1. - S wie Startaufstellung

Die siebte Red-Bull-Pole und die dritte für Mark Webber in Folge war keine wirkliche Überraschung. Trotzdem muss Webber froh sein, dass er am Sonntag erneut vom besten Startplatz losbrausen darf. Sebastian Vettel war das gesamte Rennwochenende schneller unterwegs und lag auch im Q3 auf Bestzeitkurs, als sein Stabilisator kaputt ging und ihm beide Angriffe ruinierte.

Das Ergebnis: Startplatz 3 für den Deutschen. Zwischen die beiden Red Bull zwängte sich Lewis Hamilton im McLaren, dem einzigen Auto, das Red Bull in Istanbul nahe kam. Helmut Marko glaubt jedoch: Wenn Vettel keinen Defekt gehabt hätte, wäre der Abstand wieder auf Barcelona-Niveau angewachsen. Dort hatte Red Bull eine Sekunde Vorsprung auf den Rest des Feldes.

Hinter den gemischten ersten beiden Startreihen (Webber, Hamilton, Vettel, Jenson Button) starten die beiden Mercedes-Fahrer Michael Schumacher und Nico Rosberg. Beide freuen sich über den Aufwärtstrend, müssen aber auch auf Robert Kubica achten, der von Platz 7 nach vorne stürmen möchte. Eine kleine Katastrophe erlebte Ferrari im Qualifying. Istanbul-Seriensieger Felipe Massa landete nur auf Platz 8, Fernando Alonso kam als Zwölfter gar nicht ins Q3. Eine Erklärung hat das Team nicht. Massa und Alonso sind ratlos.

2. - S wie Start

In Monaco war Überholen ausgeschlossen, in Istanbul ist es theoretisch und praktisch durchaus möglich, aber die beste Chance, um Plätze zu gewinnen, ist und bleibt der Start. "Dort kann man gewinnen oder verlieren", sagt Lewis Hamilton leicht philosophisch angehaucht. Sein Ziel lautet: "Wenn es möglich ist, werde ich Webber angreifen." Entscheidend ist immer die Seite - schmutzig, weil weniger befahren, oder sauber, weil auf der Ideallinie lautet die Frage.

"Natürlich wäre man lieber auf der sauberen Seite", sagt Hamilton. "Ich habe einige Autos gesehen, die auf Start-Ziel von der Linie fuhren und es schien dort sehr staubig. Wir haben dort ein paar Starts gemacht und die waren nicht so gut wie auf der anderen Seite." Deshalb rechnet sich Michael Schumacher gute Chancen aus, wenigstens einen Platz am Start zu gewinnen.

Michael Schumacher flog in Kurve acht ab, Foto: Sutton
Michael Schumacher flog in Kurve acht ab, Foto: Sutton

"Die saubere Seite ist sicherlich hilfreich", sagt der Mercedes-Pilot. Sebastian Vettel vor ihm steht auch auf der besseren Seite, aber Jenson Button auf Platz 4 nicht. "Button ist eine Möglichkeit, aber danach wird es eher schwierig. Da müsste etwas zusammenkommen, damit wir weiter nach vorne kommen." Zumindest in Monaco gelang es Schumacher seinen Teamkollegen Nico Rosberg am Start zu kassieren.

Der weiß, dass seine Chancen auf eine Revanche schlecht stehen. "Ich bin auf der schlechteren Seite", betont er. "Aber man kann in der ersten Kurve immer noch etwas erreichen." Die Angst vor Robert Kubica hält sich in Grenzen. "Bis dahin sollte die Strecke besser sein und es ist nur ein kurzer Weg bis zur ersten Kurve. Wenn ich einen guten Start und eine gute erste Runde habe, können wir ein starkes Rennen fahren."

3. - S wie Strecke

Die türkischen Fans lassen den Istanbul Park meistens links liegen, aber die Fahrer lieben den Kurs, auf dem die Formel 1 das zweitlängste Rennen des Jahres fährt. Marc Surer fällt für den Kurs nur eine Beschreibung ein: "Es ist eine supergeile Strecke." Der Ex-F1-Pilot vergleicht Istanbul mit Mugello. "Es geht bergauf, bergab, fast eine Naturstrecke", erklärt er. "Man wirft Hermann Tilke immer vor, dass er nur künstliche Strecken baut. Hier ist es anders. Es geht über Kuppen, gibt schnelle Kurven, interessante Passagen - es ist alles drin. Eine Strecke, wie man sie besser nicht machen kann."

Die beste Überholmöglichkeit befindet sich im letzten Sektor nach der langen Geraden in Richtung der "Mickey-Mouse"-artigen Kurve 12. "Man kann Seite-an-Seite fahren, ist aber durch die begrenzte Traktion und mangelnden Grip auf der Vorderachse in seinen Möglichkeiten stark limitiert", erklärt Robert Kubica. "Solange niemand einen Fehler macht, ist es schwer zu überholen."

Nach einer halben Runde kommen die Piloten zur Kurve 8, eine Vierfachkurve, die mit rund 260 km/h genommen wird. "Das Problem dabei ist nicht unbedingt die Rennlinie, sondern das Aufsetzen des Fahrzeugs durch die vielen Bodenwellen", sagt Kubica. Mit den modernen Formel 1-Autos wird die Kurve fast mit Vollgas durchfahren.

"In der ersten Runde, wenn der Reifendruck noch niedrig ist und die Autos mit vollem Tank sehr schwer sind, kann es allerdings sehr interessant werden." Unter besonderer Beobachtung steht der rechte Vorderreifen, der in dieser Kurve sehr stark belastet wird - laut Bridgestone ist es die härteste Kurve für die Reifen in der gesamten Saison.

4. - S wie Setup

Istanbul erfordert einen Setup-Kompromiss zwischen dem ersten und letzten Sektor. Kubica erklärt: "Wenn du das Auto für die hohen Geschwindigkeiten im ersten Streckenabschnitt optimierst, verlierst du mechanischen Grip und opferst damit eine gute Traktion und Bremsstabilität, die im letzten Bereich der Strecke entscheidend ist."

Bruno Senna stimmte seinen HRT ganz für Kurve 8 ab, weil sein Auto sonst kaum fahrbar wäre. Jenson Button machte es umgekehrt: Er wollte in den anderen Kurven ein niedriges Auto haben und merkte nach dem Qualifying, dass seine Bodenfreiheit zu gering war für Kurve 8. Im Rennen könnte das vor allem zu Beginn mit viel Sprit im Tank problematisch sein. "Es gibt mittlerweile jedes Jahr mehr Bodenwellen in Kurve 8. Inzwischen braucht man nicht nur Mut, sondern auch eine Aufhängung, die das mitmacht", sagt Surer. "Die Autos schlagen auf und viele Fahrer haben deshalb Probleme." Schon am Freitag gab es deshalb viele Ausritte in Kurve 8. Im Qualifying flog auch Michael Schumacher dort ab.

5. - S wie Strategie

Renault möchte wieder für eine Überraschung sorgen, Foto: Sutton
Renault möchte wieder für eine Überraschung sorgen, Foto: Sutton

Die Boxenstoppstrategie spielt in dieser Saison eine eher ungeordnete Rolle, denn aufgrund des Tankverbots stoppen alle Teams nur einmal. Trotzdem ist der Stopp entscheidend. Denn neben dem Start ist er die einzige Möglichkeit, um Plätze gutzumachen - abgesehen von den seltenen Überholmanövern natürlich.

Die Boxengasse in Istanbul ist von der Ein- bis zur Ausfahrt 380 Meter lang, ein Stopp ohne Standzeit dauert 14,9 Sekunden. Safety-Car-Einsätze sind aufgrund der üppigen Auslaufzonen eine Seltenheit. Außer es rennen Hunde auf die Strecke wie im GP2-Rennen vor einigen Jahren. Die Strategen können sich also voll auf den optimalen Stoppzeitpunkt konzentrieren. Die einzige Schwierigkeit bei der Berechnung sind die weichen Reifen, die auf einer Runde schnell abbauten. Je länger ein Fahrer damit schnell fahren kann, desto besser. Vor allem zu Rennbeginn, wenn die Strecke noch schmutzig ist, müssen die Piloten auf Graining achten.

Lewis Hamilton macht sich wegen der Reifen keine Sorgen. "Die Longruns waren bislang sehr gut und es gab keine Beschwerden von Bridgestone", sagt er. "Das ist gut für mich und ich kann ohne große Sorgen ins Rennen gehen. Trotzdem muss man auf die Reifen aufpassen und gut mit ihnen umgehen."

6. - S wie Sonntagswetter

Ein Regenrennen ist in Istanbul nicht zu befürchten. Im Gegenteil: Am Sonntag soll es noch etwas heißer sein als am Samstag. Das Niederschlagsrisiko liegt bei 10%. Die Temperaturen sollen bis zu 30 Grad erreichen. Für die Fahrer ist das besonders wichtig, weil der Kurs entgegen dem Uhrzeigersinn befahren wird und ihre Nackenmuskulatur durch die ungewohnte Belastung stärker belastet wird als.

7. - S wie Spannung

Red Bull hat noch immer das schnellste Auto, aber McLaren scheint Vettel und Webber näher gekommen zu sein. "Bei Red Bull war die Qualifying-Pace immer das Herausstechende", erinnert Jenson Button. "Wenn wir im Qualifying näher dran sind, können wir sie im Rennen herausfordern." Denn die Rennpace von McLaren war bislang immer näher an Red Bull dran. Zusätzliche Hoffnung gibt ihm der F-Kanal: "Wir haben einen guten Topspeed auf den Geraden", betont Button. "Und auf dieser Strecke kann man überholen." Red Bull verzichtet auf den Einsatz des neuen F-Kanals.

Jenson Button baut auf die Rennpace des McLaren, Foto: Sutton
Jenson Button baut auf die Rennpace des McLaren, Foto: Sutton

Lewis Hamilton weiß auch schon, wo er sein Manöver probieren könnte. "Wenn ich nahe genug bin, kann ich sicher überholen", betont er. "Es hängt davon ab, ob ich nach Kurve acht nahe genug bin. Wenn ich in Kurve neun an ihm dran bin, hat er Probleme." Martin Whitmarsh hat volles Vertrauen in seine beiden Fahrer. "Wenn wir in den ersten zwei Reihen der Aufstellung stehen und nicht an den Sieg denken, dann stimmt mit uns was nicht. Ich will gewinnen, ich will einen Doppelsieg."

Beide Red Bull auf der Strecke zu schlagen, wird nicht einfach. Deshalb baut Hamilton auf den Defektteufel. "Die gute Sache in unserem Team ist die tolle Zuverlässigkeit", sagt er. "Ich hoffe, das zeigt sich morgen, ich würde aber nie jemand anderem was Schlechtes wünschen. Wir wollen fair und ehrlich gewinnen, aber wir müssen schauen, was dem Rest passiert." Red Bull hatte auch dieses Wochenende drei Probleme: zwei bei Webber, eines bei Vettel.

Dahinter lauert Michael Schumacher auf seine Chance. "Sicherlich habe ich am Start die Möglichkeit, mich einen Platz vorzuarbeiten, gleich an zwei Plätze zu denken wird schwierig", sagt er. "Sollte ich am Start zwei Plätze gutmachen können, kann man über ein Podium nachdenken. Wenn nicht, wird es schwer."