Es bleibt die große Frage vor dem anstehenden WEC-Saisonfinale in Bahrain (Samstag, 02. November ab 12:00 Uhr live bei Eurosport 1): Wie geht es für Mick Schumacher weiter? Der 25-Jährige beschließt an diesem Wochenende sein Debütjahr in der Langstrecken-WM für den französischen Autobauer Alpine.
Beim vorangegangenen Rennen in Fuji vor sieben Wochen haben Schumacher und seine Teamkollegen Nicolas Lapierre sowie Matthieu Vaxiviere die Erwartungen übertroffen und den ersten Podestplatz erkämpft. Kein Wunder, dass Alpine den Sohn von Formel-1-Legende Michael Schumacher nach dessen überzeugenden Leistungen nur zu gerne weiterverpflichten würde.
Haug über Schumacher: "Wer sich mit der WEC begnügt, macht etwas falsch"
Ebenso kein Geheimnis: Schumacher drängt mit aller Kraft zurück in die Formel 1. Für 2025 bleibt das offene Cockpit beim künftigen Audi-Werksteam Sauber die letzte Option. Kommt es zu einem deutsch-deutschen Fahrergespann bestehend aus Schumacher und Landsmann Nico Hülkenberg? Die federführenden Audianer um Mattia Binotto haben bislang keine Eile bei der Wahl über den freien Platz an den Tag gelegt.
Dass Schumacher nach zwei glücklosen Jahren bei Haas unbedingt den Weg zurück in die Formel 1 sucht, ist für Norbert Haug absolut verständlich. Der frühere Mercedes-Motorsportchef arbeitete schon mit Micks Papa Michael in der Formel 1 zusammen und verfolgt ebenso den Karriereweg des Sohnemanns.
"Wer eine Formel-1-Chance bekommen kann und sich mit der WEC begnügt, macht etwas falsch. Frag mal alle WEC-Fahrer, die das Potenzial dazu haben, ob sie lieber F1 oder WEC fahren würden...", sagt Haug im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Wenn Mick, der in Formel-Klassen groß geworden ist, und diese gewonnen hat, nicht in die Formel 1 will, wohin sollte er denn sonst wollen? Die Formel 1 ist bekanntlich die Motorsport-Königsdisziplin."
Norbert Haug: "Ich bin von Micks Fähigkeiten überzeugt"
Haug, der mehr als 20 Jahre lang bis Ende 2012 die globalen Motorsportaktivitäten von Mercedes-Benz verantwortete, wünscht sich Schumacher zurück in die Formel 1: "Ich bin von Micks Fähigkeiten überzeugt und ich drücke ihm die Daumen, dass er seinen Formel-Drive bekommt. Ich habe keine Entscheidung zu treffen, aber ich kann Micks Qualitäten gut einschätzen und damit wiederhole ich mich: Wer Formel 3- und Formel 2-Meister wird, der hat seine Chance nicht per Postwurfsendung gewonnen, sondern sich diese hart erarbeitet."
Schumacher hat mit seinen Leistungen im 680 PS starken Alpine-Prototypen zumindest eine gute Visitenkarte für die F1-Rückkehr hinterlassen. Bei den Franzosen zählte er trotz seiner Unerfahrenheit im Langstreckensport auf Anhieb zu den schnellsten Fahrern. Beim Saisonfinale in Bahrain erhält er mit Charles Milesi einen neuen Teamkollegen, der nach dem Rücktritt von Stammpilot Lapierre vom Schwesterauto rüberwechselt. Der junge Franzose und Schumacher fuhren zuletzt auf einem vergleichbar hohen Niveau.
"Wenn ich seine WEC-Fahrten und Stints sehe, dann ist das sehr, sehr gut", meint auch Norbert Haug. "Ich weiß nicht, inwieweit die Teamkollegen Maßstäbe sind, aber er ist da bei den Guten und Besten."
Alpine schlägt Schumacher die F1-Tür vor der Nase zu
Schumacher machte seit dem WEC-Einstieg durchweg deutlich, dass nur die Rückkehr in die Formel 1 zählt. Wo die Langstrecken-Weltmeisterschaft für die meisten Fahrer das Höchste der Gefühle ist - kein Wunder bei der zweitwichtigsten FIA-Rennserie der Welt - erscheint sie für Schumacher eher ein Übergangsjahr zu bedeuten. Zu Beginn konnten Szenekenner den Eindruck gewinnen, dass er sich Alpine in der WEC nur angeschlossen habe, weil die Franzosen mit einem möglichen F1-Cockpit winken.
Diese nicht unberechtigten Hoffnungen zerschlugen sich allerdings. Am 23. August entschied sich Alpine nach einem internen Shootout auf der Rennstrecke gegen Schumacher und für Jack Doohan. Der 21-jährige Australier hat wie Schumacher einen im Rennsport berühmten Nachnamen. Jack ist der Sohn des früheren Motorrad-Weltmeisters Mick Doohan. Übrigens kein Zufall: Mick Schumacher trägt seinen Vornamen zu Ehren der Zweirad-Ikone. Die Familien Doohan und Schumacher sind seit vielen Jahren gut befreundet.
Formel 1 gibt der Jugend eine Chance - und Schumacher?
Tatsächlich lagen nur vier Tage zwischen der Doohan-Entscheidung und dem nächsten Rückschlag für Schumacher. Als Williams, für das er ebenfalls als offizieller Reservefahrer tätig ist, den glücklosen Logan Sargeant vor die Tür setzte, lag sogar ein sofortiges F1-Comeback in greifbarer Nähe. Bekanntermaßen entschied sich Teamchef James Vowles jedoch für den weithin unbekannten Formel-2-Piloten Franco Colapinto aus der eigenen Nachwuchsschmiede als Übergangslösung.
Jener Vowles sorgte obendrein für Schlagzeilen, als er sowohl Schumacher als auch Neuankömmling Colapinto als "gut, aber nichts Besonderes" bezeichnete. Ein Missverständnis, wie der Brite wenig später und womöglich auf Druck von Mercedes-Boss sowie Motorenlieferant Toto Wolff einräumte.
Beim neu eingeschlagenen Kurs der Formel-1-Teams, der Jugend um Doohan, Colapinto, Kimi Antonelli oder Oliver Bearman eine Chance zu geben, blieb Schumacher bislang außen vor. Ein Platz beim künftigen Audi-Werksteam Sauber ist seine letzte Chance für die kommende Saison. Mit einem guten Auftritt beim großen WEC-Finale in Bahrain kann Schumacher ein letztes Mal für sich Werbung auf der Rennstrecke betreiben.
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