Dass ein Fahrer während der Saison und ohne große Test-Vorbereitung sein MotoGP-Debüt gibt, ist mittlerweile eher eine Seltenheit geworden. Muss eine verletzte Stammkraft ersetzt werden, so greifen die Hersteller meist zu Testpiloten oder Ex-Fahrern mit Erfahrung in der Königsklasse. Mit Nicolo Bulega fährt nun aber doch ein hoch gehandelter Mann sein erstes Rennen in Portimao. Wir haben uns seine Vorgänger angesehen und müssen für den Superbike-Star hoffen, dass sie nicht zum Omen für eine mögliche Zukunft als Stammfahrer werden.

Keine Punkte in Sicht: Die letzten MotoGP-Debütanten während der Saison

Die letzten beiden Debütanten inmitten einer Saison stammen beide aus Japan und kamen in kurzer Folge im Jahr 2022 zum Einsatz. Kazuki Watanabe trat in Misano für Suzuki als Vertreter für Joan Mir an. Ein paar Wochen später durfte dann Tetsuta Nagashima sogar vier Rennen für Honda bestreiten. Dort ersetzte er einmal Marc Marquez im Werksteam und dann bei LCR Landsmann Takaaki Nakagami. Mit 'Taka' konnten beide aber nicht mithalten. Es gab Rang 21 für Watanabe und im besten Auftritt Platz 19 für Nagashima.

Die Punktelosigkeit in unserem Blick zurück ist ein ständiger Begleiter. Auch Garrett Gerloff und Jake Dixon konnten in drei Auftritten für Petronas Yamaha in der Saison 2021 nichts Zählbares einfahren. Genauso erging es Lorenzo Savadori ein Jahr zuvor. Der Italiener empfahl sich aber zumindest für einen Stammplatz bei Aprilia. Mit der Möglichkeit der Verpflichtung von Maverick Vinales mitten in der Saison 2021 rückte er aber wieder ins zweite Glied. Immerhin blieb er seitdem als Test- und Ersatzpilot dauerhaftes Mitglied des Teams aus Noale.

Auch Lecuona nach zwei Jahren weg vom Fenster: Wer macht Bulega Hoffnung?

Iker Lecuona konnte sich nach seinem verfrühten Debüt in Valencia 2019 zwei Jahre lang als Stammfahrer in der MotoGP halten, doch seitdem musste auch er - von ein paar Auftritten als Ersatzfahrer bei Honda abgesehen - den Weg in die Superbike-WM gehen. Die letzten Punkte bei einem Debüt-Auftritt inmitten der Saison erzielte übrigens Takumi Takahashi per Wildcard in Motegi 2015, als ihm der zwölfte Rang gelang. Danach ging er nur noch einmal im Jahr 2023 als Ersatzmann in Misano für Honda an den Start, um prompt an der Qualifikationshürde zu scheitern.

Iker Lecuona fuhr nach seinem Debüt noch zwei Jahre in der MotoGP, Foto: KTM
Iker Lecuona fuhr nach seinem Debüt noch zwei Jahre in der MotoGP, Foto: KTM

Wir müssen zugeben: Nicolo Bulega sollte diesen Rückblick wirklich lieber nicht lesen. Mut für die große Karriere machen seine direkten Vorgänger definitiv nicht. Für die letzten Fahrer, die nach einem Debüt mitten in der Saison noch einen beachtlichen Werdegang hinlegen konnten, müssen wir weit über ein Jahrzehnt zurückgehen. Aber immerhin gab es sie einst, genau jene Quereinsteiger ohne die klassische Vorbereitung für Rookies.

Aleix Espargaro: Der lange Atem wird belohnt

Einer hat erst im Vorjahr seine Karriere als Stammpilot beendet und steht wie kaum ein anderer dafür, wie sehr sich Geduld, Hartnäckigkeit und Arbeit am Ende doch auszahlen können. Aleix Espargaro nutze seine Chance bei vier Auftritten auf der Ducati von Pramac, um sich 2009 mit vier Punkteplatzierungen für einen Stammplatz zu empfehlen.

Es folgte aber eine Achterbahnfahrt. 2011 wieder zurück in die Moto2, dann drei Jahre Königsklasse auf Open-Motorrädern, inklusive Glanzleistungen für Forward-Yamaha. Letztere brachten ihn als Werkspilot zu Suzuki, wo Maverick Vinales im Teamduell jedoch klar die Hosen anhatte. Erst mit dem Wechsel zu Aprilia sollte sich der lange Atem des Katalanen spät auszahlen. Konstant trieb er als 'Kapitän' die Entwicklung des jahrelangen Hinterbänklers voran und durfte am Ende doch noch die Früchte ernten. 2022 sah es sogar kurz nach Titelchancen für ihn aus, doch mit drei Siegen in der MotoGP braucht er sich am Ende seiner Karriere definitiv nicht verstecken.

Aleix Espargaro durfte spät doch noch Erfolge bejubeln, Foto: gp-photo/Ronny Lekl
Aleix Espargaro durfte spät doch noch Erfolge bejubeln, Foto: gp-photo/Ronny Lekl

Ben Spies beweist: Auch MotoGP-Quereinsteiger können rasant aufsteigen

Ein Jahr vor Espargaro gab auch Ben Spies sein Debüt in der Königsklasse. Der Amerikaner überzeugte mit jedem einzelnen seiner vier Auftritte für Suzuki und Yamaha. Sogar ein sechster Rang in Indianapolis stand da zu Buche. Außerdem holte er sich 2009 im Debütjahr den Titel in der Superbike-WM. Der Wechsel in die MotoGP war da im Prinzip Pflicht und Spies lieferte sofort ab. Als Rookie des Jahres bei Tech3 ging es dann schon im nächsten Jahr weiter ins Werksteam von Yamaha.

Ben Spies wusste in der MotoGP sofort zu überzeugen, Foto: Rizla Suzuki
Ben Spies wusste in der MotoGP sofort zu überzeugen, Foto: Rizla Suzuki

Leider wurde der steile Trend alsbald gestoppt. Gegen einen Weltklasse-Fahrer wie Jorge Lorenzo als Teamkollege konnte er trotz seines ersten Sieges in Assen nicht bestehen, doch für das zweite Jahr in der Königsklasse war der fünfte Rang der Gesamtwertung keineswegs schlecht. Es blieb jedoch der Höhepunkt. Gesundheitliche Probleme nach schweren Sturzverletzungen zwangen ihn zur Entscheidung, seine Karriere 2013 zu beenden. Er hatte dennoch bewiesen, dass einem Quereinstieg wie bei Bulega auch ein rasanter Aufstieg folgen kann.

Was meint ihr? Kann Nicolo Bulega den Trend der letzten Jahre beenden und sich wieder in Richtung Espargaro und Spies orientieren? Sagt es und in den Kommentaren.