Ganz heikle Szene beim Sonntagsrennen der DTM in Spa: In der 19. Runde preschte plötzlich Sheldon van der Linde am Führenden und späteren Rennsieger Nik Cassidy vorbei - obwohl Überholmanöver wegen der anhaltenden Full-Course-Yellow-Phase strikt verboten waren. Kurzzeitig lag der Schubert-BMW-Fahrer mit zehn Sekunden in Front, bevor er sich schlagartig auf den zweiten Platz zurückfallen ließ.

Das Problem: Van der Linde, der mit Platz zwei seinen Vorsprung in der Meisterschaft weiter ausbauen konnte, wusste überhaupt nichts von der Neutralisationsphase, die der Ausfall von Rene Rast (Reifenschaden) ausgelöst hatte. "Ich hatte zu diesem Zeitpunkt keinen Funk und wusste erst, dass Full Course Yellow ist, als ich ein Schild an der Strecke gesehen habe", erklärte van der Linde.

Van der Linde: Schreckmoment geht glimpflich aus

Ein absoluter Schreckmoment, der allerdings glimpflich ausging. Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com teilte das Schubert-Motorsport-Team die Umstände auf schnellstem Wege der Rennleitung mit. Da van der Linde schnell reagierte, sparten sich die Stewards eine Untersuchung des Vorfalls.

Van der Linde: "Ich dachte erst, dass Nick (Cassidy) ein Problem hat. Ich fuhr dann direkt total konservativ, um sicherzustellen, dass alles in Ordnung ist." Beim nachfolgenden Re-Start im DTM-Formationsstil konnte van der Linde seinem Ferrari-Gegner nicht mehr gefährlich werden und begnügte sich bei noch einer zu fahrenden Runde mit dem zweiten Platz und den sicheren 18 Meisterschaftspunkten.

Sheldon van der Linde marschiert dem DTM-Titel entgegen, Foto: DTM
Sheldon van der Linde marschiert dem DTM-Titel entgegen, Foto: DTM

DTM in Spa: Überall Funk-Probleme

Funk-Probleme in Spa-Francorchamps, das war keine Seltenheit. Am Sonntag erwischte mit Thomas Preining einen weiteren Podestfahrer dieses Problem. "Wir hatten im Rennen keinen Teamfunk und deshalb musste ich den Zeitpunkt des Boxenstopps selbst entscheiden", verriet der Porsche-Werksfahrer aus dem Team von Timo Bernhard. "Das war ziemlich schwierig, hat aber gut geklappt."

Preining fuhr in beiden Spa-Rennen auf das Podium und erlebte sein erfolgreichstes DTM-Wochenende seit dem Debütsieg auf dem Norisring. Aufgrund der mangelnden Kommunikation ging es wenig überraschend ziemlich geschäftig zu am Boxenplatz der Bernhard-Mannschaft. Eine nachträgliche Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro, weil ein Rad am Boxenplatz gerollt statt festgehalten wurde, dürfte das Porsche-Kundenteam verschmerzen können.

Funk-Probleme rund um den 7,004 Kilometer langen Ardennenkurs herrschten am gesamten DTM-Wochenende und sind auf die Topographie der Strecke zurückzuführen. Bei Höhenunterschieden von bis zu 100 Metern hakte die wichtige Kommunikation zwischen Team und Fahrer unter anderem im Bereich der Pouhon-Kurve, dem niedrigsten Punkt der Strecke.

DTM-Titelanwärter: "Verrückte Manöver machen keinen Sinn"

Van der Linde kam kurz vor dem Rennende mit dem Schrecken davon und marschiert weiter in Richtung des DTM-Titelgewinns. Bei noch vier ausstehenden Rennen führt der BMW-Werksfahrer die Tabelle mit 130 Punkten an. Sein Vorsprung auf den ärgsten Verfolger, Lucas Auer (Winward-Mercedes, 98 Punkte) beträgt 32 Zähler. Aus den Top-4 der Gesamtwertung gelang nur van der Linde ein Podesterfolg in Belgien.

"Ich wollte das Rennen gewinnen, aber auch kein Podest wegwerfen", sagte der 23-Jährige. "Jetzt ist es für mich am wichtigsten, die Punkte zu holen. Es ist wichtig, Risiko und Nutzen abzuwägen. Verrückte Manöver machen da keinen Sinn. So mache ich bis zum Ende weiter."

Dass van der Linde nicht 'mit der Brechstange' nach seinen vierten Saisonsieg griff, sondern mit Blick auf die Punktekonstellation die Ruhe bewahrte, fiel auch DTM-Debütsieger Cassidy auf. "Den Sieg hätte ich niemals aufgegeben", sagte der Neuseeländer. "Ich habe aber gemerkt, dass Sheldon sehr smart fuhr."

Dabei half auch der langsame Boxenstopp bei van der Linde, der ihn rund drei Sekunden kostete und Cassidy eine optimale Ausgangslage verschaffte. Sheldon kurz nach dem Rennende: "Das war ärgerlich. Ich glaube, dass ich das Rennen sonst gewonnen hätte."