GEWINNER: Robert Kubica

Ein WEC-Rennen wie die 24 Stunden von Le Mans gewinnt man immer als Team, aber im siegreichen #83 Ferrari von AF Corse stach Robert Kubica ganz klar heraus. Der erste polnische Le-Mans-Gesamtsieger saß bei 166 der 387 Runden am Steuer des gelben 499P, was 43 Prozent Fahrzeit entspricht. Am Ende absolvierte der frühere Formel-1-Fahrer gar einen gigantischen Fünffach-Stint über 59 Runden bzw. dreieinhalb Stunden.

Kubica ist so talentiert, dass es kaum Erwähnung fand, dass der 40-Jährige das Auto mehr oder weniger mit einer Hand steuert. Vor 14 Jahren wäre er bei seinem schrecklichen Rallye-Unfall beinahe gestorben. Kubica überlebte und kämpfte sich sogar bis in die Formel 1 zurück, doch die starken Beeinträchtigungen an seiner rechten Hand und am rechten Arm sind bis heute geblieben.

Zu Kubicas Heldengeschichte passt, dass er Le Mans jetzt ausgerechnet in einem Ferrari gewann. Jener Marke, bei der er vor 14 Jahren in der Formel 1 anheuern sollte. Und das am gleichen Wochenende wie der Kanada Grand Prix, bei dem Kubica 2007 schwer verunfallte und ein Jahr später mit BMW seinen einzigen Formel-1-Sieg feierte. Man sagt, Le Mans suche sich seine Sieger selbst aus. Dieses Jahr hat das berühmteste Rennen der Welt den richtigen gewählt.

24h Le Mans Sensation! Kubica gewinnt für Ferrari (08:54 Min.)

GEWINNER: #6 Porsche

Dass der Ferrari 499P das absolut dominante Auto bei den 24 Stunden von Le Mans war, dürfte inzwischen auch der letzte mitbekommen haben. Die beiden roten und der eine gelbe Renner fuhren ab dem Start in ihrer eigenen Liga. Nur ein einziges Auto konnte ansatzweise mithalten und darf den zweiten Platz wie einen heimlichen Sieg betrachten: der Porsche 963 mit der Startnummer #6 um die amtierenden WEC-Weltmeister Kevin Estre und Laurens Vanthoor sowie ihren neuen Teamkollegen Matt Campbell.

Estre brillierte mit dem Start seines Lebens und führte den Porsche vom 21. Startplatz innerhalb weniger Stunden bis in die Spitzengruppe. Teamkollege Vanthoor lieferte sich zur Halbzeit fantastische Kämpfe mit den Ferrari und wuchs über sich hinaus, um die rote Übermacht irgendwie in Schach zu halten. Campbell lieferte eine ebenso blitzsaubere Leistung ab und half tatkräftig mit, dass der #6 Porsche als einziges Spitzenauto komplett ohne Strafen oder Fehler durchs Rennen kam.

14 Sekunden fehlten dem Porsche-Trio nach 24 Stunden zum ersten Platz, wenngleich Kubica an der Spitze den Vorsprung auf Schlussfahrer Estre kontrollierte. Der Zweite ist leider der erste Verlierer, ganz besonders in Le Mans, aber der Auftritt der #6 Crew aus Zuffenhausen bleibt der Motorsportgemeinde noch lange im Gedächtnis.

GEWINNER: Manthey-Porsche

Wenn es bei den Hypercars mal nicht läuft, hat Porsche mit Manthey zum Glück ein Team an der Hand, das es locker mit den besten der Welt aufnehmen kann. Der Rennstall aus Meuspath gewann die LMGT3-Klasse und wiederholte seinen Vorjahressieg bei den 24 Stunden von Le Mans. Eine perfekte Ausbeute seit der letztjährigen Einführung der GT3-Kategorie. Für Manthey war es beim elften Start in Le Mans (früher in der GTE-Klasse) der fünfte Klassensieg nach 2013, 2018, 2022 und 2024.

Richard Lietz steuerte schon 2024 den siegreichen Manthey-Porsche 911 GT3 R und wiederholte das Kunststück nun mit seinen neuen Teamkollegen Ryan Hardwick und Riccardo Pera auf dem #92 Neunelfer. Der Österreicher ist längst im Reigen der Le-Mans-Ikonen angekommen: Es war sein 19. Start beim Klassiker und sein sechster Klassensieg. Porsche-Ikone Timo Bernhard adelte den 41-jährigen Lietz nicht umsonst als den wohl besten 24-Stunden-Rennen-Piloten der Welt in einem GT-Rennwagen.

GEWINNER: Aston Martin

Wie kann man ein Gewinner sein, wenn man die 24h Le Mans auf den Plätzen 12 und 14 beendet? Indem man zum einen überhaupt die Zielflagge sieht und zum anderen mit weniger Problemen durchkommt als Topmarken wie Toyota oder BMW. WEC-Neueinsteiger Aston Martin kann mit seinem Debüt beim anstrengendsten Rennen der Welt durchaus zufrieden sein. Kaum jemand hätte im Vorfeld darauf gewettet, dass sogar beide Valkyrien mit ihren tollen V12-Saugmotoren den Zielstrich erreichen würden.

Klar, von der Performance braucht man kaum zu sprechen. Die Aston Martin zählten neben Peugeot mit Abstand zu den langsamsten Hypercars im Starterfeld, obwohl sie bei der Leistung und dem Gewicht am unteren BoP-Limit eingestuft waren. Den LMH-Astons fehlten pro Runde rund zwei Sekunden zu Ferrari, was zu einem Rückstand von vier respektive sechs Runden führte. Vielleicht wäre etwas mehr drin gewesen, wenn Aston Martin nicht mit dem nach der FIA-Einstufung schwächsten Fahrer-Sextett (3x Platin, 3x Gold) angetreten wäre. Der Valkyrie erweist sich als robuster denn befürchtet - gelingt es den Briten jetzt auch, das Auto schnell zu machen?

GEWINNER: 332.000 Zuschauer

332.000 Zuschauer vor Ort können sich nicht irren: Die 24 Stunden von Le Mans bleiben das berühmteste Autorennen der Welt und haben ihren Status dank des jüngsten Hersteller-Booms etabliert. Volle Tribünen, volles Fan-Village, volles Fahrerlager: Der Veranstalter ACO konnte bei der 93. Auflage des Klassikers einen neuen Zuschauerrekord - und vermutlich Rekordeinnahmen - vermelden.

Die Tickets waren wieder einmal kurz nach dem Beginn des freien Verkaufs restlos vergriffen. Die Eintrittspreise für die komplette Rennwoche (Dienstag bis Sonntag) begannen bei 118 Euro, was wir für einen sehr fairen Preis angesichts des umfangreichen Angebots halten.

Das Angebot an Essensständen, Toiletten sowie das in der Fan-Zone wurde noch einmal ausgeweitet, was sich in der positiven Stimmung bei den Besuchern niederschlug. Auch das gigantische Feuerwerk in der Nacht auf Sonntag hat sich der ACO einiges kosten lassen. Wer glaubt, dass Motorsport mit Verbrennungsmotoren keinen Anklang mehr findet, möge bitte mal nach Le Mans kommen...

Zuschauer bei den 24h Le Mans 2025
Großer Fan-Liebling aus Polen: Le-Mans-Sieger Robert Kubica, Foto: IMAGO/PsnewZ

VERLIERER: Alle anderen Hersteller

Toyota wollte mal wieder um den Gesamtsieg kämpfen, Cadillac hatte mit der Doppel-Pole ordentlich vorgelegt, Alpine zählte zu den Underdog-Favoriten, BMW wurden gute Podestchancen ausgerechnet - und am Ende gingen sie alle leer aus. Sechs der acht Hypercar-Hersteller hatten in Le Mans überhaupt keine Chance auf einen Podiumsplatz, geschweige denn den Sieg. Das ist politisch höchst problematisch in einer Rennserie, in der aufgrund einer Balance of Performance theoretisch alle Marken siegfähig sein sollen. So wurde es von den Motorsportchefs auch in den Vorstandsetagen verkauft.

Stattdessen triumphierte Ferrari zum dritten Mal in Folge bei dem Rennen, das jährlich zahlreiche Vorstände anlockt, die am Ende die Budgets für den teuren Motorsport freigeben. Nicht umsonst machen in der Szene schon die ersten Ausstiegs-Gerüchte die Runde, wenngleich mit Genesis, McLaren und Ford bald noch mehr Hersteller hinzustoßen. Die Forderungen nach einer einheitlichen Topklasse ohne BoP werden nicht grundlos immer lauter. Allerspätestens nach der Ferrari-Dominanz müssen bei ACO und FIA sämtliche Alarmglocken läuten. Man kennt es aus der Formel E: Zieht ein Hersteller den Stecker, ziehen andere gerne mit...

VERLIERER: Der #51 Ferrari

Der #51 Ferrari (Giovinazzi, Pier Guidi, Calado) hatte beste Aussichten, seinen zweiten Le-Mans-Sieg nach 2023 zu erringen. Wer im Rennen aber Strafen-Bingo spielt - 5-Sekunden-Zeitstrafe (Kollision), 20-Sekunden-Strafe (Speeding) und eine Durchfahrtstrafe (Gelb-Vergehen) - dem hilft auch das mindestens zweitschnellste Auto nicht mehr. Dass die #51 trotz der Strafen-Flut lange Zeit führte, muss für die Hersteller-Konkurrenz ein weiterer Schlag ins Gesicht gewesen sein.

Rausgeboxt hat sich die #51 Crew dann selbst, in Form von Alessandro Pier Guidi, dem womöglich besten der Ferrari-Werksfahrer. Zunächst musste der Italiener am Sonntag unverschuldet einen Emergency-Boxenstopp einlegen, bevor er sich eine Runde später bei der nächsten Anfahrt eingangs der Boxengasse drehte. Damit war der 20-Sekunden-Vorsprung futsch. Mögliche Bremsenprobleme hin oder her, das darf einem erfahrenen Mann wie Pier Guidi in dieser entscheidenden Situation nicht passieren. Kubicas #83 Ferrari dankte und musste sich fortan auch nicht mehr über ausgelassene Teamorder-Anweisungen aufregen.

VERLIERER: Der #50 Ferrari

Wenn man 277 von 387 Runden anführt, über viele Stunden hinweg eine Dreifachführung etabliert, aber trotzdem keinen Dreifachsieg landet, muss einiges nicht optimal gelaufen sein. Ferrari hatte das Potenzial, das Podium komplett einzunehmen, konnte sich am Ende aber bei Robert Kubica und Co. bedanken, dass Porsche die Sensation verpasste. "Ferrari dürfte froh gewesen sein, ein gelbes Auto am Start gehabt zu haben", sagte der AF-Corse-Angestellte aus Polen nicht ohne einen kleinen Seitenhieb gegen die beiden roten Werksautos.

Die Probleme beim #51 Ferrari haben wir schon beschrieben, und auch beim #50 Schwesterauto um Antonio Fuoco, Miguel Molina und Nicklas Nielsen klemmte es. Den Vorjahressiegern fehlte diesmal die Pace im Vergleich zu den Schwesterautos. In der Schlussphase deutete sich zudem ein Motorenproblem an, das eine mögliche Last-Minute-Aufholjagd zunichte machte. Ohnehin sollten die beiden Werks-Ferrari am Ende die Positionen halten, weil der #6 Porsche mit seiner schnelleren Doppel-Stint-Strategie auf und davon war. Der Oberhammer für die eigentlich auf P4 gelandete #50 Crew folgte einen Tag nach dem Rennen, wie ihr in diesem Artikel nachlesen könnt:

VERLIERER: Der Hase

Dass Tiere im Motorsport leider sehr gefährlich leben, bekommen nicht nur die Murmeltiere in Montreal zu spüren. In Le Mans erwischte es diesmal einen armen Hasen, der bei einer nächtlichen Kollision mit dem #31 BMW M4 GT3 Evo (Farfus, Boguslavskiy, Shahin) höchstwahrscheinlich den Kürzeren zog. Feierabend war allerdings auch für den BMW, dessen Kühler und Anbauteile beim Langohr-Vorfall in Runde 168 so stark beschädigt wurden, dass eine Reparatur nicht möglich war. Kurios: Nur 12 Runden zuvor war das #46 Schwesterauto (K. van der Linde, Rossi, Al Harthy) wegen eines elektrischen Defekts, der Kelvin van der Linde ohne Servolenkung ins Kiesbett bugsierte, ausgefallen - und das in Führung liegend!

Bei BMW schienen sich die Probleme untereinander abgesprochen zu haben, denn auch die beiden BMW M Hybrid V8 gerieten kurz nacheinander in Schwierigkeiten. Zwei Stunden vor Schluss warf ein Problem mit der Kühlung des Hybridsystems die #15 (D. Vanthoor, Magnussen, Marciello) aus dem Rennen um Platz fünf, wenig später erlitt das Schwesterauto (Rast, S. van der Linde, Frijns) ein Motorenproblem. Die beiden LMDh-Prototypen sahen im Gegensatz zum Hasen zwar die Ziellinie, aber nur auf den Plätzen 17 und 18.