Für die einen ist es die Zukunft der Automobilindustrie, für die anderen eine Möglichkeit mehr, um die Rennen etwas spannender zu gestalten. Für eine überraschend große Anzahl an Fahrern und Teams war KERS im Qualifying in Melbourne jedoch noch etwas anderes: ein unerwartet großes Problem.

"Es lieferte keine Power", beklagte sich Nick Heidfeld. "Dadurch musste ich einige Settings ändern und das hat mich eine meiner schnellen Runden gekostet." Auch Lewis Hamilton wurde von einem KERS-Problem auf seiner schnellsten Q3-Runde gehandicapt.

"Mein KERS funktionierte ab der Hälfte meiner letzten Runde nicht mehr - ich hatte noch 40% übrig und konnte es nicht abrufen", verriet Hamilton. "Das hätte mir noch ein paar Zehntel gebracht." Mit dem gleichen KERS von Mercedes unterwegs waren auch die Werksfahrer Michael Schumacher und Nico Rosberg. "Wir gehörten auch zu den Teams mit KERS-Problemen, aber hoffentlich finden wir eine Lösung", sagte der Rekordweltmeister.

Brawn: KERS bringt Vorteile

Mercedes-Benz Motorsportchef Norbert Haug gestand die Probleme mit dem System ein. "Ich kann die anderen Systeme nicht einschätzen, aber unseres war bei den Tests viel besser", betonte er. "Wir müssen die Probleme beheben, denn wir waren dadurch in allen Sessions gehandicapt, nicht immer nur durch KERS, aber das hilft nicht, das Maximum herauszuholen." Schon im Rennen am Sonntag hofft Haug auf Besserung.

Mercedes-Teamchef Ross Brawn lässt seinen Glauben an KERS von den Problemen nicht erschüttern. "Wir hatten einige Probleme mit KERS an diesem Wochenende, aber sobald wir diese gelöst haben, wird es ein Vorteil für das Auto sein", ist er überzeugt. Dabei erinnert er an die Erfahrungen aus der Saison 2009: "Es wird Starts geben, bei denen die KERS-Autos einen ziemlichen Vorteil haben werden. Im Lauf der Saison wird KERS ein großer Vorteil sein."

Red Bull: Vorteil ohne KERS?

KERS lässt bei den Teams die Alarmsignale angehen, Foto: Sutton
KERS lässt bei den Teams die Alarmsignale angehen, Foto: Sutton

In der ersten KERS-Saison 2009 zählte der Mercedes-System zu den besten und zuverlässigsten. So soll es wieder werden. Damals fuhr das heutige Werksteam übrigens unter dem Namen Brawn GP alles in Grund und Boden - allerdings ohne KERS. Wie Red Bull setzte Brawn das System damals nicht ein. Daran scheint sich auch Red Bull erinnert zu haben. "Wir haben KERS heute nicht eingesetzt", verriet Sebastian Vettel nach seiner überlegenen Pole. "Warum? Das bleibt glaube ich unser Geheimnis."

Ross Brawn kann sich nicht vorstellen, dass Red Bull das System nur ausgeschaltet hat. "Es im Auto zu haben und nicht zu nutzen macht wenig Sinn", gibt er zu Bedenken. Immerhin fahre man dann unnötig Gewicht herum. "KERS muss beim Design des Autos bedacht werden, das Batteriepaket muss untergebracht werden, es bringt zusätzliches Gewicht", erklärt der Teamchef. Ohne KERS kann ein Team mehr mit Ballast spielen. Allerdings sind die Teams diesbezüglich 2011 eingeschränkt: die Gewichtsverteilung ist nach Absprache aller Teams fest vorgeschrieben.

Deshalb wird im Fahrerlager darüber gemunkelt, dass Red Bull vielleicht ein "KERS light" habe, welches die Fahrer nur am Start einsetzen. Ein solches System könnte kleiner, kompakter und leichter sein. Denn den größten Vorteil bringt KERS am Start. Vettel meinte nach dem Qualifying, sein KERS sei nicht voll geladen gewesen. Eine Erklärung dafür wäre, dass sein abgespecktes System nur einmal benutzt werden kann.