Der weltweit mit großer Spannung erwartete Auftakt zur WEC-Saison 2023 mit einer Fülle an Herstellern steht vor der Tür. Am 17. März kämpfen LMH-Hypercars von Ferrari, Toyota, Peugeot, Glickenhaus und Vanwall gegen LMDh-Boliden von Porsche und Cadillac in Sebring um den Gesamtsieg. Auf der US-amerikanischen Buckelpiste bereiten sich die Teams und Hersteller schon am kommenden Wochenende (11./12. März) beim offiziellen Prolog auf die anstehenden Rennen vor.

Das WEC-Komitee hat inzwischen die erste Balance of Performance für die Hypercar-Kategorie bekanntgegeben. Überraschend: Neben der BoP für Sebring gibt es obendrein auch noch Einstufungen für die nachfolgenden Rennen in Portimao, Spa-Francorchamps sowie zu den 24 Stunden von Le Mans. In der Vergangenheit wurde die Balance of Performance von Rennen zu Rennen erstellt.

WEC 2023: Herausforderung BoP

Dabei kommt die Hypercar-BoP in der WEC einer absoluten Husarenaufgabe gleich: Es gilt, völlig unterschiedliche Motorenkonzepte und Antriebsarten auf ein vergleichbares Niveau einzustufen. Während etwa die WEC-Hypercars einen temporären Allradantrieb nutzen können, sind die LMDh-Boliden aus der IMSA mit ihrem einheitlichen Hybridsystem auf einen reinen Heckantrieb beschränkt.

Dass die Hypercars von Ferrari, Toyota und Peugeot selbstentwickelte Hybride nutzen, während die Privatiers Glickenhaus und Vanwall/ByKolles auf reine V8-Sauger setzen, erschwert die Herausforderung zusätzlich. Ganz zu schweigen von völlig unterschiedlichen Streckencharakteristiken und Anforderungen bei den Rennen mit Dauern zwischen 6 und 24 Stunden!

Motoren-Konzepte: Le-Mans-Hypercar & Le Mans Daytona hybrid

AutoVerbrennungsmotorHybridantrieb
Cadillac V-Series.R5,5-Liter V8-Saug-MotorLMDh-Bosch-Einheitshybrid
Ferrari 499P3,0-Liter V6-Twinturbo-MotorLMH-Eigenentwicklung
Glickenhaus 0073,5-Liter V8-Twinturbo-MotorKein Hybrid
Peugeot 9X82,6-Liter V6-Twinturbo-MotorLMH-Eigenentwicklung
Porsche 9634,6-Liter V8-Biturbo-MotorLMDh-Bosch-Einheitshybrid
Toyota GR0103,5-Liter V6-Twinturbo-MotorLMH-Eigenentwicklung
Vanwall-Vandervell 6804,5-Liter V8-Saug-MotorKein Hybrid

Leistungsentfaltung ausschlaggebend für BoP

Was WEC-Hypercars und IMSA-LMDhs eint: eine per Reglement vorgegebene, maximale Systemleistung von 500 kW, was rund 680 PS entspricht. Die kombinierte Maximalleistung aus Verbrenner und Hybrid darf zu keinem Zeitpunkt überschritten werden.

Um für Chancengleichheit im gesamten Feld zu sorgen, müssen sich alle Autos bei der Entfaltung der Leistung über das gesamte Drehzahlband auf einer vorgeschriebenen Leistungskurve bewegen. Gemessen wird die Kraft des Verbrennungsmotors in Verbindung mit dem Hybridantrieb durch Drehzahlsensoren an den Achsen. Die erlaubte Energie pro Stint wird in Megajoule (MJ) angegeben.

Porsche startet mit einem LMDh in der WEC sowie der IMSA, Foto: LAT Images
Porsche startet mit einem LMDh in der WEC sowie der IMSA, Foto: LAT Images

Erklärt: So wird die BoP errechnet

Für die Ermittlung der BoP werden unterschiedliche Leistungsfaktoren herangezogen: das Mindestgewicht, die maximale Systemleistung, die Mindestgeschwindigkeit für das Zuschalten des Hybrid-Allradantriebes bei trockenen und nassen Bedingungen, die maximale Energie pro Stint sowie neu eine zusätzliche Standzeit beim Nachtanken in der Boxengasse.

Beim Saisonauftakt in Sebring wurde dem überarbeiteten Toyota GR010-Hybrid mit 1.062 Kilogramm das höchste Mindestgewicht verpasst. Es folgen die weiteren Hybrid-Hypercars von Ferrari (1.057 kg) und Peugeot (1.049 kg). Die nicht-hybriden Hypercars von Glickenhaus und Vanwall müssen mindestens 1.030 Kilo auf die Waage bringen. Etwas schwerer sind die LMDh-Autos von Porsche (1.048 kg) und Cadillac (1.038 kg).

Die höchste Leistung darf der Glickenhaus-V8 mit 520 kW (ca. 707 PS) freisetzen, der geringste Leistungs-Output wurde dem Vanwall-V8 (511 kW, ca. 695 PS) zugewiesen. Die Hybrid-Hypercars von Ferrari (515 kW), Toyota (517 kW) und Peugeot (518 kW) bewegen sich in einem Fenster von 3 kW. Die LMDh von Porsche (517 kW) und Cadillac (513 kW) unterscheiden sich leicht, nachdem beim IMSA-Saisonauftakt in Daytona alle LMDh-Wagen die gleiche Maximalleistung abrufen durften.

Der Peugeot 9X8 bestreitet 2023 seine erste volle WEC-Saison, Foto: LAT Images
Der Peugeot 9X8 bestreitet 2023 seine erste volle WEC-Saison, Foto: LAT Images

So soll das Allrad-Dilemma ausgeglichen werden

Damit die WEC-Hypercars mit ihren Hybridsystemen an der Vorderachse - und dadurch einem temporären Allradantrieb - keinen Vorteil gegenüber den IMSA-LMDh-Autos (Hybrid nur an der Hinterachse) genießen, dürfen sie den Allradantrieb erst ab einer bestimmten Mindestgeschwindigkeit zuschalten: Ferrari und Toyota ab 190 km/h, Peugeot bereits ab 150 km/h.

Der Unterschied liegt in der Wahl der Reifen begründet: Während der Peugeot 9X8 rundherum 13-Zoll-Reifen nutzt, setzt etwa Toyota auf einen Reifenmix aus 13,5 Zoll an der Vorderachse und 15 Zoll an der Hinterachse. Alle LMDh-Autos fahren unterdessen mit 12,5 Zoll vorne und 14 Zoll hinten.

Bei der maximal pro Stint erlaubten Energiemenge bewegen sich alle Autos in einem Fenster von 13 Megajoule. Gemessen wird hier die Kombination aus Spritverbrauch und Hybridantrieb zwischen zwei Boxenstopps, wobei die maximal erlaubte Energiemenge nicht zwingend abgerufen werden muss und sich unter anderem nach dem Volumen des Benzintanks richtet. Der V8-Sauger-Vanwall von ByKolles darf mit 900 MJ die geringste Energiemenge nutzen, der Hybrid-Toyota (913 MJ) die höchste.

Ferrari kehrt mit dem 499P in die Topklasse der WEC zurück, Foto: Ferrari
Ferrari kehrt mit dem 499P in die Topklasse der WEC zurück, Foto: Ferrari

BoP: Unterschiede zwischen Sebring und Le Mans

Zwischen der BoP für Sebring und der für die drei nachfolgenden Europa-Rennen gibt es einige auffällige Unterschiede: Der Ferrari 499P darf zu den Rennen in Portimao, Spa und Le Mans 17 Kilogramm Gewicht ausladen, der Toyota GR010-Hybrid darf um 19 Kilo abspecken. Die LMDh von Porsche und Cadillac können mit je 3 Kilogramm weniger antreten.

Bei der maximalen Systemleistung wird der Ferrari um 6 kW eingebremst, während der Glickenhaus 007 1 kW mehr Leistung nutzen darf. Bemerkenswert ist zudem die Reduzierung der erlaubten Stint-Energiemenge von je 9 MJ bei Ferrari und Toyota, während beim Peugeot nur 1 MJ abgezogen wird.

WEC 2023: BoP für Sebring

HerstellerGewichtLeistungAllrad-Antrieb ab...Stint-EnergieZusatz-Boxenzeit
Cadillac V-Series.R1.038 kg513 kW-905 MJ1,0 Sek.
Ferrari 499P1.057 kg515 kW190 km/h908 MJ1,2 Sek.
Glickenhaus 0071.030 kg520 kW-911 MJ0,0 Sek.
Peugeot 9X81.049 kg518 kW150 km/h909 MJ1,2 Sek.
Porsche 9631.048 kg517 kW-912 MJ1,0 Sek.
Toyota GR0101.062 kg517 kW190 km/h913 MJ1,2 Sek.
Vanwall-Vandervell 6801.030 kg511 kW-900 MJ0,0 Sek.

WEC 2023: BoP für Portimao, Spa und Le Mans

HerstellerGewichtLeistungAllrad-Antrieb ab...Stint-EnergieZusatz-Boxenzeit
Cadillac V-Series.R1.035 kg513 kW-904 MJ1,0 Sek.
Ferrari 499P1.040 kg509 kW190 km/h899 MJ1,2 Sek.
Glickenhaus 0071.030 kg520 kW-913 MJ0,0 Sek.
Peugeot 9X81.042 kg516 kW150 km/h908 MJ1,2 Sek.
Porsche 9631.045 kg516 kW-910 MJ1,0 Sek.
Toyota GR0101.043 kg512 kW190 km/h904 MJ1,2 Sek.
Vanwall-Vandervell 6801.030 kg512 kW-901 MJ0,0 Sek.