Spannung bis zur letzten Sekunde beim Sonntagsrennen der DTM in Spa! Nick Cassidy behielt nach einem späten Re-Start bei nur einer noch zu fahrenden Runde die Oberhand gegen Sheldon van der Linde und feierte seinen ersten DTM-Sieg. Für sein Team AF-Corse-Ferrari war es der zweite Triumph in der laufenden Saison 2022. Der Meisterschaftsführende van der Linde (Schubert-BMW) konnte seinen Vorsprung weiter ausbauen.

Porsche-Werksfahrer Thomas Preining (Bernhard-Porsche) belegte den dritten Platz auf dem Podium und errang seinen zweiten Podesterfolg beim drittletzten Rennwochenende des Jahres auf dem belgischen Traditionskurs. Wegen eines möglichen Vergehens beim Boxenstopp stand der Österreicher nach dem Rennende unter Beobachtung der Rennleitung. Die Mannschaft von Teamchef Timo Bernhard kam im Nachgang mit einer Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro davon, weil ein Rad gerollt statt mit beiden Händen gehalten wurde.

Cassidy, von Platz drei gestartet, legte den Grundstein für den späteren Sieg in der Anfangsphase. Zunächst kassierte er Pole-Setter Rene Rast (Abt-Audi, Ausfall) und blieb später während der Pflicht-Boxenstopps knapp vor Verfolger van der Linde, der das Rennen vom zweiten Startplatz aufgenommen hatte und früh in Führung gegangen war. "Leider war unser Boxenstopp etwas langsam", sagte der Südafrikaner, der beim Reifenwechsel rund drei Sekunden verlor. "Das war ärgerlich. Ich glaube, dass ich das Rennen sonst gewonnen hätte."

Lucas Auer (Winward-Mercedes) erzielte an seinem 28. Geburtstag nach Start von P8 den vierten Platz. "Eigentlich ein gutes Ergebnis, aber am Ende hat die Pace gefehlt", meinte der Österreicher. Auf den Positionen fünf und sechs folgten die Markenkollegen Luca Stolz (HRT-Mercedes) und Mikael Grenier (GruppeM-Mercedes). Philipp Eng (Schubert-BMW), Felipe Fraga (AF-Corse-Ferrari), der zweifache DTM-Meister Marco Wittmann (Walkenhorst-BMW) und Mirko Bortolotti (GRT-Lamborghini) - von P20 ins Rennen gegangen - komplettierten die Punkteränge.

Nach einer späten Full-Course-Yellow-Phase ordnete die Rennleitung einen rollenden Formations-Restart an, der nicht ohne Opfer blieb. Im hinteren Feld krachte es bei noch einer zu absolvierenden Runde mehrfach. Maro Engel, Esteban Muth und Dev Gore sowie Clemens Schmid und Rast sahen nicht die Zielflagge. An der Spitze ließ Cassidy jedoch nichts mehr anbrennen. "Ich wollte diesen Sieg unbedingt", sagte der Red-Bull-Athlet, der dieses Jahr einige Rennen wegen seiner Verpflichtungen in der Formel E verpasste.

Rene Rast: Erst Zeitstrafe, dann Ausfall

Titelanwärter Rene Rast sah die Zielflagge nach P4 im Samstagsrennen am Sonntag nicht. Der dreifache DTM-Champion hatte das Rennen von der Pole Position aufgenommen, die Führung aber schnell an Sheldon van der Linde und wenig später auch den zweiten Platz an Nick Cassidy verloren. Für den Zweikampf mit dem Ferrari-Piloten im ersten Renndrittel kassierte Abt nach einer Bedenkzeit der Rennleitung eine 5-Sekunden-Zeitstrafe.

Mit der Strafe im Gepäck jagte Rast in der zweiten Rennhälfte das Führungsduo Cassidy und van der Linde - dann das Drama in Runde 17: Der Abt-Audi-Pilot musste seinen R8 LMS GT3 mit einem Reifenschaden am Streckenrand abstellen und ging leer aus - sein vierter vorzeitiger Ausfall in der laufenden Saison.

DTM-Champion Götz im Pech

Pech hatte der amtierende DTM-Champion Maximilian Götz (Winward-Mercedes). Nach Platz zwei am Samstag, hatte sich der AMG-Fahrer mit dem sechsten Startplatz eine aussichtsreiche Ausgangsposition verschafft und war nach dem Rennstart schnell bis auf den vierten Platz nach vorne gekommen. Mit Untersteuern fiel Götz wenig später auf die siebte Position zurück. Noch auf Punktekurs liegend, musste er mit seinem Winward-Mercedes einen weiteren Boxenstopp einlegen und fiel weit zurück.

Van der Linde baut Führung in der DTM-Meisterschaft aus

Bei noch vier ausstehenden Rennen führt Sheldon van der Linde die DTM-Tabelle mit 130 Punkten an. Sein Vorsprung auf den Zweitplatzierten Lucas Auer (98 Punkte) beträgt 32 Zähler. Rene Rast fiel nach seinem Ausfall mit weiterhin 96 Punkten auf den dritten Platz in der Gesamtwertung zurück. Mirko Bortolotti (94 Punkte) und Samstags-Sieger Dennis Olsen (87 Punkte) folgen auf den Positionen vier und fünf. Damit liegen Fahrer von fünf unterschiedlichen Marken auf den ersten fünf Plätzen der Meisterschaft.

Das vorletzte Rennwochenende der DTM-Saison 2022 steigt in zwei Wochen auf dem Red Bull Ring in Österreich (23.-25. September). Die letzten beiden Rennen des Jahres warten im Anschluss beim Saisonfinale auf dem Hockenheimring (07.-09. Oktober).

DTM in Spa: So lief das Rennen am Sonntag

Die Startaufstellung: Im kniffligen Qualifying auf abtrocknender Strecke eroberte Rene Rast seine 22. Pole Position in der DTM - Gesamtplatz zwei hinter Bernd Schneider (29) - und die zweite in der laufenden Saison. Sheldon van der Linde, Nick Cassidy und Mikael Grenier folgten auf den Plätzen zwei bis vier. Insgesamt wurden sieben Grid-Strafen aus unterschiedlichen Gründen verteilt, die die Startaufstellung etwas durcheinanderwürfelten - die parallel in Monza startende Formel 1 lässt grüßen.

Maro Engel, Maximilian Götz, Thomas Preining, Lucas Auer, Kelvin van der Linde und Felipe Fraga folgten auf den Positionen fünf bis zehn - damit vier Mercedes-AMG GT3 in den Top-8. Titelanwärter Mirko Bortolotti kam mit seinem GRT-Lamborghini nicht über den 20. Startplatz hinaus. Samstag-Sieger Dennis Olsen musste in Folge einer falschen Reifenwahl mit Regenreifen statt Slicks von P21 starten.

Das Wetter: Abtrocknende Strecke im Qualifying am Morgen - ein wenig Sonnenschein zum Rennstart um 13:30 Uhr! Das berüchtigte Spa-Wetter hielt auch am Sonntag die eine oder andere Überraschung parat. Bei kühlen, aber trockenen Bedingungen mit 18 Außentemperatur (Strecke: 22 Grad) nahmen alle 27 Fahrer das Rennen mit Slick-Reifen auf.

Der Start: Sheldon van der Linde überholte Pole-Setter Rene Rast wie erwartet nach der ersten Kurve und führte das Feld durch die Eau-Rouge-Raidillon-Kurvenkombination an. Nick Cassidy behauptete den dritten Platz, während Maximilian Götz an seinen Mercedes-Markenkollegen Grenier und Engel vorbei an die vierte Position nach vorne fuhr. Lucas Auer beendete die erste Runde nach Start von P8 auf Platz sechs. Im hinteren Feld kam Rolf Ineichen von der Strecke ab. Zwischen Marco Wittmann und Felipe Fraga kam es im Mittelfeld zu einem Kontakt. Marius Zug erhielt eine 10-Sekunden-Zeitrafe wegen 'Driving Standards' beim Start. David Schumacher fuhr noch vor der Startrunde durch die Boxengasse, um seine Durchfahrtstrafe zu absolvieren.

Die erste Rennhälfte: In Runde 3 fiel Maximilian Götz vom vierten bis auf den siebten Platz hinter Lucas Auer, Mikael Grenier und Thomas Preining zurück. Götz meldete starkes Untersteuern am Teamfunk. Sheldon van der Linde konnte seinen Vorsprung auf Rast und Cassidy innerhalb der ersten vier Runden auf knapp zwei Sekunden ausbauen.

In Runde 5 eröffnete Mikael Grenier von P5 den Boxenstopp-Reigen. Auch Philipp Eng, Felipe Fraga, Marius Zug, Laurens Vanthoor, Clemens Schmid und David Schumacher nutzten die frühestmögliche Gelegenheit, um ihre Pflicht-Reifenwechsel zu absolvieren. In Runde 6 folgten aus dem vorderen Feld Lucas Auer und Thomas Preining sowie der auf P20 fahrende Mirko Bortolotti.

Unterdessen kamen sich Rast und Cassidy ins Gehege auf dem Weg nach Eau Rouge. Am Ende der folgenden Kemmel-Geraden setzte sich der Ferrari-Pilot durch und übernahm die zweite Position. In Runde 8 absolvierten Rast, Götz, Kelvin van der Linde, Esteban Muth und Alessio Deledda ihre Pflicht-Reifenwechsel. An der Spitze führten Sheldon van der Linde und Cassidy mit 12 Sekunden Vorsprung vor dem Drittplatzierten Maro Engel. Der GruppeM-Mercedes-Pilot reagierte und legte in Runde 9 seinen Boxenstopp ein.

Spitzenreiter van der Linde bog in Runde 10 zu seinem Reifenwechsel in die Schubert-Box ein, während Cassidy automatisch die Führung übernahm. Beim Boxenstopp klemmte es vorne links am Rad - Verfolger Rast wurde angewiesen, "wie Hölle" zu pushen. Bei der Boxenausfahrt hatte der BMW-Pilot 2,5 Sekunden Vorsprung auf Rast. Bitter: Rast kassierte wenig später eine 5-Sekunden-Zeitsrtrafe für das frühe Duell mit Cassidy.

Der weitere Rennverlauf: In Runde 12 absolvierte auch der bis dato Führende Nick Cassidy seinen Pflicht-Boxenstopp am Platz von AF-Corse-Ferrari. Mit ihm bog Marco Wittmann ab. Cassidy blieb nach der Rückkehr auf die Strecke knapp vorne, musste sich aber hart gegen den heranstürmenden Sheldon van der Linde verteidigen. Mit noch kalten Reifen gelang es dem Neuseeländer, bei noch 21 ausstehenden Rennminuten den ersten Platz zu verteidigen. Auf P3 folgte Rast mit rund einer Sekunde Rückstand.

In Runde 14 überholte Preining seinen Vordermann Auer für den virtuellen vierten Platz (Maini und Olsen hatten als einzige Fahrer noch nicht gestoppt). Götz verlor den virtuellen sechsten Platz gleichzeitig an Grenier. Bei noch 16 zu fahrenden Minuten lief der virtuelle Spitzenreiter Cassidy auf Olsen auf, der als letzter aller Fahrer noch auf seinen Startreifen unterwegs war. Bei den Überholmanövern hatte van der Linde weniger Schwierigkeiten, den Porsche hinter sich zu lassen.

In Runde 16 musste Götz auf P8 liegend einen weiteren Boxenstopp einlegen, wodurch Bortolotti automatisch den zehnten Platz übernahm und erstmals in den Punkterängen lag. Drama in Runde 17: Rene Rast musste seinen auf P3 liegenden Abt-Audi mit einem Reifenschaden am Streckenrand abstellen! Wenig später war auch für Clemens Schmid vorzeitig Feierabend. Die Rennleitung lief eine Full-Course-Yellow-Phase aus.

Bei nur noch einer ausstehenden Runde wurde das Rennen mit einem rollenden Formations-Restart in engen Zweierreihen erneut freigegeben. Cassidy blieb an der Spitze vor van der Linde, Preining und Auer. Stolz übernahm dahinter den fünften Platz von Grenier. Im hinteren Feld krachte es noch einmal mächtig, während sich auf den vorderen Plätzen nichts mehr veränderte.