1. - Warum kam Ferrari nicht richtig in Fahrt?

Nach den Winter-Testfahrten war klar: Wenn jemand Red Bull gefährlich werden könnte, dann Ferrari. Der 150° Italia glänzte zwar nicht durch technische Revolutionen, dafür war er unheimlich zuverlässig. Doch beim Australien-GP sah die Sache ganz anders aus: Fernando Alonso landete auf Platz vier, hatte aber nie eine Chance auf den Sieg. Teamkollege Felipe Massa wurde sogar nur Neunter, profitierte aber von der Disqualifikation des vor ihm liegenden Sauber-Duos.

Das große Problem der Italiener waren die Reifen. Eigentlich gilt die Rote Göttin als Reifen schonend, doch in Melbourne hatten Alonso und Massa arge Probleme, die Pirelli-Pneus auf Temperatur zu bekommen. Massa kam weder mit der harten, noch mit der weichen Mischung zurecht und leistete sich immer wieder Verbremser. "Kaum hatte ich sie auf Temperatur, waren sie auch schon hinüber", klagte auch Alonso. "Unser Performance-Level war nicht auf dem der Besten, schon gar nicht auf dem Level von Red Bull", stellte Teamchef Stefano Domenicali nüchtern fest.

2. - Warum gewann Vettel das Rennen so dominant?

Kurz gesagt: Der Red Bull ist derzeit einfach das Maß aller Dinge. Unheimlich schnell und äußerst zuverlässig - der RB7 ist der schwächelnden Konkurrenz mehr als nur eine Nasenlänge voraus. " Es hätte nicht besser laufen können. Es hat alles geklappt von vorne bis hinten", stellte Vettel anschließend im Gespräch mit Motorsport-Masgazin.com fest. Ein perfekter Tag für den Weltmeister und eine Machtdemonstration gegenüber der Konkurrenz.

Während des Rennens war Hamilton sogar noch einmal kurz an Vettel herangekommen, doch ein verpatzter Boxenstopp und ein Schaden am Unterboden beendeten jegliche Siegchance endgültig. Christian Danner ist überzeugt, dass Red Bull noch nicht sein wahres Gesicht gezeigt hat. "Ich glaube nicht, dass der Rest an Red Bull heran kommt. Die sind sehr überlegen, auch ohne KERS. Die sind auch nur Dreiviertel Gas gefahren. Da ist noch viel Luft nach oben bei Red Bull", urteilte der F1-Experte.

Neben dem Fakt, dass der RB7 aktuell das stärkste Auto im Feld ist, lieferte Vettel zudem ein fehlerfreies Rennen ab. "Wir haben das Tempo auf Lewis Hamilton ausgerichtet. Wir wollten immer eine Sicherheitsmarge haben, vier Sekunden für einen Boxenstopp oder das Safety Car", so Red Bull Motorsportberater Marko. Zum Schluss sei man Motor schonend gefahren und habe dafür die Reifen mehr beansprucht. Vettel überquerte die Ziellinie mit ganzen 20 Sekunden Vorsprung auf Hamilton.

3. - Warum musste Hamilton Vettel beim Start ziehen lassen?

Dass McLaren auf längere Distanz nicht mit Red Bull mithalten kann, war den Briten schon vor dem Beginn des Rennens bewusst. Deshalb witterte Lewis Hamilton seine kleine Chance direkt beim Start. Der MP4-26 hatte das KERS-System an Bord, bei Red Bull war man sich hingegen nicht so sicher. Es gab Gerüchte über ein Start-KERS, doch diese sollten sich nicht bewahrheiten. Hamiltons Plan: Nach dem Erlischen der Ampel einen guten Start erwischen, an Vettel heransaugen und per KERS-Kick am Weltmeister vorbeiziehen. Der Plan ging nicht auf.

Vettel erwischte einen Traumstart und machte direkt ein paar Meter auf den McLaren gut. Hamilton hatte derweil andere Probleme, denn auch Mark Webber war als Dritter gut weggekommen und versuchte, sich am McLaren-Piloten vorbei zu schieben. Als der Australier die Tür schon fast geschlossen hatte, rettete Hamilton seinen minimalen Vorsprung noch per KERS-Aktivierung. "Am Start drehten etwas die Reifen durch, deshalb konnte ich mir Sebastian nicht schnappen", verriet Hamilton anschließend. Als Hamilton seinen Platz verteidigt hatte, war der spätere Sieger nicht mehr in Schlagdistanz.

4. - Wieso verzichtete Red Bull auf das KER-System?

Es war die große Frage vor dem Start ins Rennen: Hat Red Bull KERS an Bord - und falls ja, welches? Gerüchte über ein Start-KERS machten die Runde. Angeblich habe das Team ein System entwickelt, dass schon in der Box aufgeladen wird und nur einmal abgefeuert werden kann. Doch es kam anders: Red Bull verzichtete schlichtweg auf das Hybrid-System.

Völlige Dominanz: Sebastian Vettel im RB7, Foto: Sutton
Völlige Dominanz: Sebastian Vettel im RB7, Foto: Sutton

Die Erklärung fiel simpel aus: Red Bull bekam das KER-System nicht richtig ans Laufen und hatte es während des Rennens offenbar gar nicht erst eingebaut. "Wir hatten das KERS am Wochenende nicht im Auto", verriet Teamchef Christian Horner. "Wir wollten es Niemandem sagen, aber wenn man sich den Start anschaut… dann sieht es aus, als ob wir es gar nicht gebraucht hätten", so Horner weiter. Am Freitag hatte man KERS noch verbaut, doch glücklich war man nicht damit. "Wir hatten das Gefühl, dass es ein potentielles Risiko darstellen könnte, deshalb haben wir es aus beiden Autos entfernt und am Wochenende nicht benutzt", erklärte Horner die voran gegangene Geheimniskrämerei um das Hybrid-System.

Zudem verriet Horner, dass es interne Differenzen um den Einsatz des KER-Systems gegeben habe. Anscheinend war Star-Designer Adrian Newey von der Technologie nicht allzu angetan. "KERS hätte sich in Adrians Aero-Outfit eingliedern müssen, und das wäre eine größere Herausforderung gewesen. Adrian ist eben Adrian", schmunzelte Horner.

5. - Webber: Warum nur Platz fünf beim Heimrennen?

Mark Webber war nicht gerade unerfreut als er hörte, dass der Australien-GP nach der Bahrain-Absage wieder den Auftakt in die neue Saison bilden würde. Webbers große Chance, bei seinem Heimrennen zu glänzen und noch einmal den Angriff auf den Titel zu starten. Die Voraussetzungen waren mit dem bärenstarken RB7 gegeben. Doch es kam anders - der Australier war die große Enttäuschung im Albert Park.

Während Vettel nach Belieben das Renngeschehen dominierte, landete sein Teamkollege nur auf dem fünften Platz. Zu wenig für die hohen Ansprüche und im Vergleich zum Weltmeister stark abfallend. Webber selbst hatte eine simple Erklärung für seine unbefriedigende Performance: "Ich war heute einfach nicht schnell genug." Trotzdem wirkte der 34-Jährige ratlos. "Es gab wirklich nicht mehr viel, was ich noch hätte machen können. Es ist ja nicht normal für mich, dass es einfach nicht läuft und ich den Rhythmus an der Spitze nicht mitgehen kann. Ich sollte schon in der Lage sein, mit diesen Jungs mitzuhalten, aber heute lag ich einfach weit zurück", zuckte Webber mit den Schultern.

Doch es gibt noch einen weiteren Grund für Webbers schwaches Abschneiden. Marko vermutete, dass dessen RB7 mit Fahrwerksproblemen zu kämpfen hatte. "Weder der weiche, noch der harte Reifen hat bei ihm funktioniert und der Abbau war stärker als bei Vettel", analysierte der Red Bull Motorsportberater. Ein Indiz dafür: Webber stellte seinen Boliden direkt nach dem Zieleinlauf ins Grün und Qualm war am linken Vorderrad zu erkennen. Red Bull will sich dem Problem schnellstens annehmen, damit man in Malaysia wieder zwei gleichwertige Autos an den Start bringen kann.

6. - Warum ist Sauber disqualifiziert worden?

Es hätte ein großartiger Tag für das Sauber-Team werden können. Kamui Kobayashi und Sergio Perez überzeugten beim Rennen mit starker Performance und fuhren auf die Plätze sieben und acht. Zehn WM-Punkte für das Team von Peter Sauber - wer hätte das gedacht? Doch es sollte anders kommen. Nach Rennende erreichte das Team die Nachricht, dass man disqualifiziert worden sei.

Im Doppelpack disqualifiziert: Sauber, Foto: Sutton
Im Doppelpack disqualifiziert: Sauber, Foto: Sutton

Die FIA warf Sauber vor, am C30 einen illegalen Heckflügel eingesetzt zu haben. " Das ist ein sehr überraschendes und enttäuschendes Resultat. Es scheint, als gebe es Fragen zur Oberfläche des obersten Elements des Heckflügels. Dieser Bereich ist nicht die Arbeitsfläche des Teils und daher relativ unwichtig für seine Funktion. Das hat sicher nicht zu irgendeinem Leistungs-Vorteil geführt", erklärte Sauber-Technikdirektor James Key. Man wolle die Vorwürfe nun genauestens überprüfen und dann Revision gegen den Ausschluss einlegen.

Wer es genauer wissen möchte: Laut FIA hätten die Teile gegen Artikel 3.10.1 und 3.10.2 des technischen Reglements verstoßen. So heißt es dort unter anderem: "Der konkave Radius der drei Heckflügel-Elemente, die in Kontakt mit dem Luftstrom sind, darf nicht kleiner als 100mm sein." Das soll bei Sauber nicht der Fall sein, der Radius betrage angeblich nur 95mm.

7. - Warum kassierte Button eine Durchfahrtstrafe?

Kurz nach dem Start lieferte sich Button ein sehenswertes Duell mit Massa um den fünften Platz. Der McLaren-Bolide war deutlich schneller als Massa, der mit seinen Reifen zu kämpfen hatte. Doch der Brasilianer hielt verbissen an seiner Position fest - und damit Button in Schach. "Ich steckte gleich hinter Massa fest. Der hat zwar gut geblockt, war aber so unglaublich langsam. Er war auch viel langsamer als Fernando [Alonso], der dann auch noch Druck machte - ich kam einfach nicht vorbei", rätselte Button anschließend.

Alle Überholversuche des McLaren-Fahrers wehrte Massa erfolgreich ab. In der zehnten Runde passierte es dann: "Als ich in Kurve zwölf probiert habe vorbei zu kommen, war ich am Eingang vorne und dann hat er mich rausgedrückt", so Button: "Ich wusste nicht wohin, denn an der Stelle ist man schnell. Wäre ich auf der Strecke geblieben, hätte es gekracht."

In der Folge konnte er Massa jedoch nicht wieder vorbei lassen, da dieser direkt nach der Aktion von Alonso überholt wurde. "Das Problem war, dass Fernando sofort überholt hat. Ich habe keine Ahnung, ob das Absicht war, damit ich eine Strafe bekomme, weil ich den Platz so nicht zurückgeben konnte. Aber ich musste schauen, wie ich da durch komme - also was soll ich gegen die Strafe machen", fragte Button nach dem Rennen frustriert. Die anschließende Durchfahrtstrafe der Stewards warf den Weltmeister von 2009 auf die zwölfte Position zurück.

8. - Warum war Heidfeld so viel schlechter als Petrov?

Vitaly Petrov war die große Überraschung in Melbourne. Wer hätte schon damit gerechnet, dass sich der Lotus Renault GP Pilot gegen die Top-Teams durchsetzt und den ersten russischen Podestplatz der F1-Historie klarmachte. Doch im Team von Eric Boullier herrschte Licht und Schatten: Auf der einen Seite der umjubelte Petrov, auf der anderen ein völlig frustrierter Nick Heidfeld.

Der 33-Jährige - nach Robert Kubicas Ausfall - der vermeintliche Leader im Team, würgte sich auf den 14. Platz. Nach einer Kollision mit Alguersuari hatte der R31 einen erheblichen Schaden am Seitenkasten erlitten. Nicht nur das bremste "Quick Nick" gehörig aus. "Am Anfang hatte ich auch noch ein KERS-Problem. Das haben wir aber mit den Settings halbwegs hinbekommen. Dazu hatten wir noch ein Problem mit dem Heckflügel, der hat sich von allein geöffnet und geschlossen", so Heidfeld gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Das beschädigte Auto sorgte weiter dafür, dass Heidfeld nur begrenzte Informationen über die neuen Pirelli-Reifen nach Malaysia mitnimmt: "Von den Reifen lernte ich nichts, weil das Auto so kaputt war. Ich bin nur rumgerutscht." Er habe die Reifen stark beansprucht, da der Bolide aufgrund der Probleme über viel zu wenig Abtrieb verfügt habe. Zu allem Übel musste sich Heidfeld dann auch noch von Petrov überrunden lassen.