Die 61. Auflage der 24 Stunden von Daytona war in vielerlei Hinsicht geschichtsträchtig: Nicht nur markierte der Langstrecken-Klassiker im US-Bundesstaat Florida das Renndebüt der mit Spannung erwarteten LMDh-Autos von Acura, BMW, Cadillac und Porsche. Es war gleichzeitig das erste Mal, dass Rennwagen mit einer elektrischen Antriebskomponente ihre Runden auf dem 5,7 Kilometer langen Ovalkurs drehten.

Während die Hersteller in der Wahl ihrer Verbrennungsmotoren frei waren und V6- sowie V8-Aggregate als reine Sauger oder aufgeladene Motoren an den Start führten, sorgte ein einheitlicher Hinterrad-Hybridantrieb der Marke Bosch für elektrische Zusatzpower.

Bosch-Motorsport-Doku zum neuen LMDh-Hybridsystem: Teil 3 (07:19 Min.)

Chancengleichheit von Daytona bis Le Mans

Das Hybridsystem mit seiner reglementierten Dauerleistungsauslegung von 50 kW bzw. 68 PS dient als Offset-Leistung zum Verbrenner. In Kombination bringen es die LMDh-Boliden auf eine per Reglement vorgegebene, maximale Systemleistung von 500 kW, was rund 680 PS entspricht.

Um für Chancengleichheit im Feld zu sorgen und später auch einen Vergleich mit den Hypercars der WEC herzustellen, müssen sich alle LMDh-Autos bei der Entfaltung der Leistung über das gesamte Drehzahlband auf einer vorgeschriebenen Leistungskurve bewegen. Gemessen wird die Kraft des Verbrennungsmotors in Verbindung mit dem Hybridantrieb durch Sensoren an der Hinterachse, Allradantrieb ist untersagt. In Daytona durfte jedes LMDh-Auto maximal 920 Megajoule pro Stint nutzen.

Spektakulär: Die LMDh-Autos von Porsche, BMW und Co. , Foto: LAT Images
Spektakulär: Die LMDh-Autos von Porsche, BMW und Co. , Foto: LAT Images

Bosch-Hybridsystem: Mehr Power für Kurvenausgänge

Die E-Maschine bzw. Motor-Generator-Unit (MGU) aus dem Hause Bosch liefert bis zu 200 kW (im Rekuperationsmodus) und ist direkt an das ebenfalls einheitliche Siebengang-Getriebe von Xtrac angeschlossen. Sie kann als kraftstoffsparender Generator oder als Motor betrieben werden. Als Generator wandelt sie die Bewegungsenergie des Autos in elektrische Energie um und führt diese in die Batterie zurück, um sie später wieder zu nutzen.

Als Motor nutzt die MGU elektrische Energie aus der Batterie, um das Fahrzeug anzutreiben. Die Drehmomentcharakteristik richtet sich ähnlich wie bei Straßenautos zum Beispiel an den unteren Drehzahlbereich, um für eine schnellere Beschleunigung aus den Kurven heraus zu sorgen. Ein aus der Serienfertigung für den Motorsport weiterentwickelter Inverter (Motor Control Unit) steuert dabei das Drehmoment, die Drehzahlen sowie das Thermo- und Hybridmanagement.

"Für Bosch war, ist und bleibt es in Zukunft sinnvoll, von der Technik aus dem Motorsport zu lernen", sagt Bosch-Motorsportchef Ingo Mauel zu Motorsport-Magazin.com. "Wir engagieren uns seit vielen Jahren auch im Langstreckensport, in dem wir Komponenten unter den extremsten Bedingungen im Wettbewerb testen und weiterentwickeln können. Wir verwenden hier teilweise Komponenten, die auf der Serie basieren und die wir für den Einsatz auf der Rennstrecke modifiziert haben. Mit den Erkenntnissen aus dem Motorsport können wir auch die Software weiterentwickeln und dieses Wissen für die Serie ableiten. So schließt sich der Kreis."

Der Bosch-Hybridantrieb auf dem Prüfstand, Foto: Bosch
Der Bosch-Hybridantrieb auf dem Prüfstand, Foto: Bosch

Wichtiger LMDh-Bestandteil: Das Brake-by-Wire-Bremssystem

Um die Fahrer bei der Rekuperation zu unterstützen, kommt das von Bosch integrierte Brake-by-Wire-Bremssystem zum Einsatz. Diese unter anderem auch in Formel-1- oder Formel-E-Autos verwendete Technologie wandelt das elektrische Bremssignal in einen hydraulischen Druck an den Bremssätteln um und ermöglicht dadurch eine optimale Bremsleistung.

Leitet ein Fahrer auf dem Weg zu einer Kurve den Bremsvorgang ein, errechnet die ebenfalls von Bosch entwickelte Hybrid Control Unit (HCU) in Echtzeit aus, ob die Bremskraft des Elektromotors ausreicht, und verzichtet gegebenenfalls auf eine Aktivierung der hinteren Bremsen.

Stattdessen dreht sich der Elektromotor in die umgekehrte Richtung. Die dadurch zurückgewonnene Energie wird in der aus Gewichts- und Platzgründen kompakt gestalteten Einheitsbatterie von WAE gespeichert und kann später einen 50 kW starken Geschwindigkeitsschub des Autos für eine bestimmte Zeitspanne liefern.

Reicht die elektromotorische Bremskraft in einer Kurve mit einer harten Bremszone wie bei der Anfahrt auf das Daytona-Infield nicht aus, errechnet die HCU in Sekundenbruchteilen, wie viel zusätzliche Bremskraft benötigt wird, um das Auto auf die benötigte Geschwindigkeit abzubremsen.