Alpines Forme-l-1-Team hat am Sonntag beim Großen Preis von Brasilien mit dem Doppelpodium durch Esteban Ocon und Pierre Gasly für eine mittelschwere Sensation gesorgt. Die mit großem Abstand beste Punkteausbeute des Jahres bugsierte die Franzosen in der Hersteller-Wertung vom neunten auf den sechsten Platz.

Keine schlechte Leistung, aber eine, über die Alpines Langstrecken-Mannschaft innerlich nur schmunzeln kann. In der WEC ist der französiche Autobauer in der Endabrechnung sogar auf dem vierten Gesamtrang gelandet! Als 'Best of the Rest' hinter den tonangebenden Marken Toyota, Porsche und Ferrari schloss Alpine seine Debütsaison in der Langstrecken-WM mit einem formidablen Ergebnis ab.

Unter den acht Herstellern setzten sich die Neueinsteiger mit ihren zwei A424-Prototypen gegen Schwergewichte wie BMW oder Peugeot durch - damit hätten Experten vor dem Saisonbeginn nicht gerechnet. Beim Saisonfinale in Bahrain gelang es den beiden Crews mit den Plätzen vier und neun, Rang 4 im Klassement gegen die Münchner Konkurrenz erfolgreich zu verteidigen. Alpine errang in den acht Saisonrennen 70 Punkte, BMW kam als schärfster Verfolger auf 64 Zähler.

Das neuzusammengestellte #35 Trio bestehend aus Ferdinand Habsburg, Paul-Loup Chatin und dem eigentlichen Ersatzfahrer Jules Gounon wurde im 8-Stunden-Rennen nach der Ferrari-Strafe als Vierter gewertet. Das #36 Schwesterauto um Mick Schumacher, Matthieu Vaxiviere und Neuzugang Charles Milesi - eigentlich Stammkraft in der #35 und jetzt erstmals Ersatz für den zurückgetretenen Nicolas Lapierre - landete auf dem neunten Platz und damit zum vierten Mal in Folge in den Punkterängen.

WEC-Finale in Bahrain 2024: Highlights und Zusammenfassung (13:00 Min.)

Ferdinand Habsburg bestplatzierter Alpine-Fahrer 2024

Kurios: Der Österreicher Habsburg schloss die Fahrer-Wertung mit 43 Punkten und Platz elf als erfolgreichster aller sieben Alpine-Kutscher ab - obwohl der frühere DTM-Pilot verletzungsbedingt die ersten beiden Saisonrennen verpasste. "Als ich nach meinem letzten Stint aus dem Auto stieg, war ich ein wenig emotional, die bisher wichtigste Saison meiner Karriere abzuschließen", sagte Habsburg. "Ein Alpine-Werksfahrer zu werden und nach meiner Verletzung zurückzukehren, war eine echte Achterbahnfahrt."

Schumacher und Dauer-Teamkollege Vaxiviere landeten in der WM-Tabelle mit 21 Zählern auf dem geteilten 22. Rang. Was der F1-Abteilung erst in Sao Paulo gelang, hatten Schumacher/Vaxiviere/Lapierre bereits sieben Wochen zuvor in Fuji geschafft: den ersten Podesterfolg für Alpine.

Über die Saison hinweg entpuppte sich der #35 Alpine als das stärkere Paket. Nur in Japan gelang es Schumacher und Co., sich vor dem Schwesterauto zu platzieren. In Bahrain musste der neunte Platz für die #36 Crew als Erfolg gewertet werden, nachdem Schumacher im Qualifying nach einem Verbremser in der letzten Kurve nur den 17. Startplatz erreichte. Markenkollege Habsburg führte den zweiten Alpine zu P14 in der Startaufstellung.

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Mick Schumacher beobachtet das Treiben aus der Alpine-Box, Foto: LAT Images

Bahrain: Milesi doppelt so lange wie Schumacher im Alpine

Im nachfolgenden 8-Stunden-Rennen führten die beiden Alpine das Feld immer wieder an, allerdings nur aufgrund spät ausgelegter Boxenstopp-Strategien. Die meiste Zeit fuhr die französischen Wagen außerhalb der Top-10, bis zwei späte Safety-Car-Phasen das Feld zusammenführten und die Alpine in Schlagdistanz brachten. Das spielte der Reifen-Strategie in die Karten, die nach einem konservativen Start vorsah, zum Ende mit frischen Medium-Mischungen von Michelin angreifen zu können.

Der #36 Alpine um Startfahrer Milesi hatte sich zu Beginn für eine ungewöhnliche Strategie entschieden und das Rennen als eines von nur drei Autos auf Medium-Reifen aufgenommen. Dabei galten die Hard-Pneus in der Mittagshitze von Bahrain als bessere Wahl, während die Mediums bei den kühleren Abendbedingungen einen Vorteil genossen.

Womöglich wäre es für Milesi, Schumacher und Vaxiviere in der turbulenten Schlussphase noch weiter nach vorne gegangen, hätte sich nicht Milesi durch die späte Kollision mit dem #50 Ferrari eine 5-Sekunden-Strafe sowie eine lädierte Frontpartie eingehandelt. Ansonsten hielt sich der schnelle Franzose bei seinem ersten Start auf der #36 schadlos: Milesi spulte mit 116 Runden und fast 4 Stunden Fahrzeit das mit Abstand größte Pensum ab. Schumacher saß 63 Runden bzw. 2 Stunden hinterm Steuer, Vaxiviere übernahm für 56 Umläufe, was ebenfalls rund 2 Stunden entspricht.

Mick Schumacher diesmal nicht der der schnellste Alpine-Pilot

War bis dato meist Schumacher der schnellste Fahrer auf der #36, ging diese Würde in Bahrain an Vaxiviere. Der Franzose legte seinen besten Umlauf in 1:51.648 Minuten zurück, während Schumacher seine persönliche Bestzeit in 1:53.512 Minuten und Milesi in 1:52.003 Minuten absolvierte.

Dabei dürfen die jeweiligen Strategien und äußeren Umstände nicht außer Acht gelassen werden. Milesi fuhr den Start- und Schluss-Stint (Runde 1-65 & 185-235), Schumacher (Runde 66-128) als Zweiter, Vaxiviere (Runde 129-184) als dritter Fahrer. Vaxiviere präsentierte sich auch im Mittel der schnellsten Rennrunden als fixester Alpine-Pilot. Schumacher war bei diesem Vergleich laut der Daten von 'The B Pillar' rund vier Zehntelsekunden langsamer.

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Beide Alpine beim WEC-Finale in den Top-10, Foto: LAT Images

Was macht Schumacher? "Schauen, was die Zukunft bringt"

Schumacher zog nach Bahrain ein positives Fazit zu seiner ersten Saison in der WEC und dem Debüt mit Alpine. Nach dem bitteren Doppelausfall in Le Mans aufgrund von Motorenschäden, gelang dem Team eine deutliche Verbesserung bei der Pace, den internen Abläufen sowie mit Blick auf die Zuverlässigkeit, auch bedingt durch eine kleine technische Nachbesserung.

"Dieses Ergebnis sichert uns den vierten Platz in der Meisterschaft, was unser Ziel war, als wir nach Bahrain kamen", so Schumacher, dessen Zukunft in der Hoffnung auf eine Formel-1-Rückkehr völlig offenbleibt. "Die Pace war da, auch wenn wir mit Schäden am #36-Auto zu kämpfen hatten. Unser Schwesterauto hat ebenfalls gut gearbeitet und ein starkes Ergebnis eingefahren. Das ganze Team kann mit diesem Resultat zufrieden sein, und jetzt schauen wir, was die Zukunft bringt."

Der langjährige Mercedes-Motorsportchef und Schumacher-Kenner Norbert Haug hat seine eigene Meinung, welchen Plan Mick für die Zukunft verfolgen sollte. Haugs klare Worte könnt ihr jetzt in diesem aktuellen Artikel lesen: