vergleichbares, kein Austragungsort würde Monza jemals ersetzen können.

Das gibt es sonst nirgends: Die leidenschaftlichen Tifosi machen den Zauber von Monza mit aus, Foto: Sutton
Das gibt es sonst nirgends: Die leidenschaftlichen Tifosi machen den Zauber von Monza mit aus, Foto: Sutton

Die Tribünen werden wieder voll in rot getaucht sein, wenn die Formel-1-Boliden mit bis zu 350 km/h an ihnen vorbei rasen werden. Drei mal wird auf dem Kurs mit 5G heruntergebremst, der DRS-Anteil im Qualifying liegt bei 73 Prozent. Kein Grand Prix ist schneller, intensiver und härter für das Material.

DRS sorgt für den Extra-Kick

Jedes Team wird mit einer eigens für den Highspeedtempel angefertigten Aerodynamik antreten. Für die Fahrer wird der Geschwindigkeitsrausch durch die direkt an der Strecke stehenden Bäume noch vergrößert, nirgends kann der Bleifuß so gepflegt werden wie auf der 1922 eröffneten, unvergleichlichen, knapp 5,8 Kilometer langen Hochgeschwindigkeitsstrecke mit Tunnelblickgarantie. "Der fehlende Anpressdruck hilft der Beschleunigung und es fühlt sich beim ersten Rausgehen auf die Strecke so an, als hätte dir jemand einen 3-Liter V10 ins Heck gepackt", schwärmt Rubens Barrichello über das völlig andere Fahrverhalten mit dem flachsten Flügel des Jahres.

Als wäre das alles noch nicht genug, werden die Höchstgeschwindigkeiten dank DRS noch einmal steigen. "Das sollte richtig aufregend werden!", freut sich Lewis Hamilton wie ein kleines Kind auf den verstellbaren Heckflügel. Die Vorfreude ist auch bei seinen Kollegen riesig, die Wartezeit bis zu den ersten Metern im Autodromo Nazionale di Monza am Freitag wird den Fahrern schier unendlich vorkommen.

Aus technischer Sicht bereiten die DRS-Regeln eher Probleme als Freude: "Die richtigen Gangübersetzungen auszuwählen, um mit den Anforderungen von DRS sowohl im Qualifying als auch im Rennen fertig zu werden, wird knifflig", gibt McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh zu. Seine beiden Fahrer gingen im Vorjahr mit unterschiedlichen Abstimmungen ins Rennen, Button mit viel Abtrieb und F-Schacht, Hamilton mit flachem Flügel. Das wird dieses Jahr nicht mehr der Fall sein, denn trotz DRS kann es sich keiner leisten, im Rennen auf der Geraden langsam zu sein, wenn er den Heckflügel einmal nicht verstellen darf. Der flache Flügel ist auch der Grund, warum viele Experten glauben, dass der Effekt in Monza weniger groß ist als auf anderen Strecken.

Tifosi erwarten Heimsieg

Die meisten Blicke werden am Monza-Wochenende auf Fernando Alonso gerichtet sein. Die Tifosi erwarten einen Sieg ihres Starfahrers. "Der Sieg in Monza ist unglaublich, wenn man dort in einem roten Auto gewinnt, ist es noch unglaublicher. Auf dem Podium zu stehen, Tausende von Fans unterhalb zu sehen, die rote Leibchen tragen und rote Fahnen schwenken, ist einfach eine überwältigende Emotion", schwärmt der Spanier. Die Zuschauer sind nirgendwo sonst mit mehr Herzblut dabei als hier, und wenn ein Ferrari-Fahrer gewinnt, brechen alle Dämme. Alonso durfte dieses einzigartige Gefühl 2010 erleben, als er im ersten Jahr für Ferrari den Heimsieg für das springende Pferd holte.

Das DRS wird in Monza eine große Rolle spielen, doch der Effekt ist noch umstritten, Foto: Sutton
Das DRS wird in Monza eine große Rolle spielen, doch der Effekt ist noch umstritten, Foto: Sutton

Die Party wollen einige verhageln. Red Bull will endlichen den Monza-Fluch brechen und zeigen, dass ein Newey-Auto auch auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke siegfähig ist. Christian Horner betonte, dass Adrian Newey hart an einer low-downforce-Konfiguration für den RB7 getüftelt hat. Sebastian Vettel kennt das Gefühl, in Monza zu gewinnen, er schaffte es 2008 beim legendären Regenrennen im Toro Rosso. Wie bei den letzten Läufen gilt auch in Monza, dass er nicht um jeden Preis gewinnen muss, es aber will. Mark Webber hat noch theoretische Titelchancen, doch sein realistisches Ziel wird es sein, für einen Red-Bull-Doppeltriumph in der Weltmeisterschaft zu sorgen.

Viele Experten sehen auf der letzten Hochgeschwindigkeitsstrecke der Moderne die Mercedes-Teams im Vorteil, gilt der Motor mit dem Stern doch noch immer als das stärkste Aggregat im Feld. Lewis Hamilton will seinen Nuller von Spa-Francorchamps vergessen machen, Jenson Button seinen Sieg von 2009 wiederholen. Auch dem Mercedes-Werksteam wird von nicht wenigen Experten eine Überraschung zugetraut. ""Beim letzten Rennen in Spa haben wir gesehen, dass unser Auto auf schnellen Strecken konkurrenzfähig sein kann", kündigt auch Ross Brawn Großes für das Rennen an.

In Monza zählen bei Durchschnitts- geschwindigkeiten von über 250 km/h vor allem Motorleistung, eine effektive Aerodynamik mit wenig Luftwiderstand und ein stabiles Fahrverhalten auf der Bremse. Beim Anbremsen der Variante Rettifilo erreichen die Carbonbremsen bis zu 1000 Grad. Zusätzlich ist gute Traktion beim Herausbeschleunigen aus den Schikanen gefragt.

Das Rennen am Sonntag wird zeigen, wer das beste Paket hat, wer das schnellste Rennen des Jahres gewinnt, und wem die 13 zum Verhängnis werden wird.